Israels Armee treibt die Vorbereitungen zur Einnahme von Gaza-Stadt voran - trotz massiver Kritik aus der EU. Während Frankreich Konsequenzen fordert, hält sich Außenminister Wadephul zurück. Es bleibt beim Teilstopp von Waffenlieferungen.

Nach dem Teilstopp der deutschen Waffenlieferungen an Israel sieht Außenminister Johann Wadephul momentan keine Notwendigkeit für weitere Schritte, um Druck auf Israel auszuüben. "Wir haben die Lieferung von Waffen an Israel gestoppt, die im Gaza-Krieg eingesetzt werden können", sagte der CDU-Politiker gegenüber dem Online-Nachrichtenmedium t-online. Er sprach von einem "klaren Signal", womit Deutschland viel bewirkt habe.

Anfang August hatte Bundeskanzler Friedrich Merz einen Teilstopp deutscher Rüstungsexporte nach Israel verkündet. Der Kanzler begründete seine Entscheidung mit der israelischen Ankündigung, den Militäreinsatz im Gazastreifen ausweiten und Gaza-Stadt einnehmen zu wollen.

Grüne fordern schärfere Sanktionen gegen Israel

Viele europäische Länder fordern hingegen ein deutlich entschiedeneres Handeln. Die EU-Kommission will Sanktionen verabschieden, um eine bessere humanitäre Versorgung der Menschen im Gazastreifen durchzusetzen. So sollen israelische Einrichtungen vorerst nicht mehr an bestimmten Projekten teilnehmen dürfen, die über den Europäischen Innovationsrat (EIC) finanziert werden. Israel könnte dadurch Zuschüsse in Millionenhöhe verlieren. Wadephul sagte bereits Ende August, den Sanktionen nicht zustimmen zu wollen.

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Helge Limburg, hingegen sprach sich im Spiegel für schärfere Sanktionen gegen die israelische Regierung aus: "Die Regierung Netanjahu verstößt serienmäßig gegen das Völkerrecht, im Krieg in Gaza und mit dem Siedlungsbau im besetzten Westjordanland", sagte Limburg. Auch der Exportstopp für Waffen, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten, sollte seiner Meinung nach aufrechterhalten werden.

Auch SPD kritisiert Wadephuls Haltung

Auch die SPD übt Kritik an Wadephuls Haltung. Die geplante EU-Sanktion wäre ein möglicher Schritt und ein "klares Signal an Israel, dass Europa nicht länger tatenlos zusieht", sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori gegenüber t-online. Die EU habe bereits festgestellt, dass Israel die menschenrechtlichen Grundlagen des Assoziierungsabkommens verletze.

Doch Deutschland blockiere als eines der wenigen Mitgliedsländer den Vorschlag der EU-Kommission, zumindest die Forschungsförderung im militärischen Bereich auszusetzen, kritisierte die Politikerin.

Israel weist Genozid-Vorwurf zurück

Israel gerät wegen des militärischen Vorgehens im Gazastreifen international immer weiter unter Druck. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Teresa Ribera, die schon länger als entschiedene Kritikerin des israelischen Militäreinsatzes gilt, sprach nun erstmals ausdrücklich von Völkermord.

Der "Genozid in Gaza" entlarve "Europas Versagen", gemeinsam zu handeln und mit einer Stimme zu sprechen, sagte die spanische Politikerin in Paris. Die EU-Kommission als Institution hat den Begriff im Zusammenhang mit dem Gazastreifen bisher nicht verwendet.

Israel wies die Äußerung Riberas zurück. Die Spanierin habe sich "zum Sprachrohr der Hamas-Propaganda" gemacht, teilte das Außenministerium mit. Ribera hätte stattdessen "die Freilassung aller Geiseln und die Niederlegung der Waffen durch die Hamas fordern sollen, damit der Krieg beendet werden kann."

Weitere Staaten wollen Palästinenserstaat anerkennen

Weltweit haben bereits mehr als 140 Länder einen Palästinenserstaat anerkannt, darunter mehrere EU-Mitglieder wie Spanien und Irland. Belgien, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Irland wollen bei der nächsten UN-Vollversammlung in diesem Monat einen Staat Palästina anerkennen. Auch Finnland kündigte nun an, sich der Deklaration anschließen zu wollen.

Israels Regierung lehnt eine solche Anerkennung kategorisch ab. Deswegen erteilte sie einem möglichen Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Israel eine Absage. Frankreich und Saudi-Arabien gelten als federführende Staaten der Deklaration. Israels Außenminister Gideon Saar ließ wissen, er habe in einem Telefonat mit seinem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot gesagt, er sehe "keinen Raum" für einen solchen Besuch, solange Frankreich an seinem Vorstoß festhalte.

Die Anerkennung eines Staates Palästina wäre aus Sicht der israelischen Regierung eine "Belohnung für die Hamas" und eine existenzielle Bedrohung für den jüdischen Staat.

Die Zerstörung im Gazastreifen ist enorm, die Menschen leiden unter Hunger. Ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht.

Mehr als 64.000 Tote im Gazastreifen

Israel bekämpft im inzwischen großflächig zerstörten Gazastreifen die militant-islamistische Terrorgruppe Hamas, die in dem abgeriegelten Küstengebiet weiter Geiseln gefangen hält. Der Krieg begann nach dem Massaker der Hamas und anderer islamistischer Terrorgruppen in Israel am 7. Oktober 2023 mit etwa 1.200 Toten und etwa 250 Verschleppten. 

Seitdem wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 64.200 Palästinenser in dem Küstenstreifen getötet. Bei der unabhängig kaum überprüfbaren Zahl unterscheidet die Behörde nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern. Die UN und andere Hilfsorganisationen halten die Angaben jedoch für verlässlich und gehen von womöglich deutlich höheren Todeszahlen aus. Das Gesundheitssystem des Gazastreifens ist fast vollständig zerstört, eine Erfassung aller Toten wird immer schwieriger.

Israel treibt Einnahme von Gaza-Stadt voran

Angehörige der von der islamistischen Terrororganisation im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln fordern die sofortige Rückkehr zu Verhandlungen über ein Abkommen. Vorerst treibt Israels Militär jedoch die Vorbereitungen für die heftig umstrittene Einnahme von Gaza-Stadt voran. Dort halten sich nach Schätzungen etwa eine Million Menschen auf.

Man habe jetzt "die operative Kontrolle über 40 Prozent der Stadt", sagte Armeesprecher Effie Defrin. Der Einsatz werde in den kommenden Tagen ausgeweitet und intensiviert, der Druck auf die Hamas soll demnach erhöht werden. Auch die Mobilisierung von Reservisten gehe weiter.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz bestätigte die Intensivierung des Einsatzes in Gaza. "Wenn sich die Tür öffnet, wird sie sich nicht wieder schließen, und die IDF-Aktivitäten werden zunehmen - bis die Mörder und Vergewaltiger der Hamas Israels Bedingungen für ein Kriegsende akzeptieren", sagte Katz. Andernfalls werde die Islamistenorganisation vernichtet. "Der Riegel vor den Toren der Hölle in Gaza wird nun entfernt."

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