In Washington ist die Nationalgarde schon im Einsatz, bald könnten weitere US-Städte auf Trumps Geheiß hinzukommen. Kritiker sprechen von einer drohenden Überwachung der Amerikaner durch das Militär.

Umringt von Politikern, Geschäftsleuten und Kirchenvertretern spricht JB Pritzker auf einer Kundgebung in Chicago. Der 60-Jährige ist Gouverneur des US-Bundesstaates Illinois. Die Kundgebung soll ein Zeichen gegen die Absicht von Präsident Donald Trump sein, wegen der Gewaltkriminalität möglicherweise bald auch in Chicago die Nationalgarde einzusetzen.

Trumps Plan sei der Versuch, politische Rivalen einzuschüchtern, sagt Pritzker. Schließlich seien Chicago und Illinois "blau", werden also von Demokraten regiert. Auch Baltimore und New York droht Trump mit der Nationalgarde. Wie Washington und Chicago sind auch das "blaue" Städte - und alle haben schwarze Bürgermeister.

Laut der örtlichen Polizei ist die Mordrate in Chicago im vergangenen Jahr um 30 Prozent gesunken. Trump bestreitet das und sagt, die Metropole sei in Wirklichkeit "ein Schlachtfeld".

Gouverneur JB Pritzker ist gegen die Nationalgarde in Chicago

Trump nutzt Gesetz aus dem 19. Jahrhundert

In den USA hat jeder Bundesstaat eine Nationalgarde. Sie untersteht jeweils dem Gouverneur. Aber ein Gesetz aus dem 19. Jahrhundert gibt dem Präsidenten das Recht, eine Nationalgarde unter seinen Befehl zu stellen - zum Beispiel im Falle eines Aufstands.

Vor mehr als zwei Wochen beorderte Trump die Nationalgarde von Washington auf die Straßen der Hauptstadt. Da der District of Columbia kein Staat, sondern ein Bundesdistrikt ist, untersteht sie ihm direkt. Dass Trumps Handeln rechtmäßig war, wird aber bezweifelt.

US-Präsident Trump plant trotz massiver Kritik Einsatz von Militär in weiteren Städten

Kerstin Klein, ARD Washington, tagesschau, 26.08.2025 20:00 Uhr

Große Mehrheit in Washington gegen Militärpräsenz

Natalie Grover, eine Passantin, die gerade am Hauptbahnhof von Washington unterwegs ist, kann sich an den Anblick der Männer und Frauen in Uniform nicht gewöhnen. Sie sagt: Es sei beängstigend, die Soldaten in der Stadt zu sehen. Auch wenn das Alltagsleben weitgehend normal weitergehe.

In einer repräsentativen Meinungsumfrage in Washington äußerten kürzlich fast 80 Prozent der Befragten, sie seien gegen die Militärpräsenz.

Soldaten schlendern umher

Etwa 2.200 Nationalgardisten sind mittlerweile in Washington im Einsatz. Auch mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten haben Soldaten geschickt. Vor allem rund um die National Mall, zwischen Kapitol und Lincoln Memorial, ist ihre Präsenz groß. Traditionell gibt es dort aber kaum Kriminalität. In kleinen Gruppen schlendern die Soldaten umher, mittlerweile auch bewaffnet. Sie wirken gelangweilt, manche grüßen freundlich oder füttern Eichhörnchen. Touristen machen Selfies mit ihnen.

Rund um das Kapital in Washington stehen jetzt Angehörige der Nationalgarde.

Republikaner rücken von bisheriger Linie ab

Das Militär zu Hause einzusetzen und mit Polizeiaufgaben zu befassen, verbietet der "Posse Comitatus Act". Dabei handelt es sich um ein Gesetz von 1878. Für die Entstehung der amerikanischen Milizen, aus denen später die Nationalgarden wurden, war der Gedanke zentral, sich gegen eine potenziell übergriffige Bundesregierung wehren zu können.

Ausgerechnet die Republikaner argumentierten stets, bei den Bundesstaaten müsse so viel Macht wie möglich bleiben. Die Bundesregierung dürfe nur so viel Macht haben, wie gerade noch nötig sei, um den Fortbestand der Vereinigten Staaten zu garantieren.

US-Präsident Trump mit Mitgliedern der Nationalgarde

Mit Trump hat sich das grundlegend geändert. Er nutzt die Macht seines Amtes, um in Städte und Bundesstaaten hineinzuregieren. Ganz so, als sei er Bürgermeister oder Gouverneur. Kritiker sehen darin Machtmissbrauch und Rechtlosigkeit.

Offenen Widerstand erfährt der Präsident in seiner Partei kaum. Lediglich der republikanische Gouverneur von Vermont, Phil Scott, erklärte öffentlich, er lehne die Entsendung seiner Nationalgarde nach Washington ab. Denn solch ein Schritt sei schlicht nicht nötig.

Trump will sogar eine Spezialeinheit aufbauen

Jetzt will Präsident Trump einen Schritt weitergehen. Er ordnete den Aufbau einer spezialisierten Einheit innerhalb der Nationalgarde an. Sie soll zur "Wahrung von Sicherheit und Ordnung" in Washington eingesetzt werden. Außerdem sollen landesweit Gardisten für einen schnellen Einsatz gegen zivile Unruhen bereitstehen.

Randy Manner ist schockiert. Der Generalmajor im Ruhestand diente unter anderem in leitender Funktion bei der Nationalgarde. Bei CNN sagte Manner, der Präsident schaffe jetzt offizielle Militäreinheiten, um die Amerikaner zu überwachen. Das sei "absolut widerlich" und es erinnere ihn sehr an das Geschehen in Deutschland nach der Machtergreifung der Nazis in den 1930er-Jahren.

Aufruf zu Demonstrationen

Weil der District of Columbia eine Sonderrolle hat und sich nur sehr begrenzt selbst regieren darf, haben die Menschen in Washington wenig in der Hand, um sich zu wehren. In Chicago dürfte es für den Präsidenten schwieriger werden. Auf der Kundgebung dort ruft Dick Durbin, demokratischer Senator von Illinois, zu Demonstrationen auf. "So sterben Demokratien", sagt er. Wenn Menschen nicht für die "grundlegenden verfassungsmäßigen Rechte und Freiheiten" aufstünden.

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