Erst Syrien, nun Iran? Russland kann seinen Verbündeten im Nahen Osten nicht helfen und verliert in der für Moskau strategisch so wichtigen Region immer mehr an Einfluss. Welche Möglichkeiten bleiben Putin?
Erst im Januar hatten Russland und der Iran im prächtigen großen Kremlpalast feierlich ein strategisches Abkommen unterzeichnet - als Signal in die Welt, dass die beiden vom Westen geächteten Staaten nun enger zusammenrückten. So eng wie nie in ihrer jüngsten Geschichte.
Gerade einmal fünf Monate später, nach Israels Angriff auf den Iran, scheint Russland wenig bereit, dem Partner beizuspringen. Zwar sieht das gemeinsame Abkommen eine Beistandspflicht im Angriffsfall gar nicht vor, doch die Mullahs im Iran hatten sicherlich mehr als nur warme Worte erwartet, als sie Anfang der Woche Außenminister Abbas Araghtschi nach Moskau schickten.
Präsident Wladimir Putin empfing ihn freundlich, redete eine gute Stunde mit ihm, verurteilte den israelischen Angriff aufs Schärfste und sagte dann, man unternehme Anstrengungen, um dem iranischen Volk beizustehen. Wie, das blieb zumindest im öffentlichen Teil des Gesprächs offen.
Putins Sprecher hatte zuvor bereits wissen lassen, politische Unterstützung und Vermittlungsangebote seien doch auch schon eine große Hilfe. Das war aber sicher nicht das, was Teheran sich erhofft hatte.
Woran Putin kein Interesse hat
Vordergründig kann Russland vom Krieg in der Region profitieren - je höher die Ölpreise steigen, desto besser für Moskau. Für Putin ist die Lage dennoch alles andere als einfach. Militärisch will er sich ganz offensichtlich nicht engagieren, schon wegen seines Kriegs in der Ukraine. Und auch eine direkte Konfrontation mit Israel um des Irans willen will und kann er sich nicht leisten.
Politisch geht es um die gerade erst geknüpften zarten Bande in die USA - mit Donald Trump will Putin es sich definitiv nicht verscherzen. Gerade erst hatte er es doch geschafft, von einem amerikanischen Präsidenten wieder auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden, die Isolation in der westlichen Welt ein Stück zu durchbrechen - und seinem Ziel, die lästigen Sanktionen loszuwerden, ein Stück näherzukommen.
Isoliert ist er im Rest der Welt keineswegs, und in manchen der Staaten, die Putin zu seinem Lager zählt und die auf seine Unterstützung zählen, mag man sich jetzt ungläubig die Augen reiben: Läßt Russland da gerade einen weiteren Verbündeten im Nahen Osten fallen?
Assads Sturz - ein Rückschlag für Russland
Als jubelnde Exilsyrer vergangenes Jahr auf dem Balkon der prächtigen syrischen Botschaft in Moskaus Zentrum nicht weit vom Kreml die Flagge des neuen Syriens hissten, war das wie ein letzter Beweis dafür, dass Russland seinen bis dato wichtigsten Partner im Nahen Osten verloren hatte. Dass Putin den damaligen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nicht hatte retten können - oder retten wollen.
Ein paar Kampfflugzeuge hatte er anfangs geschickt, den Verbündeten dann aber sehr schnell seinem Schicksal überlassen. Syriens Machthaber war plötzlich keiner mehr, floh samt Familie und Entourage nach Moskau. Russland hatte wohl erkannt, dass ein Eingreifen nicht mehr viel ändern würde. Der Fall des Regimes bedeutete einen herben Schlag für Moskaus Ambitionen im Nahen Osten.

Im Dezember 2024 wurde Syriens Machthaber Assad in kurzer Zeit gestürzt - und in Moskau wurde an der Botschaft für jedermann sichtbar die Flagge der bisherigen Opposition aufgezogen.
Eine Phase mit neuem Einfluss
Unter dem Regime von Assad war Syrien zum Dreh- und Angelpunkt russischer Nahost-Politik geworden. Vor zehn Jahren hatte Russland militärisch in den Bürgerkrieg eingegriffen und Assad seitdem mit Kampfjets und Bomben an der Macht gehalten - mit einem Jahre dauernden verheerenden Luftkrieg.
Russland hatte nun Militärbasen im Land, darunter den strategisch wichtigen Hafen Tartus, einen eigenen Zugang zum Mittelmeer. Moskau gewann alten Einfluss zurück, wurde wie zu Sowjetzeiten wieder ein wichtiger Player im komplizierten Machtgefüge der Region.
Russland vernetzte sich auch mit anderen Staaten des Nahen Ostens, schloss sich etwa dem erweiterten Ölförderer-Kartell OPEC+ an. Dies bedeutete gleichzeitig eine Annäherung an Saudi-Arabien - und weitere Einflussmöglichkeiten auch im Kreis der Golfstaaten.
In einem komplizierten Balanceakt hielt Putin lange auch den guten Draht zu Benjamin Netanjahu in Israel - mit dem Ziel, sich als ein Vermittler und Nahost-Versteher zu etablieren, an dem niemand vorbeikommen würde.
Zwei "Geächtete" mit wachsender Nähe
Auch zum Iran suchte Russland Nähe. Gemeinsam bekämpfte man in Syrien die Gegner Assads, und später, als Russland seinen eigenen Krieg gegen die Ukraine begann, kam eine weitere Gemeinsamkeit hinzu: Wie Teheran sah sich auch Moskau mit immer härteren Sanktionen des Westens konfrontiert.
Der gegenseitige Handel der beiden "Geächteten" wuchs, Russland wurde zum größten ausländischen Investor im Iran. Und: Iran liefert die für Russland besonders in den ersten Kriegsmonaten so wichtigen Drohnen, schickte später auch technologische Hilfe, dank derer Russland ähnliche Drohnen selbst produzieren kann.
Nur folgerichtig schien da das strategische Abkommen vom Anfang des Jahres. Iran und Russland schlossen es auch in Erwartung der neuen Amtszeit von Donald Trump - niemand konnte sich damals sicher sein, wie stark dieser die beiden Staaten ins Visier nehmen würde.
Was kann Putin nun noch bewirken?
Nun ist alles anders. Trump streckt Putin die Hand aus und zeigt Iran die Faust. Putin könnte jetzt versuchen, sich als Vermittler ins Spiel zu bringen. Wenn er das Mullah-Regime als seinen Einflusshebel in der Region halten will, die Beziehungen zu den anderen dabei nicht gefährden und zudem noch Trump imponieren will, ist Vermittlung seine einzige Chance.
Ob seine Kontakte dazu noch ausreichen, ist jedoch unklar. Gelingt das nicht, wird er sich entscheiden müssen zwischen dem alten Verbündeten Iran - und Trumps USA.

Irgendwo im Geschäftsviertel Moscow City soll heute Assad mit seiner Familie leben. Rein klimatisch zweifellos eine Umstellung für ihn.
Zuflucht im Geschäftsviertel?
Syriens Ex-Machthaber Assad ist, so wird vermutet, mitsamt seiner Getreuen noch immer in Russland. Die Familie soll teure Apartments in den gläsernen Wohntürmen des schicken Stadtteil Moscow City besitzen.
Luxuriöses Asyl - mehr konnte Russland dem syrischen Verbündeten am Ende nicht mehr bieten. Sollte das iranische Regime in der Folge des Kriegs doch noch zerbrechen, könnte Moskau auch für die Mullahs ein geeigneter Fluchtort sein.
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