Nach Erkenntnissen eines internationalen Rechercheteams gab die rechtsradikale ID-Fraktion im EU-Parlament mehrere Millionen Euro illegal aus. Nun hat die EU-Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen.
Die Europäische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen die mittlerweile aufgelöste Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) im Europaparlament eingeleitet. Das teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit, ohne sich zum Inhalt der Vorwürfe zu äußern.
Laut Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste mit den Zeitungen Die Zeit, Le Monde und Falter verdächtigen Ermittler die ehemalige Fraktion, der auch die AfD angehörte, zwischen 2014 und 2019 EU-Gelder in Höhe von etwa 4,3 Millionen Euro veruntreut zu haben.
Fragwürdige Spenden und Aufträge
So spendete die Fraktion in der Legislaturperiode von 2019 bis 2024 mehr als 700.000 Euro an zahlreiche Organisationen. Spenden ohne dezidierten Bezug zur EU oder zur Arbeit der Fraktion im Parlament sind laut den Parlamentsregeln grundsätzlich nicht zulässig. Die EU-Verwaltung fand bei 80 überprüften Zahlungen "kein einziges" dieser Kriterien erfüllt.
Einer der Fälle betrifft ein Unternehmen aus Fulda, das von einem Kommunalpolitiker der AfD geleitet wird und sich mit Marketing und Online-Auftritten befasst. Die Prüfer des EU-Parlaments werfen der ID-Fraktion vor, sie habe Aufträge in Höhe von insgesamt knapp 64.000 Euro an den Mann und seine Firma gezahlt, ohne dass eine vorgeschriebene Ausschreibung der Aufträge erfolgt wäre.
Parlament erkennt Rechtfertigung nicht an
Der frühere Generalsekretär der ID-Fraktion, Philip Claeys, weist die Vorwürfe auf Anfrage des Rechercheteams zurück: Er verweist unter anderem darauf, dass sowohl ein externer Wirtschaftsprüfer als auch das Europäische Parlament ihre Rechnungsabschlüsse jährlich abgesegnet hätten. Tatsächlich wurden die Finanzberichte der Fraktion von belgischen Wirtschaftsprüfern als korrekt bewertet. Die Fraktion hatte ihre Spenden darin auf Grundlage eines "Artikels 68" verbucht.
Die Parlamentsverwaltung bezeichnet diesen Artikel in ihrem Untersuchungsbericht als "so called article 68", denn ein solcher Artikel existiere im Regelwerk überhaupt nicht. Auf Kontraste-Anfrage wollte sich die belgische Wirtschaftsprüferin nicht zu den Vorgängen äußern.
Zudem sollen den Recherchen zufolge insgesamt mehr als drei Millionen Euro an Unternehmen geflossen sein, die der französischen Partei Rassemblement National nahestehen. In diesen Fällen sei auf Ausschreibungen verzichtet worden, auch seien Beträge ohne erkennbare Gegenleistung gezahlt worden.
Die RN-Fraktionsvorsitzende in der französischen Nationalversammlung, Marine Le Pen, war erst im März gemeinsam mit mehreren weiteren prominenten Parteimitgliedern wegen der Veruntreuung von EU-Geldern in Höhe von 4,5 Millionen Euro verurteilt worden.
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