Der Konflikt zwischen der religiösen Minderheit der Drusen und der Armee in Syrien hat sich ausgeweitet: Israel, das sich nach eigenen Angaben dem Schutz der Drusen verpflichtet fühlt, griff nun auch Ziele in der Hauptstadt Damaskus an.

Israel hat die Hauptstadt Damaskus seines Nachbarlandes Syrien bombardiert. Die Armee griff nach eigenen Angaben das militärische Hauptquartier und ein militärisches Ziel in der Nähe des Präsidentenpalastes an. Menschenrechtsaktivisten berichteten von zwei israelischen Luftangriffen auf das hoch gesicherte Generalstabsgebäude. Bei den Angriffen auf Damaskus wurde nach syrischen Angaben mindestens ein Mensch getötet, 18 Personen seien verletzt worden.

Vorangegangen waren Kämpfe zwischen Angehörigen der religiösen Minderheit der Drusen und sunnitischen Beduinen in der Provinz Suwaida im Süden Syriens. Die syrische Regierung schickte daraufhin Truppen und andere Sicherheitskräfte in die Region. Zugleich überquerten Angehörige der Drusen aus Israel die Grenze zu Syrien, um andere Drusen zu unterstützen. Zudem gab es Berichte, dass Drusen aus Syrien versuchen, nach Israel zu gelangen, um dort Schutz zu suchen.

Inzwischen haben Vertreter der Drusen und der syrischen Regierung zwar erneut eine Waffenruhe bekanntgegeben. Ob sie halten wird, ist allerdings fraglich. Bereits am Dienstag war eine Feuerpause angekündigt worden, die aber schnell scheiterte.

Mehr als 250 Tote seit Sonntag in Suwaida

Bei den Kämpfen in Suwaida wurden laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte seit Sonntag mehr als 250 Menschen getötet. Die Opferzahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Angaben der Beobachtungsstelle mit Sitz in London, die den Konflikt in Syrien mit einem Netz aus Aktivisten verfolgt, gelten aber als in der Regel verlässlich. Auch drusische Kreise sprachen von insgesamt rund 250 Toten.

Die noch relativ junge syrische Regierung versucht nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad in Suwaida - dem Zentrum der syrischen Drusen - die Kontrolle zu übernehmen. Die Drusen werfen der islamistischen Regierung in Damaskus vor, gezielt gegen Angehörige ihrer Religionsgemeinschaft vorzugehen - um dem Ziel eines sunnitisch dominierten Syrien näherzukommen und den Drusen ihre Mitsprache zu verwehren.

Israel fühlt sich nach eigenen Angaben dem Schutz der Drusen verpflichtet. Nicht nur, weil viele Drusen im israelischen Militär dienen. Sie sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam hervorging. Sie leben mehrheitlich in Syrien, aber auch in Israel, dem Libanon und Jordanien. Die syrische Provinz Suwaida im Süden ist ihre Hochburg und wichtig wegen der Grenzen zu Jordanien und der Nähe zu Israel.

Katz fordert Syrien auf, Truppen abzuziehen

Israels Verteidigungsminister Israel Katz forderte Syrien auf, die Drusen in Suwaida in Ruhe zu lassen und seine Truppen abzuziehen. Das israelische Militär werde seine Angriffe auf die syrischen Truppen noch verstärken, "wenn die Botschaft nicht ankommt". Israel stehe in engem Kontakt mit den USA und sei auf jede Eventualität vorbereitet.

Israel hat noch andere Gründe, in den Konflikt einzugreifen: Es will eine Militärpräsenz der syrischen Armee an der gemeinsamen Grenze nicht zulassen - und eine Eskalation an der eigenen Grenze und auf den Golanhöhen verhindern, die Israel besetzt und annektiert hat.

Beobachtern zufolge will die Regierung in Jerusalem die Drusen auch stärken, damit sich in der Gegend nahe der Grenze zu Israel keine vom Iran unterstützten Milizen oder islamistischen Gruppen ansiedeln, die gegen Israel vorgehen wollen. Israel sieht in den Drusen einen potenziellen Verbündeten gegen diese Gruppierungen. Viele syrische Drusen selbst lehnen ein Eingreifen Israels aber ab und befürchten eine Einmischung von außen.

Türkei kritisiert israelische Angriffe

Die Türkei kritisierte Israels Angriffe auf Damaskus. Sie stellten einen "Sabotageakt gegen die Bemühungen Syriens um Frieden, Stabilität und Sicherheit dar", teilte das Außenministerium in Ankara mit. Das syrische Volk habe eine historische Chance auf Frieden, alle Beteiligten müssten die Bemühungen der syrischen Regierung dahingehend unterstützen.

Mit Informationen von Moritz Behrendt, ARD Kairo.

Nina Amin, ARD Kairo, tagesschau, 16.07.2025 16:00 Uhr

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke