Vielleicht feiert sie auf einer Jacht, mit Zigarre im Mund und eisgekühltem Drink in der Hand? Dieses Bild wäre der Welt nicht unbekannt – bereits vergangenen April hat sie selbst ein solches auf der sozialen Plattform X gepostet. Damals allerdings in anderem Zusammenhang – als vorläufigen Höhepunkt einer Debatte, in deren Verlauf Joanne K. Rowling zu einer der umstrittensten Personen der Gegenwart geworden ist.

Spulen wir sechs Jahre zurück: Im Dezember 2019 schreibt Rowling diesen Tweet: «Kleide Dich, wie Du magst. Nenn Dich, wie Du möchtest … aber Frauen aus ihrem Job zu drängen, weil sie sagen, dass es Geschlecht tatsächlich gibt?» Die Autorin reagiert damit auf die Entlassung einer Steuerexpertin, die öffentlich gesagt hat, dass Geschlecht biologisch definiert sei. Alle trans Personen fühlen sich heftig angegriffen, und die Antworten kommen postwendend: Rowling wird als transphob beschimpft und bedroht.

Kein Hass, sondern Solidarität

Es ist der Beginn einer bis heute andauernden, sehr emotionalen Debatte, deren Ton sich im Lauf der Jahre auf beiden Seiten verschärft hat. Im April dieses Jahres feierte Rowling – eben mit Zigarre und Drink – das Urteil des Obersten Gerichtshofes in Grossbritannien, der unter anderem entschieden hatte, dass die Begriffe «Frau» und «Geschlecht» eine «biologische Frau» und ein «biologisches Geschlecht» bedeuten.

Legende: Ihre Bücher brachten alle zusammen – ihre Aussagen spalten ihre Fangemeinde. Imago/Brigani-Art

Dieses Urteil entspricht Rowlings Ansicht: «Wenn das Geschlecht nicht real ist, ist auch die gelebte Realität von Frauen weltweit ausradiert,» schreibt sie auf X.

In einem Blogeintrag aus dem Jahr 2020 bemüht sie sich noch um eine differenzierte Sichtweise, teilt persönliche Erfahrungen, wie ihre eigene Unsicherheit als Jugendliche in Bezug auf ihre sexuelle Identität. Erzählt, dass sie häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch erfahren hat.  Deshalb empfinde sie grosse Solidarität – nicht «nur» mit Frauen, sondern auch mit trans Frauen, die besonders oft Opfer seien.

Die Glaubwürdigkeit dieser Äusserungen wurde in den letzten Jahren zunehmend fraglich. Immer wieder sorgte Rowling für Provokationen – als sie sagte, dass sie lieber ins Gefängnis ginge, als «falsche» Pronomen zu verwenden. Oder sich am Muttertag über geschlechtsneutrale Sprache lustig machte.

Geht das Harry-Potter-Universum unter?

Rowling hat sich regelrecht verbissen in dieses Thema und riskiert, dass ihr Vermächtnis – das Harry-Potter-Universum – immer mehr in Frage gestellt wird.

Die beispiellose Erfolgsgeschichte begann vor fast 30 Jahren. Damals hat Harry zum Flug auf seinem Besen angesetzt und die Welt der Muggels für immer verändert. Plötzlich gab es eine Geschichte, die unterschiedliche Generationen mit unterschiedlichen Vorlieben gleichermassen anspricht, in der (fast) jede und jeder eine Identifikationsfigur findet, die erlaubt, in ein eigenes Universum abzutauchen und sich darüber mit der ganzen Welt auszutauschen.

Eine wesentliche Rolle spielte dabei auch Rowling selbst. Ihre Geschichte der alleinerziehenden Mutter, die in bescheidenen Verhältnissen leben muss und es bis ganz nach oben schafft, bot ideales Identifikationspotenzial.

Schade, wenn sie ihren grossen Verdienst weiterhin aufs Spiel setzt.

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