Kanzler Merz war auf Kurzbesuch in Moldau - wo Russlands Machtanspruch und Aggressionen mit Händen zu greifen sind. Merz' Botschaft: Moldau kann sich der europäischen Unterstützung sicher sein.

"Wir stehen an Ihrer Seite, jetzt und in Zukunft!", ruft Bundeskanzler Friedrich Merz auf Englisch von einer Bühne der Menschenmenge zu, die sich an diesem milden Sommerabend versammelt hat. Es sind Zehntausende, die zu den offiziellen Feierlichkeiten auf dem zentralen Platz in der moldauischen Hauptstadt Chisinau gekommen sind.

Gerade haben vor allem junge Moldauer und Moldauerinnen ihren Musik-Stars zugejubelt, lautstark mitgesungen, getanzt zu wummernden Bässen und ihre Smartphone-Taschenlampen geschwenkt. Und dann spricht plötzlich der deutsche Kanzler. Der Applaus ist nicht so gigantisch wie bei den Musikern, aber mehr als nur höflich.

Pro-europäisches Zeichen setzen

Zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem polnischen Regierungschef Donald Tusk will Merz ein Zeichen setzen: Die EU-Politiker unterstützen den pro-europäischen Kurs von Staatspräsidentin Maia Sandu und ihrer Regierungspartei. Und sie stemmen sich gegen massive Einflussnahme aus Moskau. Alle vier stehen dafür nun gemeinsam auf der Bühne.

Die kleine Republik in Osteuropa feiert ihre vor 34 Jahren gewonnene Unabhängigkeit. Am Regierungsgebäude hängen die moldauische und die EU-Flagge in riesiger Größe über viele Stockwerke hinweg. Doch viele hier sorgen sich um die eigene Unabhängigkeit und den Europa-Kurs - vor allem wegen Russland.

Zerrissen zwischen pro-europäischen und pro-russischen Kräften

Ein paar Stunden zuvor, im Regierungsflieger, machte schon ein Blick auf den Karten-Bildschirm klar, wie heikel die Situation für Moldau ist. Die Republik ist gelegen zwischen Rumänien und der Ukraine - also zwischen Europäischer Union und dem Land, gegen das Russland seit dreieinhalb Jahren einen brutalen Krieg führt.

Viele Moldauer fürchten, dass der Krieg auf ihr Land übergreifen könnte. Moldau ist mit seinen rund zweieinhalb Millionen Einwohnern selbst zerrissen zwischen pro-europäischen und pro-russischen Kräften.

1991 hat sich Moldau, einst Teil der Sowjetunion, für unabhängig erklärt. Es löste sich formal vom Moskauer Machtzentrum, doch der russische Einfluss blieb. Am sichtbarsten ist das in Transnistrien: In der abtrünnigen Region, einem Landstreifen im Osten der Republik, sind seit den 1990er-Jahren russische Soldaten stationiert.

Wahlen in vier Wochen

Kurz vor der anstehenden Parlamentswahl in vier Wochen sind nun viele nervös. Der pro-europäischen Regierungspartei drohen Verluste. Die wirtschaftliche Situation ist schwierig. Vor allem wirft die moldauische Regierung Russland vor, das Land mit Propaganda und Desinformationskampagnen destabilisieren zu wollen. Deutschland, Frankreich und Polen - die Partner im sogenannten Weimarer Dreieck - wollen den pro-europäischen Kräften deshalb erst recht den Rücken stärken.

Schon am Nachmittag wurde Merz zusammen mit Macron und Tusk von Präsidentin Sandu im Präsidentenpalast in Chisinau empfangen, einem bombastischen, weiß verkleideten Betonbau aus Sowjetzeiten. Die drei EU-Politiker bekamen den roten Teppich ausgerollt, es gab Fanfaren, Soldaten salutierten. Die Präsidentin freute sich über die Unterstützung. "Ohne die EU bleibt Moldau blockiert", sagte sie. Jede Bombe im Nachbarland Ukraine zeige: Der Weg nach Europa bringe Frieden.

Merz mit Vorwürfen an Russland

Der Bundeskanzler warf Russland vor, jeden Tag beharrlich daran zu arbeiten, Freiheit, Wohlstand und Frieden in Moldau zu stören und in Frage zu stellen. Er versprach der moldauischen Präsidentin gleichzeitig: "Die Tür in die Europäische Union ist offen. Sie sind uns von ganzem Herzen willkommen." Die Republik Moldau sei nicht nur geographisch, sondern auch historisch Teil der europäischen Familie.

Sandu treibt die Bindung an die Europäische Union voran. Seit dem vergangenen Jahr laufen Beitrittsverhandlungen. Die könnten sich zwar über Jahre oder gar Jahrzehnte hinziehen, aber die Richtung ist klar.

Sorge vor Aggression auch in Berlin

Die Sorge vor Aggressionen aus Moskau zog sich durch den Tag: "Russland ist und bleibt auf lange Zeit die größte Bedrohung für Freiheit, Frieden und Stabilität in Europa", hatte Merz am Mittag in Berlin gesagt, nach der Kabinettssitzung, die ausnahmsweise im Verteidigungsministerium stattfand. Da brachte die Bundesregierung den neuen - zunächst - freiwilligen Wehrdienst und die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats auf den Weg. Es sind Signale an die Bevölkerung und an die Verbündeten in der NATO. "Die außenpolitische und sicherheitspolitische Lage zwingt uns dazu", erklärte der Kanzler.

So stand der ganze Tag im Zeichen der angespannten Sicherheitslage. Es war nur Kurztrip nach Moldau - aber einer mit Symbolkraft. Nach nur sechs Stunden im Land brachte die Regierungsmaschine den Kanzler abends zurück nach Deutschland.

Sicherheitspolitik weiter im Fokus

Nächster Zwischenstopp ist Rostock, wo Merz am Donnerstag eine Marine-Übung in der Ostsee verfolgt. Danach geht es direkt weiter, nach Toulon in Südfrankreich zum deutsch-französischen Ministerrat. Auch dort steht viel Sicherheitspolitik auf der Tagesordnung: gemeinsame Rüstungsprojekte und Russlands Krieg gegen die Ukraine.

Unter anderem geht es darum, wie die Europäer der Ukraine Sicherheit garantieren, wenn die Kämpfe eines Tages gestoppt sind. Bei den Sicherheitsgarantien steht dann nicht mehr die Symbolkraft im Mittelpunkt wie in Moldau. Dann geht es um die ganz konkrete Frage, was Deutschland und andere bereit sind zu tun.

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