Der Prozess gegen Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro geht diese Woche in die entscheidende Phase. Wenige Tage vor dem erwarteten Urteil protestieren Zehntausende im ganzen Land - vor allem seine Anhänger.
Wenige Tage vor dem erwarteten Urteil im Prozess gegen Brasiliens rechtsextremen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro wegen versuchten Staatsstreichs haben zehntausende seiner Anhänger landesweit demonstriert.
Bei einer Großkundgebung am Nationalfeiertag in São Paulo forderten sie auf der zentralen Avenida Paulista eine Amnestie für hunderte Bolsonaro-Unterstützer, die am 1. Januar 2023 in der Hauptstadt Brasília den Kongress, den Amtssitz des Präsidenten sowie das Oberste Gericht gestürmt und schwere Verwüstungen angerichtet hatten. Der Angriff erinnerte an den Sturm von Trump-Anhängern auf den Kongress in Washington am 6. Januar 2021.
"Niemand hält die Tyrannei eines Richters wie Moraes mehr aus. Niemand hält mehr aus, was in diesem Land geschieht", kritisierte der Gouverneur von São Paulo, Tarcísio de Freitas, den bei der politischen Rechten verhassten Bundesrichter Alexandre de Moraes bei dem Protest.

Großdemos vor Bolsonaro-Urteil an Nationalfeiertag in Brasilien
Xenia Böttcher, ARD Rio de Janeiro , tagesthemen, 08.09.2025 23:15 UhrAuf Schildern der Demonstranten in São Paulo waren unterstützende Worte für Bolsonaro, Angriffe gegen den linksgerichteten Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva und das Oberste Gericht des Landes sowie an US-Präsident Donald Trump gerichtete Dankesworte zu lesen.
Bolsonaros Frau Michelle nahm an der Demonstration teil, Bolsonaro selbst, der seit August unter Hausarrest steht, war nicht anwesend. Auch in Rio de Janeiro und in der Hauptstadt selbst kam es zu Demonstrationen. Zugleich gingen Gegner Bolsonaros in mehreren Städten auf die Straße.
Prozess in entscheidender Phase
Vor dem Obersten Bundesgericht in Brasília geht der Prozess gegen Bolsonaro diese Woche in die entscheidende Phase. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ex-Präsidenten und sieben Mitangeklagten - darunter ehemalige Minister und hochrangige Militärs - vor, er habe mit einem Putsch das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2022 kippen wollen, die er gegen Lula verloren hatte.
Nach Überzeugung der Anklage hatte der rechtsextreme Politiker nach seiner Wahlniederlage geplant, in Brasilien den Ausnahmezustand zu verhängen und Neuwahlen anzusetzen - allerdings nicht die Unterstützung der Militärführung gewinnen können. Zudem soll er von Plänen zur Ermordung von Lula, Vizepräsident Geraldo Alckmin sowie Richter Alexandre de Moraes gewusst haben.
Den Angeklagten werden bis zu fünf Straftaten zur Last gelegt, darunter auch die Beteiligung an einer bewaffneten kriminellen Vereinigung und die Beschädigung denkmalgeschützter Güter. Bolsonaro weist alle Vorwürfe zurück und bezeichnet sich selbst als Opfer politischer Verfolgung. Seine Verbündeten sehen in dem Prozess ein abgekartetes Spiel.
Sollte es zu einer Verurteilung kommen, wäre es der erste Fall in der Geschichte Brasiliens, in dem ein Ex-Präsident wegen eines mutmaßlichen Umsturzversuchs schuldig gesprochen wird. Ab Dienstag stimmen die fünf Richter der Ersten Kammer über das Urteil ab, bis Ende der Woche wird eine Entscheidung erwartet. Für eine Verurteilung genügt die Mehrheit von drei Stimmen.
Diplomatische Spannungen mit den USA
Der Prozess gegen Bolsonaro führte zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Brasilien und den USA. Die US-Regierung des Bolsonaro nahestehenden Präsidenten Donald Trump hatte gegen Richter Moraes persönlich Sanktionen verhängt - und Zölle in Höhe von 50 Prozent gegen Brasilien erlassen.
Entsprechend betonte Brasiliens Präsident Lula bei den Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag die Souveränität seines Landes: "Wir sind in der Lage, unser Land und unser Volk zu regieren und für sie zu sorgen - ohne Einmischung irgendeiner ausländischen Regierung. Wir pflegen freundschaftliche Beziehungen zu allen Ländern, aber wir akzeptieren keine Befehle von irgendjemandem."
Die Anhänger Bolsonaros dagegen feierten die Unterstützung durch Trump: "Das ist es, was wir brauchen, denn unser höchstes Gericht unterdrückt uns", sagte ein Demonstrant namens Carlos Cerqueira. "Wir haben niemanden, den wir hier um Hilfe bitten können, wir brauchen Unterstützung von außen. Danke, Trump!"
Mit Informationen von Xenia Böttcher und Anne Herrberg, ARD Rio de Janeiro.
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