Zwei Billionen Euro für sechs Jahre: Die EU-Kommission hat große Pläne mit einem noch größerem Etat. Die Bundesregierung ist damit allerdings nicht einverstanden. Und auch Wirtschafts- und Umweltverbände üben Kritik.

Die Bundesregierung hat zentrale Vorschläge der EU-Kommission zu den künftigen Haushaltsplänen kritisiert. Die Bundesregierung werde den Vorschlag der Kommission nicht akzeptieren können, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit.

"Ein umfassender Aufwuchs des EU-Haushalts ist nicht vermittelbar in Zeiten, in denen alle Mitgliedsstaaten erhebliche Anstrengungen zur Konsolidierung der nationalen Haushalte unternehmen", so Kornelius.

Deutschland steuert knapp ein Viertel bei

Die EU-Kommission schlägt im so genannten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ein Budget von zwei Billionen Euro für die Jahre 2028 bis 2034 vor. Das sind etwa 700 Milliarden Euro mehr als für die derzeit laufende siebenjährige Budgetperiode. Geplant ist unter anderem, mehr Geld für Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit auszugeben. Als wirtschaftsstärkster Mitgliedsstaat steuert Deutschland in der Regel knapp ein Viertel der Mittel bei. 

Der MFR wird jeweils für sieben Jahre aufgestellt und zunächst von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, bevor er von den EU-Staaten und dem Europaparlament diskutiert wird. In dem langfristigen Etat werden die Obergrenzen der jährlichen Ausgaben der EU sowie deren Verwendung festgelegt.

Kritik an zusätzlicher Besteuerung der Unternehmen

Als eine von mehreren neuen Einnahmequellen für den EU-Haushalt schlägt die Kommission eine Abgabe für große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro vor. Auch diese zusätzliche Besteuerung großer Unternehmen - die die Haushalte der Mitgliedsländer entlasten soll - findet nicht die Unterstützung der Bundesregierung.

Finanzminister Lars Klingbeil sagte am Rande eines Treffens der G20-Finanzminister in Südafrika, die Bundesregierung wolle Deutschlands Wirtschaft stärken, Arbeitsplätze sichern und Investitionen ins Land holen. "Und da ist diese Unternehmensbesteuerung, die jetzt von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wird, in dieser Form das falsche Signal."

Auch an der Höhe der von der Kommission geplanten Ausgaben übte Klingbeil Kritik: "Wir müssen bei den Finanzen absolut im Verhältnis bleiben. Das sehe ich als nicht gewahrt an", sagte der SPD-Politiker.

Positiv bewertet die Bundesregierung aber den grundsätzlichen Reformansatz der EU-Kommission, also insbesondere die Ausrichtung des Haushalts auf neue Prioritäten, wie die Wettbewerbsfähigkeit und die Verteidigungsbereitschaft. Brüssel erklärte im Haushaltsentwurf unter anderem, die Vielzahl der Förderprogramme zu reduzieren, um mehr Geld flexibler verteilen zu können.

Wirtschaftsverbände fürchten Schaden für Wachstum

Wirtschaftsverbände sehen vor allem die möglichen Steuerregeln für Unternehmen kritisch: Vom Auto-Branchenverband VDA hieß es schon im Vorfeld, die Unternehmen in Deutschland und Europa befänden sich in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage. "Jegliche Steuererhöhung oder die Einführung zusätzlicher Abgaben verbieten sich daher - sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene", sagte Präsidentin Hildegard Müller. Eine unabhängig vom Gewinn erhobene Abgabe müsse als besonders wachstumsschädlich eingestuft werden - sie würde die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU schwächen. 

Auch vom DIHK hieß es bereits vor der Vorlage des Kommissionsvorschlags, eine solche Maßnahme wäre "das völlig falsche Signal". Es brauche Rückenwind für Unternehmen, nicht zusätzliche Abgaben, so Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov.

"Nullnummer für den Naturschutz"

Umweltverbände sehen ihre Belange im Budget-Entwurf nicht ausreichend berücksichtigt: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnet den Kommissionsvorschlag als "Nullnummer für Naturschutz". Es fehlten handfeste Zusagen zur Finanzierung, etwa zur Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes zur Wiederherstellung der Natur, so der Vorsitzende Olaf Bandt.

Der WWF kritisierte die vorgeschlagenen Kürzungen bei Umwelt- und Naturschutz trotz verschärfender Krisen - "und das in einem weiteren Sommer mit Hitzewellen, Waldbränden und Überschwemmungen".

Über den Entwurf für den nächsten mehrjährigen EU-Haushalt wurde schon heftig gestritten, bevor die Kommission ihn gestern vorgestellt hatte. Bei den Beratungen der Länder und des EU-Parlaments werden komplizierte Verhandlungen erwartet.

Mit Informationen von Hans-Joachim Vieweger, ARD-Hauptstadtstudio

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