Verkaufsgerüchte um Sky Deutschland gab es schon vor einer ganzen Weile. Dem US-Kabelnetzbetreiber Comcast, der Sky vor knapp sieben Jahren übernommen hatte, wurde damals nachgesagt, dass er sich von dem deutschsprachigen Teil des Medienunternehmens trennen wollte. Die Zahlen des Bezahlsenders waren rot, es lief nicht rund in München. Doch zu einem Verkauf kam es dann nie, Gespräche mit den deutschen Privatsendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 blieben lange ohne Ergebnis.

Nun schlägt die RTL Group doch zu – und übernimmt das Sky-Geschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz (vorbehaltlich der Genehmigung durch das Europäische Kartellamt). Für einen ziemlich attraktiven Preis von 150 Millionen Euro. Der sich um maximal 377 Millionen Euro erhöhen kann, wenn die RTL-Aktie steigt. Für den vollen Zusatzpreis müsste das Papier auf einen Stückpreis von 70 Euro klettern, am Freitagmorgen (vor Bekanntgabe des Kaufs) waren es noch knapp 32 Euro.

Warum kauft RTL, das mehrheitlich zum Bertelsmann-Konzern gehört, nun doch zu? Zum einen soll sich Sky Deutschland in den vergangenen zwei Jahren wirtschaftlich stark verbessert haben. Es heißt, man sei nahe dran am Break-even, also dem Austritt aus der Verlustzone. Dazu beigetragen hat ein massives Sparprogramm inklusive Stellenabbau. Zudem wurde die Produktion fiktionaler Serien (u.a. „Das Boot“, „Der Pass“ und in Koproduktion mit der ARD „Babylon Berlin“) eingestellt. Der Jahresumsatz von Sky Deutschland liegt laut offiziellen Angaben bei zwei Milliarden Euro.

Außerdem sicherte sich Sky im Frühjahr nach hartem Kampf wieder Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga, die Verträge laufen nun bis zur Saison 2028/29. Zwar wird die Bundesliga-Konferenz am Samstag künftig vom Konkurrenten DAZN übertragen, doch Sky ersteigerte die Live-Rechte an den Einzelspielen am Freitagabend (20.30 Uhr) und Samstag (15.30 Uhr sowie Topspiel um 18.30 Uhr). Die Bundesliga-Rechte sind eine Art Lebensversicherung für Sky Deutschland, so wie Sky auch im Mutterland England und in Italien Abonnenten traditionell mit Sportrechten Kunden gewinnt.

HBO-Serien – eine offene Frage

Sky und RTL sind bereits im vergangenen Jahr eine Partnerschaft bei der Übertragung der Formel 1 eingegangen. Die ganze Saison gibt es im Bezahlangebot von Sky, einzelne Rennen laufen auch frei empfangbar bei RTL. Ähnliche Varianten sind jetzt auch für den Fußball oder beispielsweise die ATP-Tennistour denkbar – das komplette Programm gegen Bezahlung, einzelne Spiele frei empfangbar, was im Zusammenspiel für mehr Werbeumsätze und mehr Abonnenten sorgen könnte.

Unklar ist bisher noch, was mit den starken Serien des US-Senders HBO passiert, die von Sky/WOW per Lizenzvereinbarung angeboten werden dürfen. Im kommenden Jahr könnte nämlich der Streamingdienst HBO Max in Deutschland starten. Also noch mehr Konkurrenz (und Unübersichtlichkeit) auf dem Streaming-Markt.

In Deutschland hat die RTL Group seit einiger Zeit ein eigenes Streamingangebot aufgebaut, das RTL+ heißt. Bis Ende 2026 will man zehn Millionen Abonnenten haben, derzeit vermeldet das Unternehmen 6,3 Millionen Abos. Die Sky-Bezahlangebote plus der Streamingdienst WOW, den Sky vor drei Jahren in Deutschland startete, um Abonnenten zu gewinnen, die keine Set-Top-Boxen installieren und auch weniger Abogebühr bezahlen wollen, liegen lauf offiziellen Angaben bei 5,1 Millionen. Macht zusammen rund 11,5 Millionen Abos. Damit sortiert sich RTL in Deutschland auf Platz 3 der Streaming-Anbieter ein, hinter Netflix und Amazon Prime Video und vor Disney+.

Bertelsmanns Wette auf die Zukunft

Der Kauf ist für RTL/Bertelsmann und damit auch für den deutschen Medienmarkt ein ziemlich großes Ding. Die Konkurrenz von ProSiebenSat.1 könnte durch diese neue Marktmacht weiter ins Hintertreffen geraten. Zwar gibt es dort mit der Berlusconi-Holding MFE ebenfalls einen starken internationalen Partner im Hintergrund, doch bei dieser Kombi dürfte P7S1 nicht mithalten können. Bertelsmann-CEO Thomas Rabe spricht dann auch von einem „Meilenstein“ – für Bertelsmann wie für die europäische Medienindustrie.

Rabe hat sich zum Ziel gesetzt, einen „nationalen Medien-Champion“ aufzustellen, um mit den globalen Streaming-Giganten mithalten zu können. International musste Rabe in den vergangenen Jahren allerdings Rückschläge hinnehmen, so scheiterte eine Fusion der Sender M6 (an der die RTL Group maßgeblich beteiligt ist) und TF1 in Frankreich. Auch in den Niederlanden gelang eine Fernseh-Fusion nicht.

Die Option, dass RTL und P7S1 in Deutschland zusammengehen, dürfte mit dem Sky-Coup nun allerdings erst einmal vom Tisch sein. Sky Deutschland, das zwar weiter wichtige Sportrechte besitzt, aber in den vergangenen Jahren erheblich schwächelte, könnte vom Verlustbringer und Ladenhüter doch noch zum strategischen Schnäppchen werden. Die Programmangebote beider Marken ergänzen sich gut: im besten Fall entsteht hier mehr als nur die Summe der Teile. Das ist zwar eine Wette auf die Zukunft, aber für RTL eine mit guter Gewinnchance.

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