Auch Bogotá, die Hauptstadt Kolumbiens, hat nun ihre eigene Biennale. Vor zwei Wochen wurde die erste Ausgabe der internationalen Ausstellung für „Arte y Ciudad“ eröffnet. Getreu dem Titel lädt sie ein, die rapide wachsende Metropole mit heute acht Millionen Einwohnern als Kunstwerk zu begreifen. Die Biennale folgt der sogenannten „Environmental Axis“ (Umweltachse), einem städtebaulichen Projekt, das zwischen 1997 und 2001 von dem kolumbianischen Architekten Rogelio Salmona realisiert wurde – demselben, der auch für das Museo de Arte Moderno de Bogotá, kurz Mambo, und ikonische Gebäude wie die Hochhäuser „Las Torres del Parque“ verantwortlich zeichnet.

Das Thema der „Bog25“-Biennale lautet „Essays on Happiness“ und regt an, über die Beziehung zwischen urbanem Leben und der Suche nach Wohlbefinden nachzudenken – eine Verbindung, die in vielen Millionenstädten zunehmend fragwürdig erscheint. Ganz zu schweigen von Bogotá, das auf 2600 Metern Höhe an der Ostkordillere der Anden klebt, mit all seinen Kontrasten und rauem Charme. Doch die Biennale hat es geschafft, auch dank des freien Eintritts, das Interesse der städtischen Bürgerschaft zu wecken, die die Veranstaltungsorte wie den neoklassizistischen Palacio de San Francisco regelrecht flutete.

Die Neugier auf Kunst war selbst beim nicht fachkundigen Publikum groß. Parallel zur Biennale fand die mittlerweile 21. Ausgabe der Kunstmesse ArtBo statt, organisiert von der Handelskammer Bogotá. Mit nur 46 Ausstellern würde man sie andernorts als „Boutique“-Messe bezeichnen. Tatsächlich hat sie, besonders durch die Auswirkungen der Covid-Pandemie, viele Teilnehmer verloren – einst trafen sich hier 80 Galerien. Dasselbe Schicksal traf auch andere Kunstmessen in Lateinamerika. Einzig die Zona Maco in Mexiko-Stadt konnte sich gegen den Trend behaupten, nicht zuletzt durch die wachsende Attraktivität der Stadt selbst.

Hoffnung auf eine neue Generation

Die ArtBo hat noch Luft nach oben. Trotz ihrer Wachstumsambitionen will sie aber nicht zu groß werden – angesichts des überschaubaren lokalen Kunstmarkts. Ihre Mission ist klar: die kolumbianischen Künstler stärker in den Markt und in die öffentliche Wahrnehmung zu bringen. Globalisiert ist die Messe aber noch lange nicht, die meisten Galerien stammen aus Kolumbien.

Unter den wenigen internationalen ist die Pariser Galerie Mor Charpentier, deren Mitgründer Alex Mor Kolumbianer ist und seit 2021 auch einen Standort in einer geschmackvollen Villa von Bogotá betreibt. Ein Drittel des Programms ist südamerikanisch; vertreten sind Künstler wie Óscar Muñoz, einer der international bekanntesten Kolumbianer, der derzeit auch eine Einzelausstellung im Mambo zeigt. „Seit einem Jahrzehnt ist der Markt im Vergleich zur Blütezeit zwischen 2011 und 2015 rückläufig“, kommentierte sein Geschäftspartner Philippe Charpentier die Lage. „Viele Sammler sind weggegangen, doch eine neue Generation tritt auf die regionale Bühne. Und die Kunst ist von hoher Qualität.“

Aus New York reiste der Kunsthändler Leon Tovar an, ebenfalls im Vorstand der Messe und – wie Mor – mit kolumbianischen Wurzeln. Seine Galerie vertritt in den USA vor allem Künstler des 20. Jahrhunderts; in Bogotá betreibt er mit LT Projects jedoch einen Raum, der Gegenwartskunst fördert und vergessene Positionen zeigt. So etwa Emma Reyes (1919–2003), eine zentrale Figur der kolumbianischen Moderne, die noch immer nicht die gebührende internationale Anerkennung gefunden hat.

