Am Gartenzaun lässt es sich tief in menschliche Abgründe blicken. Dem Erfindungsreichtum, wie sich Nachbarn das Leben gegenseitig zur Hölle machen, sind kaum Grenzen gesetzt.
Die verfeindeten «Bruderstaaten» Nord- und Südkorea übersetzen die Absurditäten der Gartenhag-Schweiz auf die grosse Weltbühne: Der eine wirft Abfall in Nachbars «Garten», der andere brüllt ins Megafon, bis die Trommelfelle platzen.
Klingt lustig, ist es aber nicht. Denn die Aktionen sind Mittel der psychologischen Kriegsführung – die im schlimmsten Fall für eine militärische Eskalation auf der koreanischen Halbinsel sorgen können.
Südkorea stellt «Lautsprecher-Krieg» ein
Nun aber setzt Südkorea auf Deeskalation. Es baut seine Propaganda-Lautsprecher entlang der innerkoreanischen Grenze ab. Angeordnet hat die Massnahme der neue Präsident Lee Jae-myung. Es soll eine erste Geste sein, um den Konflikt mit Nordkorea zu entspannen und das Vertrauen wiederherzustellen.
Was sich an der schwer befestigten Grenze abspielt, lässt traditionell tief blicken. «Wie es um die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea steht, kann man verlässlich an der Beschallung ablesen», sagt Samuel Emch, Ostasien-Korrespondent von SRF.
Die Lautsprecher waren seit einem Jahr im Einsatz. Der isolierte Nachbarstaat wurde nicht nur mit Nachrichten beschallt, sondern auch mit Hits der K-Pop-Boygroup BTS. Der südkoreanische «Way of Life» sollte unentwegt ins isolierte Kim-Regime dröhnen.

Oropax empfehlen sich aber auch auf der anderen Seite der bestbewachten Grenze der Welt: Nordkorea beschallt seinen kapitalistischen Nachbarn immer wieder mit Lobpreisungen des Kommunismus – und Beleidigungen. Der südkoreanische Präsident wird gewohnheitsmässig als Marionette der USA bezeichnet.
Nordkorea gibt den Leuten den Gong
Wie Radio Free Asia berichtet, setzten Kims Grenzwächter in den letzten Monaten auch auf Wolfsgeheul oder klirrende Gongs. Sehr zum Leidwesen der Menschen, die in der Demilitarisierten Zone (DMZ) an der Grenze leben. Denn der Lärm soll ganz einfach ihre Nerven strapazieren.
«Geister-Sound» an der Grenze: südkoreanischer TV-Bericht
Emch war erst im April auf der südkoreanischen Seite der Grenze. «Betroffene beklagten sich, dass sie teils nächtelang nicht schlafen konnten.» Manche der Bewohner sollen bereits weggezogen sein. «Auf der nordkoreanischen Seite dürften die Menschen aber nicht minder unglücklich über die Beschallung sein», schätzt der Korrespondent.

Auch andere Aktionen können Ausdruck tiefliegender Ressentiments sein. Vor einem Jahr schickte Nordkorea Hunderte mit Müll gefüllte Ballons gen Süden. Die übelriechende Ladung landete irgendwo in der Pampa oder mitten in einem angrenzenden Dörfchen. Südkorea antwortete, indem es seinen «Lautsprecher-Krieg» wiederaufnahm.
Auch die «Ballon-Diplomatie» verläuft in beide Richtungen. Südkoreanische Aktivisten und Überläufer aus Nordkorea befüllen ihre Luftfracht allerdings mit Reis, Geldscheinen und Broschüren, in denen sie die Menschenrechtslage und Nordkoreas Atomprogramm kritisieren.

Im Kalten Krieg und bis zur Jahrtausendwende war Südkoreas Ballon-Propaganda staatlich organisiert. Verschickt wurden neben Tabak oder Lebensmitteln auch Pornomagazine oder Datenträger mit verbotenen Inhalten – so etwa Kopien von Wikipedia-Einträgen zum Korea-Konflikt.
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