Der neue Intendant des Norddeutschen Rundfunks, Hendrik Lünenborg, hat den Umgang seines Hauses mit dem neuen ARD-Reportageformat „Klar“ und dessen Moderatorin Julia Ruhs scharf kritisiert. „Das hätte so, wie es passiert ist, nicht passieren dürfen“, sagte Lünenborg, der erst seit 1. September im Amt ist, am Freitag bei der Sitzung des NDR-Rundfunkrats in Hamburg.
Es seien gleich auf mehreren Ebenen Fehler gemacht worden, so Lünenborg weiter. Dies betreffe das „Programm-Management, die Überführung von ‚Klar‘ in den Regelbetrieb nach der Pilotphase und anschließend in der Kommunikation“.
Die Diskussion um das ausdrücklich konservative Stimmen berücksichtigende Magazin hatte für massive Kritik auch aus politischen Kreisen gesorgt. Der NDR hatte zunächst nur mitgeteilt, das gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) verantwortete Format werde zwar fortgesetzt. Der NDR werde aber nicht mehr mit Ruhs zusammenarbeiten, die die bislang drei Pilotausgaben von „Klar“ moderiert hatte. Ruhs, die nicht beim NDR angestellt, sondern freie Mitarbeiterin des BR ist, hatte dem NDR darauf „Cancel Culture“ und mangelnde Meinungsvielfalt vorgeworfen.
Intendant will Augenhöhe mit Publikum
Zuvor hatte WELT über eine interne NDR-Kampagne gegen „Klar“ und Ruhs berichtet. Mit Blick auf den internen Umgang mit dem Thema sagte Lünenborg: „Unsere Debattenkultur ist im Moment nicht im allerbesten Zustand.“ Der NDR wolle jetzt einen Prozess aufsetzen, „der Debattenkultur nachhaltig verbessert“, so der Intendant. Ihm sei die „Perspektivenvielfalt wichtig“. Da dies „kein Selbstläufer“ sei, werde auch hier ein entsprechender Prozess aufgesetzt. „Die Perspektivenerweiterung ist die zentrale Aufgabe für den NDR in den nächsten Jahren“, so Lünenborg.
Die Kontroverse hatte auch den Amtsantritt des neuen Intendanten überschattet. So hatte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nicht an der offiziellen Amtseinführung von Lünenborg Mitte September teilgenommen, sondern eine zeitgleich stattfindende Lesung von Ruhs besucht, wo diese ihr neues Buch „Links-grüne Meinungsmacht – die Spaltung unseres Landes“ vorstellte. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimar (parteilos) und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatten den NDR zum Teil scharf kritisiert.
Der für „Klar“ zuständige NDR-Programmdirektor Frank Beckmann räumte Fehler in der Kommunikation ein. Nach dem „durchgestochenen Artikel in der WELT“ hätte der NDR sich erklären müssen, sei aber dazu noch nicht in der Lage gewesen. Die „politische Dimension“ habe man ebenfalls nicht gesehen: „Wir haben nicht damit gerechnet, dass das höchste politische Kreise erreicht.“
Dabei sei immer klar gewesen, dass der NDR Julia Ruhs „nur für die drei Piloten engagiert“ habe. „Wir haben ihr nie gesagt, dass sie weitere Sendungen moderieren wird“, sagte Beckmann. Nach den Vorwürfen von Ruhs hatte der NDR mitgeteilt, dass künftig die ehemalige „Bild“-Chefredakteurin Tanit Koch die vom NDR verantworteten Ausgaben von „Klar“ moderiert. Julia Ruhs bleibt Moderatorin der „Klar“-Folgen des BR.
Der Rundfunkratsvorsitzende Nico Fickinger sagte, das Gremium habe massive Kritik am Vorgehen des NDR erhalten. Diese sei sehr oft „zu pauschal“ und sprachlich zum Teil fragwürdig gewesen. Gegen die erste Folge von „Klar“ über Migrationspolitik liegt eine formale Programmbeschwerde nach dem Rundfunkstaatsvertrag vor. Über diese sollte im weiteren Verlauf der Sitzung beraten werden.
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