Vor 32 Jahren brilliert Robin Williams in der Komödie "Mrs. Doubtfire" als arbeitssuchender Schauspieler, der in die Rolle des titelgebenden Kindermädchens schlüpft, um trotz Trennung von seiner Frau noch bei seinen Kindern sein zu können. So weit, so bekannt. Inzwischen wurde diese Geschichte für die Bühne adaptiert, und zwar als Musical. Ende 2021 zunächst am Broadway in New York, im März 2023 dann auch am West End in London. Jetzt kommt das Ganze aber auch nach Deutschland. Ab Anfang November tanzen und singen Mrs. Doubtfire und ihre/seine Familie über die Bühne des Capitol Theaters.
Im Interview mit ntv.de erklärt Michael Driemler-Falk, ausführender Produzent, was die größte Herausforderung an einer deutschen Adaption ist, wie man die richtige Besetzung findet und warum Düsseldorf der perfekte Spielort für diese Story ist.
Herr Driemler-Falk, manchmal zünden Musicals in Deutschland nicht so wie erwartet, obwohl sie andernorts ein Hit sind. Liegt das womöglich an der Übersetzung? Oder ist es die deutsche Sprache selbst, die es schwierig macht?
Michael Driemler-Falk: Das ist eine gute Frage, die wir uns auch stellen. Gerade bei Jukebox-Musicals ist die Übersetzung ein großes Thema. Beim Musical "Moulin Rouge" in Köln haben wir uns auch gefragt, wie viele Songs wir wirklich auf Deutsch übersetzen wollen. Wir diskutieren inzwischen sogar, ob wir manche Stücke wieder auf Englisch zurückbringen, weil unser Publikum jünger wird. Aber beim Musical "Mrs. Doubtfire" ist die Entscheidung klar: Alle Songs stehen im Kontext zur Geschichte und sind speziell für das Musical komponiert. Sie müssen übersetzt werden, damit die Logik der Geschichte erhalten bleibt. Es gibt keine Motivation, das Musical auf Englisch zu spielen.
Könnte man nicht mit Untertiteln oder anderen technischen Lösungen arbeiten, um Songs im Original zu belassen?
Das wird immer wieder diskutiert, sogar mit Ideen wie kleinen Tablets an den Sitzen. Aber am Ende ist es eine Frage der Textstruktur: Wenn der Text die Geschichte vorantreibt, muss er übersetzt werden. Bei "Mrs. Doubtfire" ist das der Fall. Es gibt jedoch Songs, bei denen das nicht so wichtig ist, und die könnten theoretisch auf Englisch bleiben. So ist es vor allem bei sogenannten Jukebox-Musicals. Aber hier handelt es sich um ein klassisch strukturiertes Musical, bei dem die Songs eng mit der Handlung verwoben sind. Die Übersetzung ist also essenziell.
Wie war Ihr persönliches Verhältnis zum Film "Mrs. Doubtfire" von 1993? Und können Sie kurz erklären, wie überhaupt die Idee entsteht, aus einem Film ein Musical zu machen?
Der Film hat mich damals natürlich auch erreicht, aber ich habe ihn, ehrlich gesagt, nicht im Kino gesehen, sondern im Fernsehen. Ich fand ihn witzig und mochte ihn, aber er war für mich kein Film, bei dem ich dachte: "Daraus muss mal ein Musical werden." Die Idee stammt von den amerikanischen Produzenten. In der Zeit, als viele Filme für die Bühne adaptiert wurden, haben sie in den Filmkatalogen geschaut, welche Geschichten sich eignen. "Mrs. Doubtfire" bietet mit seinen emotionalen Themen wie Liebe, Familie und Zusammenhalt die perfekten Zutaten für ein Musical. Als wir hörten, dass das Stück nach London kommt, haben wir uns direkt um die Lizenz bemüht. Es ist eine universelle Geschichte, die Familien anspricht - das passt hervorragend zum deutschen Markt.
Wird bei jeder Entwicklung von Anfang an der internationale Markt mitgedacht?
Absolut. Man nennt das den "internationalen Rollout". Das ist ähnlich wie beim Film. Man startet am Broadway oder im West End, und wenn das Musical dort erfolgreich ist, geht es in andere Märkte wie Tokio, Deutschland oder Australien. Bei "Mrs. Doubtfire" haben wir uns bewusst für eine sogenannte "Replika-Produktion" entschieden. Das bedeutet, wir arbeiten eng mit den Originalproduzenten und dem Kreativteam zusammen, um die Inszenierung für Deutschland zu adaptieren. Das ist wichtig, weil der Erfolg des Stücks stark von der Hauptfigur Daniel und dem originalen kreativen Ansatz abhängt.
