Rumänien muss sparen - kein EU-Land hat ein höheres Haushaltsdefizit. Die Regierung erhöht die Mehrwertsteuer und spricht von einem "nationalen Notfall". Der Präsident versucht es mit einem Pizza-Sprachbild.
"Kürzt bei den Korrupten, nicht bei den Studenten. Studenten, kämpft! Ihr verdient die Stipendien!" - in Rumänien sind viele Studierende sauer. Auf Demonstrationen Ende Juni in Bukarest und in anderen Städten des Landes machten sie diesem Ärger Luft. Sie wissen nicht mehr, wie sie ihr Studium finanzieren sollen. Denn die neue Regierung hat das Budget zusammengestrichen, mit dem Stipendien finanziert werden.
Rumänien muss sparen: 9,3 Prozent Haushaltsdefizit, kein anderes EU-Land steckt tiefer in den roten Zahlen. Der liberal-konservative Ministerpräsident Ilie Bolojan, der erst wenige Wochen im Amt ist, hat Anfang der Woche im Parlament einen strikten Sparkurs verordnet:
"Ich erwarte harte Zeiten"
Wichtigster Punkt im Sparpaket: Die Mehrwertsteuer steigt um zwei Prozentpunkte. Dazu kommt, dass der Strommarkt liberalisiert wird. Die Juli-Rechnung ist die erste, für die Haushalte wieder den vollen Preis zahlen müssen. So manche Stromrechnung dürfte sich verdoppeln. Für den Konsum sind das keine guten Aussichten.
"In so einer Situation überdenkt jeder seine Ausgaben", sagt Calin Rotarus. Der 57-Jährige leitet eine Rock 'n' Roll-Musikschule in Bukarest. Er macht sich Sorgen um sein Geschäft: "Das erste, woran man spart, sind doch Ausgaben für Kultur, für Luxus, für Ferien. Und da mein Geschäft im Kulturbereich angesiedelt ist, erwarte ich harte Zeiten."
Rumänien gibt zu viel Geld aus
Dass für die Rumänen harte Zeiten bevorstehen, ist auch dem neuen Präsidenten Nicusor Dan bewusst. Der parteilose Dan stammt aus Siebenbürgen und will mit der jahrzehntelangen Korruption und Misswirtschaft aufräumen.
Als ehemaliger Mathematik-Professor erklärte er den rumänischen Staatshaushalt so anschaulich, dass wohl jeder versteht, wo das Problem liegt: "Seit Jahren zahlen wir für eine mittlere Pizza und essen eine große Pizza. Das ist so ziemlich die Analogie. Und natürlich muss diese Differenz von jemandem bezahlt werden."
Vorteile der Beamten werden noch nicht angetastet
"Bezahlt werden von den kleinen Leuten", hält ihm sein wichtigster Widersacher entgegen. Für den Ultranationalisten George Simion, der Dan bei der Stichwahl im Mai unterlag, ist die Mehrwertsteuererhöhung Wasser auf seine Mühlen: "Ihr erhöht die Mehrwertsteuer, ihr verspottet die rumänischen Unternehmen - und was mir an diesem Entwurf des Regierungsprogramms am besten gefällt, ist der Teil, in dem ihr die Subventionen für politische Parteien aus dem Haushalt streicht."
Das mit den politischen Parteien ist sarkastisch gemeint. Denn um die Pfründe der Staatsdiener, an die üppigen Frührenten für Beamte, will sich die neue Regierung erst in einem zweiten Schritt kümmern. Auch aus Rücksicht auf das Klientel der Sozialdemokraten, die in der Koalition vertreten sind.
Doch dass gespart werden muss, da ist sich die Regierung mit der EU-Kommission einig. Vorletzte Woche hat sich der Ministerpräsident bei der Ratingagentur Fitch dafür eingesetzt, das Land nicht auf den Status "Ramsch" herabzustufen. Die Ratingunternehmen Standard & Poors und Moody’s wollen im Herbst ihre Bewertung abgeben. Bis dahin braucht die Regierung erste Erfolge beim Sparkurs.
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