Manuel ist nicht der Erste, der den Schritt macht, bevor ihn die US-Migrationspolizei kontrolliert und ausschafft. Zwar hatte er Anfang 2024 aus humanitären Gründen legal aus Nicaragua in die USA einreisen können und bekam eine Arbeitsbewilligung, die erst im März 2026 abläuft. Doch die US-Behörden entzogen ihm Mitte Juni trotzdem die Niederlassungs­bewilligung.

Manuel will seine Kinder nicht gefährden

Als er in Florida auch noch mitbekam, wie Freunde von der ICE aus ihren Autos geholt und inhaftiert wurden, buchte er einen Flug nach Madrid: «Zu sehen, wie Menschen, die zur Arbeit gingen, und nur weil sie das Gesicht eines hispanischen Einwanderers haben, angehalten und aus ihrem Auto geholt und inhaftiert wurden, war frustrierend.» Dem ausgesetzt zu sein, sei unerhört.

Legende: Manuel ist nach Spanien gereist, in den USA fühlt er sich aktuell nicht mehr sicher. SRF

Manuel ist sein zweiter Vorname, mehr soll nicht verraten werden. Er erzählt seine Geschichte nur unter der Bedingung vor der Kamera, dass SRF seinen vollen Namen nicht verrät und seine Daten auf dem Pass unkenntlich macht. Denn er will eines Tages vielleicht doch wieder in seine Heimat Nicaragua zurück – in jene Diktatur, die ihn fichiert hat.

Legende: Spanien unter Ministerpräsident Pedro Sánchez fährt zurzeit den entgegengesetzten Migrationskurs zu den USA. Keystone / MARISCAL

Vielleicht will er auch wieder in die USA, wo er vor langer Zeit schon einmal gelebt und Kinder bekommen hat, die jetzt US-Bürger sind – dank Geburtsrecht. Doch weil US-Präsident Trump dieses «birthright citizenship» gern abschaffen würde, will Manuel auch seine Kinder nicht gefährden.

Spanien ruft nach Arbeitskräften

In Madrid bleibt er nicht lange. Er hat Verwandte in Saragossa, die Arbeit, Wohnung und eine legale Niederlassung haben. Bei ihnen wird er wohnen, bis er selbst Arbeit und Wohnung findet. Es könnte gelingen.

Legende: Die Wut in den USA gegen die Einwanderungsbehörde ICE ist gross. Keystone / CAROLINE BREHMAN

Denn Spanien fährt zurzeit den entgegengesetzten Migrationskurs zu den USA. Die Regierung ruft nach Arbeitskräften, die Migrationsministerin rechnet vor: «Spanien braucht bis 2050 jährlich bis zu 250'000 Migranten, um den Wohlfahrtsstaat aufrechtzuerhalten». Der Grund: sinkende Geburtenrate, Überalterung, eine brummende Wirtschaft. Der IWF rechnet für dieses Jahr mit einem Wachstum von 2.3 Prozent gegenüber 1 Prozent in der übrigen Eurozone.

Wir sind Söhne der Migration. Wir werden nicht Väter der Fremdenfeindlichkeit.
Autor: Pedro Sánchez Ministerpräsident Spanien

Der Bedarf in Hotellerie, Gastronomie und Pflege ist hoch. Seit 2021 kam jedes Jahr eine halbe Million Migranten und Migrantinnen ins Land. Spanien beschloss zudem parteiübergreifend, bis 2027 jährlich eine halbe Million Sans-Papiers zu legalisieren. Im Kongress erinnerte Ministerpräsident Pedro Sánchez daran, dass Spanien lange selbst ein Auswanderungsland war: «Wir sind Söhne der Migration. Wir werden nicht Väter der Fremdenfeindlichkeit.»

Ruf zur rechten Zeit

Es ist ein Ruf, der für manche Latinos und Latinas zum richtigen Zeitpunkt kommt. Allein die Anzahl Asylgesuche aus Venezuela stieg seit Januar mit über 45'000 auf neue Rekordhöhen. Seit Mai gibt es nach einer Gesetzesänderung zudem leichter ein Visum für Arbeit und Studium, auch der Familiennachzug wurde erleichtert. Warum also in die USA auswandern oder dort bleiben?

Manuel hofft auf ein anständiges, legales Leben in Spanien: «Meine Verwandten haben hier eine Lebensqualität, die man in Nicaragua oder in den USA derzeit nicht haben kann.»

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