Was waren die größten Herausforderungen bei der deutschen Adaption?
Die größte Herausforderung ist immer, einen Film auf die Bühne zu bringen. Warum müssen die Figuren plötzlich singen und tanzen, wenn sie vorher nur gespielt haben? Bei "Mrs. Doubtfire" liegt die Spannungsebene in der Musik. Die Songs bringen verschiedene emotionale Ebenen hinein, die im Film so nicht vorkommen. Besonders herausfordernd ist die Übersetzung der Songs. Deutsche Texte brauchen oft mehr Wörter, und wir sind noch mitten im Prozess, die Übersetzungen auf die Rhythmik der Musik abzustimmen. Die Dialoge lassen sich relativ leicht übersetzen, aber die Songs sind lyrisch und voller Reime. Das erfordert viel Fingerspitzengefühl.
Der Film ist über 30 Jahre alt. Ist die Geschichte an einigen Stellen modernisiert worden, um sie an gesellschaftliche Gegebenheiten anzupassen?
Der Film spielt im Heute. Die Kinder haben Handys, und Daniel bewirbt sich immer noch beim Fernsehen, nicht als Social-Media-Star. Wir haben aber bewusst darauf verzichtet, die Geschichte zu "queeren" oder zu modernisieren. Daniel schlüpft aus einer Notlage heraus in die Rolle von Mrs. Doubtfire. Diese Rolle ist letztlich geschlechterneutral - es hätte auch ein Fußballtrainer oder eine Gymnastiklehrerin sein können. Natürlich haben wir versucht, etwas weniger Klischees und Sexismus aus den 90ern zu übernehmen, aber die zentrale Geschichte bleibt.
Die Hauptfigur ist also entscheidend für den Erfolg. Wie schwierig ist dementsprechend so ein Casting?
Sehr! Die Rolle ist extrem anspruchsvoll. Daniel hat unzählige Kostümwechsel, trägt einen Fatsuit und ist fast durchgehend auf der Bühne. Viele Darsteller haben schon nach der ersten Sichtung gesagt: "Das ist nichts für mich." Aber wir haben großartige Leute gefunden. Unser Hauptdarsteller hat nicht nur die schauspielerische und gesangliche Qualität, sondern auch das Verständnis für den Humor und die emotionale Tiefe der Figur. Besonders beeindruckend ist, wie er die Rolle der Mrs. Doubtfire verkörpert - nicht klischeehaft, sondern mit viel Empathie und Verständnis.
Was macht das Capitol Theater in Düsseldorf zum richtigen Standort?
Düsseldorf ist perfekt, weil es im Herzen von Nordrhein-Westfalen liegt, wo 18 Millionen Menschen in einem Einzugsgebiet von ein bis zwei Stunden leben. Das Theater hat eine intime Atmosphäre mit 1150 Plätzen, was für ein Stück wie "Mrs. Doubtfire" ideal ist. Familienunterhaltung funktioniert hier sehr gut, wie wir schon mit Produktionen wie "Abenteuerland" gesehen haben. Außerdem haben wir das Theater in eigener Hand, was logistisch einfach Sinn ergibt.
Gibt es Pläne, auch dieses Musical später auf Tour zu schicken?
Absolut. Der Plan ist immer, eine Produktion möglichst lange am Leben zu halten. Wir starten in Düsseldorf, aber wenn das Musical erfolgreich läuft, ist eine Tournee definitiv eine Option. Das ist bei fast allen Produktionen so, außer bei technisch extrem anspruchsvollen wie "Starlight Express".
Haben Sie eine Lieblingsszene?
Es gibt zwei Szenen, die mir besonders gefallen. Die erste ist, wenn Daniel das erste Mal als Mrs. Doubtfire auftritt und dann plötzlich Besuch vom Jugendamt bekommt. Die Situationskomik und das Timing sind einfach großartig. Die zweite Szene ist das Chaos im Restaurant, wenn Daniel zwischen zwei Rollen hin und her wechseln muss. Aber es gibt auch sehr emotionale Momente, wie das Duett zwischen Daniel und seiner Tochter. Diese Szenen geben dem Musical eine Tiefe, die den Film sogar übertrifft.
Mit Michael Driemler-Falk sprach Nicole Ankelmann
Die Premiere von "Mrs. Doubtfire" im Capitol Theater in Düsseldorf findet am 6. November statt. Tickets für die kommenden Vorstellungen gibt es auf der Website.
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