Schon seit Wochen wächst das Problem von GPS-Störungen auf der Ostsee. Immer größer werden die betroffenen Bereiche. Vor allem für Freizeitboote ist das eine Gefahr. Steckt Russland dahinter?

Mehrmals pro Woche rücken Johan Mårtensson und die anderen Freiwilligen der Schwedischen Gesellschaft für Seenotrettung von Skillinge aus. Der Ort liegt in der Provinz Schonen ganz im Süden des Landes.

Bei der Rettung eines havarierten Fischerbootes vor rund zwei Wochen sei plötzlich das GPS-Signal an Bord ausgefallen, der Kompass habe sich nur noch im Kreis gedreht, berichtet der 46-Jährige. "Als ich dann versuchte, die Position des Havaristen zu bestimmen, ging das nicht. Weil unser GPS nicht wusste, wo wir waren, und wir wussten nicht, in welchem Gebiet er sich befand", erzählt Mårtensson.

Auch das havarierte Boot konnte seine exakte Position nicht übermitteln. Die Rettung gelang trotzdem - dank viel Erfahrung, Kompass und physischer Seekarte.

Gefahr insbesondere für Freizeitboote

Seit Jahren wird die Navigation im Ostseeraum gestört. Bislang gab es vor allem Berichte über Vorfälle in der Luftfahrt. Doch immer mehr gefährden GPS-Störungen auch die Navigation von Schiffen in der Ostsee. Besonders seit Mai gibt es vermehrt Störungen bei Satellitennavigationssystemen (GNSS).

Inzwischen betreffen sie große Teile der Ostsee - darunter die südöstliche Ostsee, das Kattegat und den Finnischen Meerbusen. Im Juni gab die schwedische Schifffahrtsbehörde eine Warnung für die gesamte Ostsee heraus.

Digitale Karten und Navigationshilfen zeigen falsche Positionen an oder verlieren das Signal vollständig. Das erhöht das Risiko von Grundberührungen und Kollisionen deutlich. Besonders betroffen sind Freizeitboote: Sie verfügen oft nicht über redundante Navigationssysteme.

Spoofing, Jamming, natürliche Störungen

GPS-Ausfälle können verschiedene Ursachen haben. Vor allem Spoofing trete zunehmend auf, berichtet Jonas Franzen von der schwedischen Schifffahrtsbehörde. Dabei wird dem Skipper durch Manipulation der GNSS-Signale vorgetäuscht, an einer falschen Position zu sein. Jamming dagegen ist das Überlagern von GPS-Signalen durch Störsender, bis der Empfänger schlicht funktionsunfähig ist.

Zu potenziellen natürlichen Faktoren für Probleme mit dem GPS zählen Sonnenstürme oder geophysikalische Gegebenheiten. Sie können schwache Satellitensignale beeinflussen. Da die Häufigkeit der Störungen insbesondere seit dem vergangenen Frühjahr stark zugenommen hat, gelten natürliche Ursachen allein aber als unwahrscheinlich.

Wahrscheinlich Störung durch Russland

Auch die schwedische Schifffahrtsbehörde geht aus diesem Grund nicht von natürlichen Ursachen aus. "Im Normalfall stellen wir die Störungen regelmäßig bei Wind und Wetter fest. Jetzt ist es plötzlich deutlich mehr geworden. Daher muss da jemand aktiv zugange sein und die GPS-Signale stören", so Franzen. Über die Hintergründe spekulieren könne und wolle die Behörde aber nicht.

Verteidigungsexperte Hans Liwång, Professor an der Schwedischen Militärakademie, ordnet die Störungen dagegen klar als mögliche militärische Maßnahme ein: "Vieles deutet darauf hin, dass Russland dahintersteckt."

Seit der Vollinvasion Russlands in die Ukraine treten GPS-Störungen auch in der Luftfahrt über der Ostsee so gut wie täglich auf. Während 2018 in der gesamten Region nach Auskunft der Europäischen Agentur für Flugsicherheit keine 100 Fälle von GPS-Störungen gemeldet wurden, waren es schon 2023 mehr als 10.000. Seitdem steigt die Zahl weiter.

Die GPS-Unterbrechungen im Ostseeraum würden beispielsweise in der russischen Exklave Kaliningrad ausgelöst, bestätigten Behörden aus Litauen oder Estland auf Anfrage der ARD schon 2024. Auch Liwång bestätigte, dass die meisten GPS-Störungen von Russland aus veranlasst würden. "Die Ostsee ist von den Spannungen zwischen Russland und dem Westen betroffen."

Erhöhtes Bewusstsein empfohlen

An Seefahrer appelliert die schwedische Schifffahrtsbehörde daher derzeit, bei der Navigation besonders wachsam zu sein und gibt Empfehlungen für sicheres Navigieren auf See: So wird geraten, digitale Karten nicht isoliert zu verwenden, sondern durch alternative Navigationsmethoden wie Radar, Kompass oder visuelle Peilungen zu ergänzen. Regelmäßige manuelle Kontrollen trügen entscheidend zur sicheren Navigation bei.

Unverzichtbar sei zudem das Mitführen aktueller Papierseekarten, um im Notfall die Position auch ohne elektronische Hilfsmittel bestimmen zu können. Darüber hinaus sollte man sich regelmäßig über aktuelle Navigationswarnungen informieren, entweder über UKW-Funk oder direkt auf der Website der Behörde.

Gerade für Freizeitkapitäne, die sich häufig auf digitale Kartensysteme oder Apps verlassen, ist das Vertrauen in die Technik aktuell ein Risiko. Ein Umdenken in der Navigation ist aktuell wichtig wie lange nicht - weg von der ausschließlichen Technikabhängigkeit hin zu mehr klassischer Navigation.

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