Ein Tankverbot für ältere Autos sollte die Luft in Indiens Hauptstadt verbessern. Stattdessen kam es zu Chaos, Protesten und Panik. Nun ist die Maßnahme vorerst gestoppt - offiziell wegen technischer Probleme.

Das war wohl nichts: Vor genau einer Woche hatten die Behörden im indischen Neu-Delhi begonnen, rigoros gegen ältere Autos vorzugehen. Diesel-Fahrzeuge mit einem Alter von mehr als zehn Jahren und Benziner über 15 Jahre durften nicht mehr betankt werden. Wer trotzdem bei einer Tankstelle vorfuhr, dessen Auto konnte beschlagnahmt werden. Das Ziel: die chronisch verpestete Luft von Indiens Hauptstadt verbessern.

Doch die Anordnung führte zu Panik und Chaos, und nach drei Tagen war vorerst Schluss. Den Verantwortlichen wurde wohl klar: Mehr als sechs Millionen betroffene Autobesitzerinnen und Autobesitzer gegen sich aufzubringen, ist politischer Selbstmord.

Ranjit Singh Sodhi ist einer dieser Betroffenen - und er ist richtig sauer: "Wegen dieser Anordnung, die schwachsinnig ist, absolut schwachsinnig, und die Umsetzung war auch schwachsinnig. Aber wenigstens sagt jetzt die Regierung selbst, das war schwachsinnig und wir können sie nicht umsetzen."

Regierungskommission will Luftqualität verbessern

Am Dienstag vergangener Woche wurde an Delhis fast 500 Tankstellen die Maßnahme durchgesetzt, die schon lange geplant war. Über das Nummernschild sollten die Altautos per Kamera erkannt werden. Teams von Verkehrspolizei, Stadtverwaltung und Transportministerium waren an den Tankstellen stationiert, um das Verbot zu überwachen.

Hinter dem Verbot stand eine Regierungskommission, die für die Luftqualität im Großraum Delhi zuständig ist. Doch was die Luft verbessern sollte, führte zu viel Ärger und Chaos. Ein altes Auto könnte doch auch gute Schadstoffwerte haben, warum also alleine das Alter als Kriterium nehmen?

Das fragten sich viele, auch Autobesitzer Ranjit Singh Sodhi: "Wenn es um Umweltverschmutzung geht, dann konzentrieren wir uns auf die Umweltverschmutzung. Wenn das Fahrzeug die Umwelt verschmutzt, ist es offensichtlich nicht verkehrstauglich. Aber wenn es sauber ist, was kann es dafür, dass andere Autos die Luft verschmutzen?"

Keine Entschädigung für beschlagnahmte Autos

Altautos konnten an Ort und Stelle beschlagnahmt und entschädigungslos verschrottet werden - gerade das brachte viele der Betroffenen auf die Barrikaden. Panisch versuchten manche, ihre Fahrzeuge in anderen Bundesstaaten Indiens zu verkaufen, um wenigstens noch etwas Geld dafür zu bekommen. Es gehe nur darum, die indische Autoindustrie anzukurbeln, schimpfte die Opposition.

Nach drei Tagen ruderten die Verantwortlichen zurück, das Tankverbot wurde ausgesetzt. Offizieller Grund: technische Probleme. Landesumweltminister Manjinder Singh Sirsa: "Wir haben zwar eine automatische Nummernschilderkennung, aber die funktionierte vielerorts nicht ordnungsgemäß. Die Kameras waren falsch angebracht, Sensoren gingen nicht".

Auch bei den Lautsprechern soll es eine Fehlfunktion gegeben haben, so Manjinder Singh Sirsa. Wenn ein Altauto vorfährt, sollte über Lautsprecher eine Ansage kommen, dass es nicht betankt werden dürfe. Doch es ist wohl kein Zufall, dass es keinem der Dutzenden indischen Fernsehteams an Tankstellen gelungen war, so einen Moment festzuhalten.

Umweltminister gibt sich geschlagen

Das Verbot und die drohende Beschlagnahme hatten sich schnell rumgesprochen. Kaum ein Autobesitzer ging noch in die Falle. Den politisch Verantwortlichen war nun auch aufgefallen, dass nur in Delhi selbst das Verbot durchgesetzt wurde - aber nicht in den riesigen Vorstädten, die zu Nachbarbundesstaaten gehören. So fuhr man dorthin zum Tanken, wenn der Treibstoff noch reichte.

Delhis Umweltminister jedenfalls gibt sich geläutert: "Wir werden unser Bestes tun, um die Luft zu reinigen und gleichzeitig sicherzustellen, dass Autos nicht beschlagnahmt werden. Die Bevölkerung Delhis hat uns den Auftrag erteilt: Wir müssen die Luft in Delhi reinigen. Wir müssen uns um die Gesundheit der Kinder Delhis kümmern, damit sie frische Luft atmen können. Gleichzeitig müssen wir die Gefühle derjenigen Menschen berücksichtigen, die mit ihren alten Autos verbunden sind, die ihnen weggenommen werden sollten."

Heute nun soll die Regierungskommission grundsätzlich über das Tankverbot entscheiden. Der Druck, die Luftqualität in Delhi zu verbessern, dürfte zumindest im Moment etwas geringer sein. Es ist Monsunzeit, und durch Regen und Wind ist die Luft in Indiens Hauptstadt seit fast zwei Wochen so gut wie seit Langem nicht mehr.

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