In Staffel zwei von "Kaulitz & Kaulitz" gibt's keine Tabus: Sex in Erbrochenem, Liebesdramen mit Marc Eggers und jede Menge Alkohol. Die Promi-Kolumne in dieser Woche über eine Reality-Doku, die vulgär und völlig überdreht ist und genau deshalb garantiert wieder ein Hit wird.

Da sitzen sie also wieder, die wohl bekanntesten Eier aus einem Magdeburger Nest: Bill und Tom Kaulitz. Gut gelaunt, mit 'nem Gläschen Schampus in der Hand und einer Prise Selbstironie im Gepäck. Staffel zwei von "Kaulitz & Kaulitz" ist draußen und das, obschon "die berühmtesten Zwillinge der Welt" selbst sagen, nicht mit einer Fortsetzung gerechnet zu haben.

Aber von vorn: Wer bei dieser Reality-Doku gesellschaftspolitische Tiefen oder dramaturgische Spannungsbögen erwartet, hat vollkommen falsche Vorstellungen. Hier geht's in erster Linie um Jetset, persönliche Befindlichkeiten, Besäufnisse und um sehr viel Lachen, allem voran das ansteckende von Bill Kaulitz.

Man begleitet die beiden zwischen L.A. und Hamburg, zwischen Parfüm-Launch und Tequila-Probe, beim Frühstück mit Kater und beim Dinner mit Freunden. Und manchmal eben auch beim Sex-Talk mit halbem Mageninhalt. Ja, Sie haben richtig gelesen! Bill Kaulitz berichtet ernsthaft davon, mit seinem Ex-Liebhaber Marc Eggers in dessen Erbrochenem geschlafen und ihm "die Kotze vom Bein geleckt" zu haben. Derlei intime Einblicke in sein Sexleben gewährt er mit einer Freude und Gelassenheit, dass er gar nicht merkt, dass seine Freunde gerade das Abendessen vorbereiten. Es gibt selbstgemachtes Frikassee, das, wenn man Heidi Klum zuhört, auch ein bisschen so aussieht wie das Malheur von Bills Ex-Partner.

Überhaupt dreht sich bei Bill Kaulitz gefühlt sehr sehr viel um Sex. Um "Schwänze", große Schwänze, kleine Schwänze, um Haare, um Lutsch-Vergleiche und Anmachsprüche, bei denen man das Gefühl hat, er gräbt alles an, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich darf man sexistische Witze machen, natürlich darf man über Sex reden, aber die Dosierung macht's! Und hier ist alles irgendwann nur noch übersalzen. So fantasiert er von Sex mit seinem Assistenten, von Sex mit Männern, die viel Brustbehaarung und hoffentlich keine kleinen Schwänze haben, denn die sind wie gesagt, ja "schnell gelutscht".

Sex, Kotze und Marc Eggers

Der Fokus auf das Sexuelle ist insofern vor allem dann traurig, gar regelrecht dramatisch, wenn man dann auch noch erfährt, dass der Mann, in den Bill verliebt war und mit dem er in dessen "Kotze geschlafen" hat, ihn mehrfach betrogen hat. Offen über Sex und seine Gefühle reden? Wunderbar. Aber all die Intimitäten, die der 35-Jährige da so vor der Kamera ausbreitet, beginnen - zumindest macht das den Anschein - selbst seinen Bruder und die anderen Bandmitglieder Georg und Gustav zu nerven.

Aber gut. Sex sells. Und gehört vor allem bei Bill eben zum Storytelling. Und ja, es macht irgendwie auch Spaß, dabei zuzusehen, wie die Kaulitz-Brüder sich streiten und wieder vertragen, ihre Hunde durch die Gegend schleppen oder auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind.

Doch so ganz ohne Bauchgrummeln geht das nicht. Man sieht Bill, wie er gefühlt zum x-ten Mal in einen Luxusladen marschiert und einfach alles kauft, was nicht niet- und nagelfest ist. Und man fragt sich: Muss das sein? In Zeiten, in denen viele Menschen überlegen müssen, ob sie sich Butter oder Brot leisten? Natürlich dürfen die beiden mit ihrem Geld machen, was sie wollen. Haben sie sich verdient. Aber ein bisschen weniger Zurschaustellung dieses maßlosen Konsums wäre nicht das Schlechteste.

Und dann ist da noch der Alkohol. In der Doku wird permanent gesoffen, gebechert und geschluckt. Morgens wird noch über den Hangover gewitzelt, mittags perlt schon wieder der Schampus. Das Ganze wird präsentiert wie ein harmloses Lifestyle-Element: haha, hoch die Tassen, wir haben schon mittags "einen im Tee"! Aber genau das ist es nicht. Nicht für alle. Und vielleicht wäre ein Moment des Innehaltens oder zumindest ein kleiner Disclaimer hier nicht verkehrt gewesen.

Gefühlt machen die beiden wirklich alles und sind ständig unterwegs. Zum Proben fehlt oft die Zeit. Geschäftsführer Gustav wünscht sich, dass das gemeinsame Musikmachen wieder in den Fokus rückt. Bald ist das 20-jährige Jubiläum von "Durch den Monsun" - und es gibt keine neuen Songs.

So viel Luxus, so wenig Glück in der Liebe

Stattdessen geht es sehr viel ums Rülpsen, Pupsen und fehlende Tischmanieren - und darum, dass Bill die große Liebe sucht und am liebsten gleich heiraten will. Was wäre der Mensch ohne Träume? Zu Bills zählen: einen Oscar gewinnen und ein Imperium aufbauen. Irgendwo dazwischen wird dann auch noch ein Pool geplant und die Mama in Hamburg besucht, wo leckere Senfeier auf den Tisch kommen.

Ach ja, der Pool! Dafür lässt Bill vor seinem Haus in Hollywood kurzerhand die Bäume fällen. Auf die kritische Nachfrage seines Zwillingsbruders, wieso er unbedingt einen Pool wolle, wo er doch gar nicht gut schwimmen könne und höchstwahrscheinlich nicht einmal ins Wasser gehe, antwortet er: "Wer einen Pool hat, der hat es immer geschafft."

Und genau das ist der Moment, in dem man kurz die Pausetaste drückt. Weil es traurig ist. Diese Logik, dieses Bedürfnis, sich Erfolg durch Oberflächen und Statussymbole zu bestätigen. Wer braucht schon Tiefe, wenn er in den Pool steigen kann?

Was bleibt nach Staffel zwei? Dass diese Serie gleichzeitig völlig banal und ziemlich brillant ist. Weil sie unterhält. Und weil man lachen muss, obwohl es einem ob all der Oberflächlichkeit auch manchmal im Halse stecken bleibt.

Man kann sich darüber aufregen. Muss man aber nicht. Denn "Kaulitz & Kaulitz" ist wie ein Tequila-Shot: brennt kurz und macht das Hirn schummrig. Diese zweite Staffel aber vollkommen kritiklos abzufeiern, ist mindestens genauso lächerlich wie zu erwähnen, seinem Lover die Kotze vom Bein abgeleckt zu haben. Das ist so herrlich substanzlos, dass man darauf doch gleich wieder einen heben könnte! Prösterchen, auf den Erfolg!

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