Ein Meer aus LED-Röhren taucht den Schauraum in wechselnde Farben: blau, magenta, rot, orange. Der Blick verliert sich im linearen Lichtmuster – so recht weiss man nicht, wo die gigantischen Wände enden und wo sie beginnen. Einzelne Basstöne und jazzige Harmonien verstärken den Sog.
In der Halle positionierte Lautsprecher lassen die tiefe Bassmusik von den Betonwänden abprallen, in den Körper eindringen. Unwillkürlich bewegt man sich durch den Raum und sucht immer wieder nach einem neuen Ort zum Verweilen, zum Horchen, Schauen und Fühlen.

Kopfkino für alle
«In dieser Umgebung gibt es keinen festen Bezugsrahmen. Deswegen muss man sich auf sich selbst beziehen oder auf die anderen Menschen, die man im Raum wahrnimmt», sagt Steve McQueen über sein neues Werk. Es ist eine Einladung zum individuellen Kopfkino. Damit wagt der Künstler etwas Neues.
Vor 12 Jahren hat McQueen das Schaulager in Münchenstein noch selbst in eine «Kinostadt» verwandelt. Weltweit lobten Kritiker die radikale Filmsprache seiner Videoinstallationen.
Für viel Aufsehen sorgten auch seine Spielfilme «Hunger» (2008), in dem in äusserster Brutalität Gefangene und Gefängniswärter aufeinanderprallen und «Shame» (2011), der das Leiden eines Sexsüchtigen beschreibt. Für das Geschichtsdrama «12 Years a Slave» gewann der 2013 noch als Underdog gehandelte Regisseur drei Oscars.
Modernes Klagelied
In seinem neuen Werk «Bass» setzt er seine wiederkehrenden Themen Ausbeutung, Gewalt und Menschlichkeit lediglich als Ausgangspunkt. Mit dem bekannten US-amerikanischen Bassisten Marcus Miller und weiteren Musikerinnen und Musikern der Schwarzen Diaspora kreierte er ein dreistündiges Improvisationsstück.
«In der Musik gibt es viele Bezüge zur transatlantischen Route, auf der versklavte Menschen von Westafrika in die sogenannte Neue Welt verschleppt wurden», sagt McQueen. Seine Musik orientiert sich an Strukturen des Blues: Schmerz und Verlust gehen Hand in Hand mit Liebesgeschichten und fröhlichen Gospelsongs. «Ich nehme den Schmerz als Ausgangspunkt, um etwas Neues daraus zu entwickeln.»
Bass als Empowerment
Hauptdarsteller dieser Klangreise ist der Bass. McQueens Faszination für die tiefen Töne ist kein Zufall. «In der Schwarzen Musik gibt es eine körperliche Resonanz, es gibt dort ein Erwachen durch den Bass», sagt McQueen. Der Bass ist oftmals der treibende Hintergrund westlicher Musikstile. In seiner Ausstellung bringt er den Bass hingegen in den Vordergrund.

Und das spürt man. Die tiefen, mal hüpfenden, mal treibenden Töne berühren. Das mäandernde Spiel aus Farbe und Klang erlaubt dem Publikum alles. Es gibt keine bestimmte Lesart dessen, was zu erleben ist. Alles kann gedacht und gefühlt werden. Die Ausstellung «Bass» versucht sich als kleiner Freiraum in diesen hektischen Zeiten.
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