Auch die brasilianische Galerie Vermelho aus São Paulo war mit ihren kolumbianischen Künstlern vertreten, darunter Iván Argote. Auf der Bog25 zeigt er zudem eine monumentale Steinskulptur, übersät mit den Spuren von Küssen. Für den 42-jährigen Filmemacher und Installationskünstler ein Akt der Versöhnung mit dem harten Material – der Versuch, etwas Raues und Kaltes weich und sanft werden zu lassen, ein Hauch von Poesie durch die Verbindung von Alltagsobjekten mit Fragmenten der Geschichte.

Die Berliner Galerie Klemm’s war 2024 Gast der ArtBo und fehlte diesmal nur terminbedingt. „Wir haben die Messe als sehr positiv empfunden, sowohl was die Stimmung als auch das Interesse von Kuratoren und Sammlern angeht“, sagte Silvia Bonsiepe, Mitgründerin der international messeerfahrenen Galerie. Mit einer Solopräsentation des jung verstorbenen kolumbianischen Künstlers Juan Pablo Echeverri waren sie damals in die kuratierte Sektion eingeladen. „So gab es schnell Anknüpfungspunkte an die lokale Szene, die wir als sehr agil und offen entdeckt haben.“ In den kommenden Jahren möchte die Galerie Klemm’s zurückkehren, „da die Messe wirklich einen guten Einstieg in die lateinamerikanische Kunst- und Sammlerszene bietet“.

Die Sammler, die man auf der Messe traf, waren überwiegend Kolumbianer. Ein deutsches Paar mit Wohnsitz in der Schweiz war auf Einladung der Galerie des von ihnen gesammelten Künstlers Felipe González angereist – allerdings nicht ohne Bedenken: Die Unsicherheit im Land empfanden sie trotz wachsendem Tourismus als einschüchternd. Doch die künstlerischen Entdeckungen auf der Messe wie der Biennale hätten ihre Sorgen mehr als aufgewogen.

Regional, lokal – das heißt nicht, dass es keine erfolgreichen Geschäfte gab. Viele Galerien meldeten gute Verkäufe. Mit Preisen meist unter 25.000 Euro empfiehlt sich die kolumbianische Kunst als noch wenig erschlossenes Terrain. Denn auch wenn die Sammlerschaft noch schmal sein mag – die Künstler nutzen die Bühnen, die ihnen die Stadt bietet. In ihren Arbeiten gehen sie unbeirrt heiße Themen der politischen und sozialen Vergangenheit an: den bewaffneten Konflikt, den Drogenhandel, die Gewalt.

Besonders eindrucksvoll gelingt dies Doris Salcedo. Mit ihrem Werk „Fragmentos“ schuf die mit vielen Preisen ausgezeichnete Kolumbianerin ein Denkmal. Teil des Friedensabkommens von 2016 zwischen der linken Guerilla-Organisation Farc und der Regierung Kolumbiens war die Waffenübergabe. Salcedo goss aus den eingeschmolzenen Gewehren der Farc den Bodenbelag für ein Haus im Viertel La Candelaria: ein Ort der Kunst und der Erinnerung.

Flankiert wird die Installation in dem zum Museum umgewidmeten Haus aus der Kolonialzeit von zwei ebenso kraftvollen wie bewegenden Ausstellungen: Einerseits hängen dort Gemälde des britisch-kenianischen Malers Michael Armitage, die das tragische Schicksal von Migranten im Mittelmeer thematisieren, andererseits hört man eine Klanginstallation der kanadischen Künstlerin Hajra Waheed (ebenfalls von Mor Charpentier vertreten), die vorführt, wie die menschliche Stimme Grenzen überwindet und Völker verbindet.

Bogotá setzt nach der politischen Beruhigung zunehmend auch auf Tourismus. Eine Galerie-Tour ist die beste Möglichkeit, sich in der Höhenluft zu akklimatisieren. Nicht nur beim „ArtBo Weekend“ im April, bei dem die Galerien – überwiegend in den eleganten Vierteln Chapinero und La Macarena gelegen – gemeinsam auftreten. Besonders prachtvoll: die Casas Riegner. Die gleichnamige Galerie ist auch bei der Art Basel in Basel präsent und vertritt die einflussreiche Malerin Beatriz González. Die 87-Jährige, bekannt für ihre poppige Bildsprache und die Aneignung von Zeitungsbildern, gilt als Grande Dame der kolumbianischen Szene, die Generationen südamerikanischer Künstler geprägt hat.

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