Als Reaktion auf deutsche Grenzkontrollen wird Polen vorübergehend eigene Kontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Eine entsprechende Anordnung des Innenministeriums trete ab kommendem Montag in Kraft, sagte Regierungschef Donald Tusk bei einer Kabinettssitzung in Warschau. Auch an der Grenze zum östlichen Nachbarn Litauen soll künftig kontrolliert werden. 

Opposition macht Druck

Das Migrationsthema dominiere auch in Polen sehr stark die Medien und setze die Regierung unter Druck, sagt der in Polen lebende freie Journalist Jan Opielka. «Die Opposition treibt die Regierung mit diesem Thema vor sich her.»

So schrieb der Chef der rechtskonservativen Oppositionspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, auf X: «Deutschland schiebt regelmässig illegale Migranten auf unsere Seite. Der Staat hat abgedankt, und Chaos und Straflosigkeit nehmen von Tag zu Tag zu.»

Doch wie passt es zusammen, dass ausgerechnet eine Mitte-links-Regierung wie diejenige von Donald Tusk nun Grenzkontrollen einführt? Journalist Opielka erstaunt das nicht. Tusks Bürgerplattform habe das Thema selbst auf den Schild gehoben: «Sie schürt auch Ängste in der Bevölkerung und das Thema, das sie selbst befeuert hat, fällt ihr vor die Füsse».

Bürgerwehren formieren sich

Ein weiteres Zeichen, dass das Migrationsthema in Polen hochkocht: Mittlerweile organisieren Ultrarechte von der «Bewegung zur Verteidigung der Grenzen» selbst ernannte Patrouillen an Grenzübergängen zu Deutschland. In sozialen Medien brüsten sie sich damit, dass sie verdächtig aussehende Menschen anhalten und ihre Papiere verlangen. Tusk kritisierte dieses Vorgehen als schändlich.

Legende: Auch Ministerpräsident Donald Tusk und seine Bürgerplattform bewirtschaften das Migrationsthema. AP Photo/Czarek Sokolowski

Dieses Phänomen habe man in den vergangenen Jahren schon an der polnisch-belarussischen Grenze beobachten können, sagt Journalist Opielka. «Das sind meistens junge Männer, die auch Proteste organisieren, an denen antimigrantische und antideutsche Parolen skandiert werden.» Von der Opposition und vom designierten polnischen Staatspräsidenten, Karol Nawrocki, werde dies aber gutgeheissen.

Viele Migranten wollen nicht in Polen bleiben

Wie viele Asylsuchende wählen tatsächlich den Weg über Polen? 2024 wurden rund 14'000 Asylanträge gestellt – in Deutschland waren es über 250'000. «Viele Menschen wollen nicht in erster Linie nach Polen, wenn sie schon in die EU gelangen», betont Opielka.

Andererseits hätten die deutschen Behörden im Rahmen des neuen Grenzregimes gegenüber Polen einige Tausend Menschen an der Grenze zurückgewiesen. Zudem würde Deutschland Menschen im Rahmen des Dublin-Abkommens nach Polen abschieben. Die Zahlen seien aber nicht sehr hoch und würden medial hochgekocht, so der Journalist.

Ab kommenden Montag könnte nun eine Pattsituation entstehen: Die Gewerkschaft der deutschen Polizei befürchtet ein «Pingpong-Spiel» an der Grenze, bei dem Deutschland künftig Menschen zurückweise, während polnische Grenzschützer diese dann nicht annehmen beziehungsweise an Deutschland zurückweisen könnten. «Diese Menschen könnten faktisch an der Grenze steckenbleiben», so Opielka.

Der Journalist schätzt, dass dazu wohl bereits Verhandlungen hinter verschlossenen Türen laufen, damit das Thema nicht noch mehr Publizität bekomme.

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