Das ukrainische Antikorruptionsbüro NABU ist ins Visier des Geheimdienstes SBU geraten. Wegen angeblichen Geheimnisverrats fanden mehr als 70 Hausdurchsuchungen statt. Hintergrund könnte ein Machtkampf von Behörden sein.
Der ukrainische Geheimdienst SBU hat zusammen mit der Generalstaatsanwaltschaft Dutzende Razzien bei Ermittlern des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU) vorgenommen. Diese hätten unter anderem über Exil-Ukrainer in Russland Informationen an den russischen Geheimdienst weitergegeben, teilten die Behörden mit.
Einem Verdächtigen drohen 15 Jahre Haft
NABU-Ermittler sollen darüber hinaus mehreren ukrainischen Geschäftsleuten bei der Flucht aus dem Kriegsland geholfen haben. Anderen wurden wiederum Verkehrsunfälle zur Last gelegt. In einer Stellungnahme informierte der NABU über mindestens 70 Hausdurchsuchungen, von denen nicht weniger als 15 Mitarbeiter der Behörde betroffen waren. NABU-Chef Semen Krywonos brach eine Dienstreise in Großbritannien ab.
Im Zuge der Razzien wurde nach Angaben des SBU ein NABU-Ermittler festgenommen. Der Verdächtige habe in einer Eliteeinheit der Behörde gearbeitet und für russische Geheimdienste spioniert. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahren Haft.
Der SBU beschuldigte den Verdächtigen, geheime Informationen an einen Sicherheitsmann des 2014 gestürzten ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch weitergegeben zu haben. Der kremltreue Janukowitsch lebt heute in Russland.
Zentrale Figur ist wohl Selenskyj-Vertrauter
Der SBU führte ebenso Hausdurchsuchungen bei der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) durch. Deren Leiter Olexander Klymenko befand sich ebenfalls in Großbritannien. Der SBU stritt dabei Vorwürfe der Antikorruptionsbehörden ab, dass er bei den Razzien Zugriff auf Informationen aus Ermittlungsverfahren erlangt habe.
Medien vermuten als Hintergrund der Razzien eine Reaktion von Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Korruptionsermittlungen von NABU und SAP gegen Ex-Einheitsminister Oleksij Tschernyschow, der als einer der engsten Vertrauten des Präsidenten gilt.
Transparency International: Durchsuchungen unzulässig
Der Geheimdienst SBU untersteht Selenskyj. NABU und eine Reihe anderer Behörden waren nach dem prowestlichen Umsturz 2014 mit ausländischer Unterstützung gegründet worden, um vor allem gegen die notorische Korruption hochrangiger Staatsangestellter vorzugehen.
Präsident Selenskyj hatte sich im Präsidentschaftswahlkampf 2019 als Kandidat positioniert, der die Korruption beenden will. Doch daran, dass er diesem Versprechen gerecht wird, werden immer mehr Zweifel laut. Die Ukraine gilt Transparency International zufolge weiter als eines der korruptesten Länder Europas.
Die Nichtregierungsorganisation bezeichnete die Durchsuchungen als einen Versuch, das System zur Korruptionsbekämpfung zu demontieren. Die Maßnahmen seien unzulässig. "Wir rufen Präsident Wolodymyr Selenskyj auf, öffentlich die Unabhängigkeit der Antikorruptionsorgane zu garantieren und rufen den SBU und die Generalstaatsanwaltschaft dazu auf, den gesetzwidrigen Druck einzustellen", hieß es.
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