Frankreich will einen palästinensischen Staat anerkennen. Warum jetzt? Welche Reaktionen folgen auf die Ankündigung? Wer erkennt Palästina bereits an - und wer nicht? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.
Was hat Macron angekündigt?
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, dass Frankreich den Staat Palästina anerkennen wird. Das hat er beim Kurznachrichtendienst X gleich in drei Sprachen getan: auf Französisch, auf Englisch und auch auf Arabisch.
Offiziell will Macron die Anerkennung im September vollziehen - bei der nächsten Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. De facto kommt dieser Schritt des Präsidenten natürlich schon einer jetzigen Anerkennung Palästinas gleich.
Macron hat auch einen Brief an den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, veröffentlicht. Darin erklärt Macron, dass Abbas ihm bereits Anfang Juni einige Zusicherungen gegeben hat, die eine Anerkennung nun möglich machten. Zum Beispiel eine Entwaffnung der Terrormiliz Hamas und das Abhalten von Wahlen im kommenden Jahr.
Ein entmilitarisierter Palästinenserstaat, der Israel vollkommen anerkenne, sei eine Voraussetzung für die Sicherheit im Nahen Osten, betonte Macron. Er forderte zudem eine "unverzügliche" Waffenruhe im Gazastreifen, die Hamas müsse alle noch in ihrer Gewalt befindlichen Geiseln freilassen und es müsse mehr humanitäre Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen ermöglicht werden.
M. Strempel, ARD Paris/S. v. d. Tann, ARD Tel Aviv, zur Bedeutung von Macrons Vorstoß zur Anerkennung eines Palästinenserstaats
tagesschau, 25.07.2025 12:00 UhrWarum geht Macron jetzt diesen Schritt?
Ein Grund für Macrons Entscheidung ist wohl die sich zuspitzende humanitäre Lage im Gazastreifen. Im Grunde hatte der französische Präsident die Anerkennung schon seit einigen Monaten immer wieder angekündigt. Eigentlich wollte er den Schritt im Rahmen einer internationalen Nahost-Konferenz der Vereinten Nationen verkünden, die er selbst mit Saudi-Arabien organisiert hat. Die Konferenz fiel dann jedoch wegen des Krieges zwischen Israel und dem Iran aus.
Macron hatte stets betont, er wolle den Schritt im Verbund mit anderen Staaten gehen. Besonders hat er dabei wohl auf Großbritannien geschaut, von dort aber bislang offenbar keine klaren Signale in dieser Richtung erhalten. Auch Deutschland erkennt einen palästinensischen Staat bislang nicht an und enthielt sich zuletzt bei einem internationalen Appell, den unter anderem auch Frankreich unterzeichnete und der ein sofortiges Ende des Krieges im Gazastreifen forderte.
Wie reagiert Israel?
Die Reaktion aus Israel ist erwartbar kritisch. Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnt die Anerkennung ab. Macrons Schritt belohne den Terror, mahnte er. Ein palästinensischer Staat unter diesen Bedingungen wäre "eine Startrampe zur Vernichtung Israels". Mit einer Anerkennung Palästinas drohe ein weiterer Stellvertreter des Iran geschaffen zu werden. "Die Palästinenser wollen keinen Staat neben Israel, sie wollen einen Staat anstelle von Israel", betonte Netanjahu.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz bezeichnete die geplante Anerkennung eines palästinensischen Staates als Schande und Kapitulation vor Terrorismus. Israel werde die Errichtung eines palästinensischen Staates, der "unsere Sicherheit verletzt und unsere Existenz gefährdet", nicht dulden. Außenminister Gideon Saar erklärte, dass ein palästinensischer Staat "ein Hamas-Staat" sein werde. Und Justizminister Jariv Levin sprach von einem "schwarzen Fleck in der Geschichte Frankreichs".
Wie werten Palästinenser und die Hamas Macrons Ankündigung?
Der Stellvertreter von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Hussein al-Scheich, begrüßte Macrons Ankündigung. Der Schritt spiegele "das Bekenntnis Frankreichs zum Völkerrecht und seine Unterstützung für das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und die Gründung unseres unabhängigen Staates wider".
Die militant-islamistische Hamas wertete Macrons Ankündigung ebenfalls als "positiven Schritt in die richtige Richtung, um unserem unterdrückten palästinensischen Volk Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und sein legitimes Recht auf Selbstbestimmung zu unterstützen". In einer Erklärung der Terrormiliz hieß es: "Wir rufen alle Länder der Welt auf - insbesondere europäische Nationen und jene, die den Staat Palästina bisher noch nicht anerkannt haben - dem Vorbild Frankreichs zu folgen."
Das saudische Außenministerium bezeichnete Macrons Ankündigung als "historisch" und forderte andere Länder auf, diesem Beispiel zu folgen.
Cai Rienäcker, ARD Paris, tagesschau, 25.07.2025 09:34 UhrWelche weiteren Reaktionen gibt es?
Scharfe Kritik an Macrons Plänen kommt aus den USA. Außenminister Marco Rubio betonte beim Kurznachrichtendienst X, die US-Regierung lehne den Plan des französischen Präsidenten "entschieden" ab. "Diese rücksichtslose Entscheidung dient nur der Propaganda der Hamas und verzögert den Friedensprozess", betonte Rubio und bezeichnete die in Aussicht gestellte Anerkennung als einen "Schlag ins Gesicht der Opfer vom 7. Oktober". Am 7. Oktober 2023 hatte die Hamas Israel überfallen und damit den Krieg im Gazastreifen ausgelöst.
Auch im eigenen Land gibt es Kritik an Macrons Schritt. Der rechtsnationalen Rassemblement National, die wichtigste Oppositionspartei Frankreichs, meldete sich schnell zu Wort. Parteichef Jordan Bardella bezeichnete die Entscheidung, den Staat Palästina im September anerkennen zu wollen, als verfrüht, weil die Hamas damit eine unerwartete internationale Anerkennung erhalte. Dem Chef der radikalen Linken, Jean-Luc Mélenchon, kann es dagegen nicht schnell genug gehen. Er kritisierte, dass Präsident Macron den Palästinenser-Staat nicht sofort anerkannt habe.
Aus anderen EU-Staaten erntet Macron Zustimmung. Eine Zwei-Staaten-Lösung sei "die einzige Lösung", schrieb Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez beim Kurznachrichtendienst X. Der irische Außenminister Simon Harris bezeichnete Frankreichs Schritt als "die einzige dauerhafte Grundlage für Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser gleichermaßen".
Wer hat einen palästinensischen Staat bislang anerkannt?
Fast 150 UN-Mitgliedstaaten haben bereits einen palästinensischen Staat anerkannt. Wichtige westliche Länder gehören aber nicht dazu, darunter auch die UN-Vetomächte USA und Großbritannien. Auch Deutschland erkennt Palästina nicht als Staat an.
Im Mai des vergangenen Jahres erkannte auch Norwegen Palästina als Staat an. Spanien und Irland zogen nach.
Mit Informationen von Cai Rienäcker, ARD Paris
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