In Süden Syriens weitet sich der Konflikt aus. Drusische Milizen kämpfen gegen die syrische Armee. Israel kommt der Minderheit zur Hilfe. Was passiert da gerade?

In sozialen Medien kursieren Aufnahmen von heftigen Gefechten in der Umgebung der Stadt Suweida in der Nacht. Der Waffenstillstand zwischen drusischen Milizen und der syrischen Armee hält nicht - im Gegenteil, die Zahl der Opfer steigt immer weiter. 

Einwohner von Suweida werfen den staatlichen Sicherheitskräften vor, willkürlich Drusen hingerichtet zu haben. Nach Informationen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien sind unter den Getöteten aber auch fast 100 Soldaten der Armee. 

Gezieltes Vorgehen gegen Drusen?

Aus Sicht der Regierung geht es in der Provinz Suwaida darum, die Kontrolle des Staates über sein Territorium herzustellen. Der Sicherheitsexperte Fayez Al Asmar gibt die Linie der Regierung in Damaskus wieder. Er halte den Einsatz der Armee für notwendig, sagte er im Fernsehsender Al-Hadath: "Für jedes Land ist es völlig inakzeptabel, wenn eine Provinz außerhalb der staatlichen Autorität bleibt. Kein Staat kann eine solche Situation akzeptieren. Seit sieben Monaten befindet sich Suweida außerhalb der staatlichen Kontrolle."

Für viele Drusen stellt sich die Situation anders dar: Sie werfen der islamistischen Regierung in Damaskus vor, gezielt gegen Angehörige ihrer Religionsgemeinschaft vorzugehen - um dem Ziel eines sunnitisch dominierten Syrien näherzukommen und den Drusen ihre Mitsprache zu verwehren. 

Kompromisse ja, Zusammenarbeit nein

Ein Drusenführer, Hikmet al Hijri, lehnt eine Zusammenarbeit mit der Regierung in Damaskus ab. Mit seiner harten Haltung spreche er aber nicht für alle Drusen, sagt der Aktivist Jabr al-Shoufi. Er betont, Kompromisse seien durchaus möglich. "Die Sicherheitskräfte könnten auch aus der Region selbst kommen und mit dem Innen- und dem Verteidigungsministerium zusammenarbeiten. Nur so kann es eine Einigung geben. Die syrische Armee darf hier nicht als Eroberer auftreten."

Nach dem Sturz Assads hat die Regierung von Ahmed al-Sharaa angekündigt, die zahlreichen Milizen im Land in die staatlichen Sicherheitskräfte zu integrieren - nach dem Motto, ein Staat, eine Armee.

Drusische Milizen, ebenso wie kurdische im Norden des Landes zögern jedoch, ihre Waffen abzulegen, weil sie den regierenden Islamisten misstrauen. Deren Versprechen, dass die Rechte von Minderheiten im neuen Syrien geschützt werden und sie politische Mitsprache erhalten, seien unglaubwürdig.

Unterstützung hat die Regierung zuletzt von den USA erfahren. Thomas Barrack, der US-Sondergesandte für Syrien und Botschafter in der Türkei sprach sich für einen starken Zentralstaat in Syrien aus. Das Nachrichtenportal Axios meldete zudem, die USA hätten Israel aufgefordert, keine weiteren syrischen Truppen in der Provinz Suweida anzugreifen.  

Israel droht mit weiteren Angriffen

Israels Verteidigungsminister Israel Katz kündigte jedoch an, die israelische Armee werde weiterhin syrische Regierungstruppen beschießen, bis sie sich aus Suwaida zurückziehen. Israel werde die Drusen nicht alleine lassen. 

In Syrien leben rund 700.000 Angehörige der Drusen, vor allem in der Provinz Suweida. Auch in Israel und auf den von Israel besetzten Golanhöhen gibt es eine drusische Minderheit. Viele von ihnen sind familiär mit den Drusen in Syrien verbunden. 

Assad-Sturz - Auslöser für Gewalt

Auslöser der Gefechte rund um Suweida war Berichten von Beobachtern zufolge ein Raubüberfall auf einen drusischen Gemüsehändler - daraufhin sollen Drusen Angehörige der Beduinenstämme entführt haben. 

Seit dem Sturz von Assads im Dezember des vergangenen Jahres ist es in Syrien zu mehreren Wellen religiös angestachelter Gewalt gekommen. Im Frühjahr wurden bei Massakern an Alawiten mehr als 1700 Menschen getötet, im Mai starben mindestens 100 Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen islamistischen Gruppierungen und Drusen.

Vor drei Wochen tötete ein Selbstmordattentäter 25 Christen in einer Kirche in Damaskus. In allen Fällen gab es Kritik an der Regierung von Präsident al-Sharaa: Sie tue nicht genug, um die Minderheiten in Syrien zu schützen. Auch wurde der Vorwurf erhoben, die regierenden Islamisten würden bewaffnete Gruppen bei Gewalttaten unterstützen. 

Moritz Behrendt, ARD Kairo, tagesschau, 16.07.2025 12:56 Uhr

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