Der Iran erfährt seit dem Angriff Israels viel Unterstützung von den arabischen Nachbarn. Einstige Rivalitäten haben sich in den vergangenen Jahren abgeschwächt. Doch hinter der Solidarität stehen auch handfeste Sorgen.

Seit Tagen reiben sich die Menschen in Beirut, Bagdad und Damaskus ungläubig die Augen. Ein neuer Krieg ist in ihrer Nachbarschaft entbrannt, aber ihre eigenen Staaten haben damit nicht unmittelbar zu tun. Solange sich der Iran und Israel "nur" direkt gegenseitig beschießen, sind die arabischen Staaten Beobachter an der Seitenlinie.

Die Befürchtungen in der Region sind jedoch groß, dass es nicht dabei bleibt.

Scharfe Verurteilung Israels

Sehr schnell und nahezu gleichlautend haben die arabischen Staaten den israelischen Angriff auf den Iran scharf verurteilt, als Verletzung der Souveränität der Islamischen Republik und als Verstoß gegen das Völkerrecht. Die Erklärungen stehen im starken Kontrast zur Erklärung der G7-Staaten, die Israels Recht auf Selbstverteidigung betont und den Iran, als Hauptverantwortlichen für Instabilität und Terror darstellt.

Auffällig ist die Wortwahl: Jordanien und Katar betonen die Freundschaft zum Iran, Saudi-Arabien bezeichnete die Islamische Republik Iran in seiner Verurteilung des israelischen Angriffs sogar als Bruderstaat. Alte Rivalitäten zwischen den sunnitisch geprägten Golfstaaten und dem schiitischen Iran sind in den letzten zwei Jahren in den Hintergrund gerückt.

Der ägyptische Politikwissenschaftler Mustafa Kamel Sayyed sagt: "Alle Golfstaaten haben mittlerweile gute Beziehungen zum Iran. Im aktuellen Konflikt stehen sie trotz der Nähe zu den USA eigentlich mehr auf Seite des Iran, weil ihnen missfällt, wie Israel auftritt und weil sie nicht wollen, dass ein Land die ganze Region dominiert."

Sorge vor Angriffen von Irans Verbündeten

Aus den freundlichen Tönen gegenüber der Regierung in Teheran spricht aber auch die Sorge, dass der Iran mithilfe der von ihm unterstützten Milizen den Konflikt auch in die arabischen Staaten trägt. Zwar haben die Huthi aus dem Jemen bereits Raketen in Richtung Israel abgeschossen, die libanesische Hisbollah und auch schiitische Milizen im Irak geben sich aber bislang vergleichsweise kleinlaut und zurückhaltend.

Die Außenminister mehrerer arabischer Staaten haben im direkten Kontakt mit der iranischen Regierung darauf gedrängt, dass sich an dieser Zurückhaltung nichts ändert. Ihre Sorge: Ein Angriff von schiitischen Milizen im Irak auf US-amerikanische Militärbasen könnte die Vereinigten Staaten veranlassen, direkt in den Krieg einzugreifen - mit der Folge, dass die Region noch weiter destabilisiert wird.

Ebenfalls groß ist die Befürchtung, dass der Krieg zwischen Israel und dem Iran die Handelswege in der Region blockiert - schon jetzt ist der Luftraum über Staaten wie dem Irak, Jordanien, Syrien oder Libanon komplett oder zeitweilig gesperrt. Andeutungen aus dem Iran, man ziehe in Erwägung die Straße von Hormus zu schließen, alarmieren die arabischen Golfstaaten. Durch die Meerenge am Eingang des Persischen Golfs werden rund 20 Prozent der weltweiten Ölexporte transportiert. Für die Golfstaaten, aber auch die Weltwirtschaft könnte eine Schließung teuer werden.

Gaurav Sharma, ein Experte für Energiemärkte mit Sitz in London, sagt, der Iran sei zu diesem Schritt in der Lage, er halte ihn aber für unwahrscheinlich, unter anderem weil eine Blockade der Straße von Hormus auch die iranischen Exporte nach China unterbinden würde.

Der Irak als düstere Mahnung

In Kuwait können die Menschen mit eigenen Augen sehen, wie nah der Krieg ist. In den sozialen Medien verbreiten sie selbst aufgenommene Bilder davon, wie die Raketen aus dem Iran in Richtung Israel abgeschossen werden.

Aber auch die möglichen Folgen der israelischen Angriffe auf den Iran könnten Kuwait schnell erreichen, befürchten die Behörden. Berichten zufolge haben sie Notfallpläne vorbereitet, wie sich Krankenhäuser auf steigende Radioaktivität reagieren sollen, falls Israel das iranische Atomkraftwerk in Buschehr angreift - es liegt nur rund 300 Kilometer Luftlinie von Kuwait entfernt.

Stabilität als Wert an sich

Die wohl größte Sorge der arabischen Staaten ist aber die einer dauerhaften regionalen Instabilität. Einerseits sehen die in der Mehrzahl autokratischen regierten Staaten grundsätzlich jede Veränderung mit Skepsis und als potenzielle Bedrohung der eigenen Macht.

Andererseits wecken Andeutungen aus Israel, dass auch ein Sturz des iranischen Regimes denkbar sei, düstere Erinnerungen. Der Einmarsch der USA im Irak 2003 führte zum Regimewechsel in Bagdad, die Folge waren Bürgerkrieg, Chaos und der Aufstieg der Terrororganisation "Islamischer Staat".

Auch vor diesem Hintergrund rufen mehr als 20 arabische und weiteren islamischen Staaten in einer gemeinsamen Erklärung zu Deeskalation auf, zu Verhandlungen mit dem Ziel eines umfassenden Waffenstillstands.

Eine weitere Forderung ist, dass der gesamte Nahe Osten eine atomwaffenfreie Zone werden soll. Das würde die nicht-erklärte Atommacht Israel einschließen. Eine ironische Fußnote ist allerdings, dass auch die Atommacht Pakistan die Erklärung unterschrieben hat.

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