Die Olympiasiegerin Semenya wehrt sich seit Jahren gegen Regeln des Leichtathletikverbands IAAF. Diese zwingen Läuferinnen mit erhöhtem Testosteronspiegel, diesen zu senken. Vor Gericht hat Semenya nur einen Teilerfolg erzielt.

Schon bei ihrer ersten Goldmedaille, 2009 bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin, wurde Caster Semenyas Sieg nicht unvoreingenommen kommentiert. Ihre breiten Schultern und ihre tiefe Stimme waren ein Thema. Semenyas italienische Konkurrentin Elisa Cusma Piccione behauptete: "Für mich ist sie keine Frau, sie ist ein Mann."

Semenyas Antwort im südafrikanischen Fernsehen war: "Immer diese Fragen: Bin ich eine Frau, bin ich ein Mann? Offenkundig ist das verletzend, herabwürdigend und beleidigend. Aber eines ist für mich sicher: Ich kann niemals sein, was ich nicht bin."

Semenya ist eine Frau, das betonte im letzten Jahr bei der Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Semenyas Anwältin: "Miss Semenya ist eine Frau. Sie wurde rechtlich und tatsächlich als Frau geboren und sie hat immer als die Frau gelebt, die sie ist."

Strenge Regeln für zwischengeschlechtliche Läuferinnen

Semenya ist eine Frau. Eine Frau, die als zwischengeschlechtlich bezeichnet werden kann. Ihr Körper hat sich, was das Geschlecht betrifft, besonders entwickelt. Zwischengeschlechtliche Menschen können männliche und weibliche Körpermerkmale tragen. Zum Beispiel einen XY-Chromosomensatz, weibliche Geschlechtsorgane und einen erhöhten Testosteronspiegel.

Ob zwischengeschlechtliche Läuferinnen einen Leistungsvorteil haben, ist in Studien umstritten. Der Internationale Leichtathletikverband IAAF sieht bei Frauen mit erhöhtem Testosteronspiegel einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Sportlerinnen. Zwischengeschlechtliche Läuferinnen müssen deshalb ihren Testosteronspiegel mit Medikamenten senken. Nur dann dürfen sie an Frauen-Wettkämpfen teilnehmen. Diese Regeln wurden 2023 noch einmal verschärft.

Sind die IAAF-Regeln diskriminierend?

Doch diese Regeln seien diskriminierend, sagte Semenya im Interview mit der ARD-Sportschau: "Sie schaffen eine Trennung zwischen den Menschen und sie schaffen keine sichere Umgebung für junge Frauen, die etwas anders geboren wurden als andere."

Vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS und vor dem Schweizer Bundesgericht, das die CAS-Urteile überprüft, wurden Semenyas Klagen gegen die IAAF-Regeln abgewiesen. Recht bekam die Sportlerin allerdings 2023 vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Die Entscheidungen des CAS und des Schweizer Gerichts zulasten von Caster Semenya seien diskriminierend, so die Straßburger Richterinnen und Richter damals in einer knappen Entscheidung von vier zu drei Stimmen.

Keine Grundsatzentscheidung des EGMR

So weit geht jetzt die Große Kammer des Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR), die den Fall noch einmal überprüft hat, nicht. Aber die Richterinnen und Richter sagen: Vor dem Schweizer Bundesgericht habe Semenya kein faires Verfahren gehabt. Das sei eine Menschenrechtsverletzung. Ihr Fall hätte fundamentale Rechte betroffen. Aber die Schweizer Richter hätten das nicht streng genug untersucht. Zum Beispiel, dass die Testosteron-Regeln der IAAF die zwischengeschlechtlichen Eigenschaften von Athletinnen stark dem öffentlichen Interesse aussetzen können.

In der Sache nicht entschieden hat der Gerichtshof allerdings, ob die geltenden Leichtathletik-Regeln, die bei Läuferinnen mit erhöhtem Testosteron eine Absenkung vorschreiben, diskriminierend sind. Bei dieser Frage sah eine Mehrheit der Großen Kammer des EGMR ein Zuständigkeitsproblem. Dennoch macht das Urteil noch einmal klar, dass Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs CAS durchaus menschenrechtlich überprüft werden können.

Semenya hatte sich von Straßburg eine Grundsatzentscheidung erhofft, die nun nicht ergangen ist. Sie hatte keine Entschädigung gefordert. Die Schweiz muss ihr jedoch 80.000 Euro für Anwaltskosten zahlen.

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