Israels Verteidigungsminister will im Süden des Gazastreifens ein Lager für 600.000 Menschen errichten. Er selbst spricht von einer "humanitären Stadt" - viele Palästinenser sehen darin jedoch eine Vorstufe zur Vertreibung.
Wie Figuren auf einem Schachbrett werden seit Beginn des Gazakriegs vor 21 Monaten die Palästinenser in dem schmalen Küstenstreifen hin- und hergeschoben. Von einer sogenannten humanitären Zone in die nächste. Zonen, die sich oft genug als Todesfallen erweisen.
Nun die nächste Idee, vorgebracht von Israels Verteidigungsminister Israel Katz bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten: Er schlägt eine sogenannte humanitäre Stadt - wie er sie selbst nennt - vor. Gemeint ist eine Zeltstadt, ein Auffanglager buchstäblich auf den Trümmern von Rafah, ganz im Süden des Gazastreifens, für Hunderttausende Menschen.
Itay Blumenthal, Militärkorrespondent des Senders KAN, war bei dem Gespräch mit Verteidigungsminister Katz dabei. "Ziel ist es, eine räumliche Trennung zwischen der Bevölkerung des Gazastreifens und den Hamas-Terroristen zu schaffen, die sich unter der Bevölkerung aufhalten. 600.000 Palästinenser sollen in diese Stadt kommen und wer sie betritt, wird nicht mehr zurückgehen können", berichtet er.

Vertriebene Palästinenser im Gazastreifen: Israel plant ein Lager für 600.000 Menschen.
Eine Art Übergangslager
Sollte das geplante 60-Tage-Waffenruheabkommen, über das derzeit verhandelt wird, in den nächsten Tagen Wirklichkeit werden, will Israel mit dem Bau des Auffanglagers beginnen. Eine Art Übergangslager - mit dem Ziel, von dort aus möglichst viele Palästinenser umzusiedeln.
Der Verteidigungsminister hatte dies vor wenigen Tagen noch verklausuliert eingeräumt. "Wenn die Menschen im Süden sind, im Al-Mawasi-Gebiet, dann werden sie von dort aus nicht zurückkehren können. Das wiederum wird für die Logik sorgen, sie zu evakuieren - und der Großteil will es auch."
Doch genau das ist umstritten. Nur wenige Palästinenser haben in den zurückliegenden Wochen den Gazastreifen freiwillig verlassen. Dazu kommt, dass die arabischen Nachbarländer bisher nicht bereit sind, Palästinenser in größerer Anzahl aufzunehmen.
"Ich verlasse Gaza nicht"
Abu Samir Al-Fakaawi, ein Flüchtling aus Gaza, macht im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters klar, dass er in Gaza bleibt:
Bei seinem Besuch in den USA hatte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu immer wieder die Umsiedelung der Menschen in Gaza angesprochen. Anders als seine rechtsextremen Koalitionspartner, die auf eine zwangsweise Umsiedelung setzen, betonte Netanjahu die Freiwilligkeit.
"Die Hamas muss ihre Waffen niederlegen. Gaza wird vollständig entmilitarisiert, und wir werden den Trump-Plan umsetzen. Der ist richtig, revolutionär und besagt etwas Einfaches: Die Bewohner Gazas, die gehen wollen, werden gehen können."
Historiker: Weder "humanitär" noch "Stadt"
Klare Worte findet der Holocaust-Historiker an der Hebräischen Universität Jerusalem, Amos Goldberg. In der englischen Zeitung The Guardian wird er mit folgenden Worten zitiert: Es handele sich weder um ein humanitäres Lager noch um eine Stadt.
Verteidigungsminister Katz, so der Historiker Goldberg, habe klare Pläne vorgelegt für die ethnische Säuberung des Gazastreifens und die Errichtung eines Durchgangslagers für Palästinenser vor ihrer Vertreibung.
Auch Organisationen wie Caritas International kritisieren die Pläne der israelischen Regierung deutlich: Angesichts von zwei Millionen Menschen, die sich in einer dramatischen humanitären Notlage befinden, sei der Begriff "humanitäre Stadt" zynisch, inhuman und realitätsfern.
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