"Sie dringen in Häuser ein, misshandeln", sagt ein serbischer Oppositionspolitiker. Er meint damit die Regierung von Präsident Vucic. Im Inland steigt der Druck auf Vucic, aus dem Ausland ist allerdings wenig zu hören.

Die Bilder, die man dieser Tage aus Belgrad, Novi Sad und anderen Städten sieht, kennt man sonst aus autoritären Ländern - und für viele sind sie der Beweis, dass Serbien zu diesen gehört. Auf Videos in sozialen Medien sieht man Polizisten in Kampfmontur, wie sie mit Knüppeln auf am Boden liegende Demonstranten einprügeln. Ein Fernsehsender mit Nähe zu Staatspräsident Aleksander Vucic zeigt ein Video, in dem 14 festgenommene Männer zu sehen sind: kniend in einer Turnhalle, die Gesichter zur Wand, die Hände auf dem Rücken gefesselt.

In Serbien protestieren erneut Tausende gegen Präsident Vucic

tagesschau, 19.08.2025 12:00 Uhr

Wie wird es in Serbien weitergehen, angesichts dieser Reaktion auf die Proteste? Nach Deeskalation klang die Rede von Vucic am Sonntag nicht: "Bislang haben wir gesehen, wie sie Chaos in unser Land getragen haben - und wir werden sie besiegen. Wir brauchen nur wenig Zeit, und ihr werdet eine Reaktion des Staates sehen, die ganz anders sein wird als alles, was ihr bisher erlebt habt."

Vucic kündigt "überraschende Entscheidungen" an

Die Demonstranten nannte Vucic "Terroristen" oder "Schläger und Mörder", von denen man die Städte "säubern" müsse. Bei der Reaktion des Staats auf die Ereignisse sprach Vucic nebulös von "überraschenden Entscheidungen", die es geben werde.

"In den nächsten drei bis vier Tagen wird es Ihnen mancherorts so erscheinen, als hätte sich unser Staat zurückgezogen und als wären wir verschwunden. Es wird scheinen, als existierten wir nicht mehr. Es wird scheinen, als seien wir besiegt. Doch dann werden Sie im entscheidenden Moment die ganze Entschlossenheit des serbischen Staates sehen." Man werde alles tun, um Ordnung, Frieden und Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen.

Für den prominenten Oppositionspolitiker Miroslav Aleksić ist das, was die Regierung tut, das genaue Gegenteil von Rechtsstaatlichkeit. "Sie stecken Bürger in Autos ohne Nummernschilder, ohne Kennzeichen. Sie dringen in Häuser ein, misshandeln, schlagen. Wir kennen Fälle von Studenten, die bezeugen, welcher Folter und welchen Drohungen sie ausgesetzt waren."

Aleksić fordert alle Gegner von Staatspräsident Vucic auf, ihre Kräfte zu bündeln. "Ich denke, den Regierungswechsel können wir nur erreichen, wenn wir alle in gewisser Weise koordiniert sind und gemeinsam daran arbeiten." Mit "alle" meine er Bürger, Studenten und Oppositionspolitiker, die tatsächlich den Sturz des Regimes wollen, so Aleksić weiter.

Wenig Kritik aus dem Ausland

Hier könnte ein Problem liegen - denn die Studentenbewegung, die den Protest hauptsächlich trägt, hat bisher Distanz zu den etablierten Oppositionsparteien gehalten.

Dennoch wird der Druck im Inland auf Vucic immer größer. Aus dem Ausland hingegen ist kaum etwas zu hören. Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O'Flaherty, schrieb auf X, die Menschenrechtslage in Serbien gebe weiterhin Anlass zur Sorge. Er verurteilte die Polizeigewalt und appellierte an die Behörden, zu deeskalieren.

Von ranghohen Vertretern der Europäischen Union ist dagegen nichts zu vernehmen. Nichts zu den Anliegen der Demonstranten, die ein Ende der Korruption und mehr Demokratie fordern, nichts zur Polizeigewalt. Seit 2012 ist Serbien Beitrittskandidat der EU. Reformen wurden in der Vergangenheit zwar angemahnt, immer wieder gibt es aber den Vorwurf, dass Brüssel Vucic im Zweifel mit Samthandschuhen anfasse, weil man wirtschaftlichen Interessen Vorrang gebe. Und weil es die Sorge gibt, Vucic könnte noch näher an Russlands Machthaber Wladimir Putin heranrücken.

Hoffnung auf Umdenken der EU

Die Europäische Demokratische Partei, zu der unter anderem die Freien Wähler gehören, warf der EU vor, durch ihr Schweigen zu Komplizen geworden zu sein. Oppositionspolitiker Aleksić glaubt dennoch, dass das Ausmaß der Gewalt auch in Brüssel etwas verändern könnte. "Ich hoffe, dass Europa angesichts der Bilder und Ereignisse endlich versteht, dass alles, wovor wir seit Jahren warnen, jetzt tatsächlich eintritt - und dass dies der letzte Moment ist, etwas in Serbien zu verändern, bevor es noch schlimmer wird."

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