Warum ausgerechnet in diesem kühlen Frühsommer so viel Hitzepanik verbreitet wird, ist rätselhaft. Die wahrscheinlichste Erklärung: Wir sollen auf gar keinen Fall, auch nicht für wenige regnerische, frische Junitage, den Klimawandel vergessen oder gar aufhören, Angst davor zu haben. Nachdem in der vorigen Woche der neue „Musterhitzeschutzplan für den organisierten Sport“ (für die Abkürzung „MuhischufüdeoS“ melden wir Patentschutz an) vorgeschlagen hatte, bei Sportveranstaltungen im Sommer auf Alkohol und Grillen zu verzichten, fordert nun die Linkspartei Hitzefrei für Arbeitende ab 30 Grad.
Das eine ergibt sich folgerichtig aus dem anderen, denn Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte das Grill- und Bierverbot begründet: „Jedes Jahr sterben Vorerkrankte, ältere Menschen, aber auch Sportler oder Menschen, die draußen arbeiten, wenn die Temperaturen Rekorde brechen.“ Wahr daran ist, dass jedes Jahr Menschen sterben, besonders oft Kranke und Ältere. Auch im Sommer. Auch bei Hitze. Wie hoch der Anteil gesunder Sportler und Arbeiter, die ausreichend getrunken haben, unter den 6000 „Hitzetoten“, die das Robert-Koch-Institut (RKI) 2023 und 2024 gezählt hat, bleibt genauso im Unklaren wie die Antwort auf die Frage, seit wann eigentlich 30 Grad im Sommer als unerträglich heiß gelten.
Es gab eine Zeit, da traute man Erwachsenen zu, dass sie selbst erkennen, wann es zu warm für körperliche Anstrengungen ist. Man schrieb das Jahr 1948, und sehr viele amerikanische Männer waren erst vor Kurzem noch bei kaum erträglicher Hitze in Panzern, Flugzeugen und Kriegsschiffen zusammengepfercht gewesen. Die Euphorie des Überlebens steigerte zwar ihre Libido, aber wenn es heiß wurde, dämpfte das ihre Lust. Davon handelt Cole Porters „Too Darn Hot“ aus dem Musical „Kiss Me, Kate“, eines der größten Lieder, das im 20. Jahrhundert geschrieben wurde – in einer Liga mit „La Mer“, „My Way“ oder „Yesterday“.
Die einzigen Berufsbezeichnungen, die in dem Song erwähnt werden, sind militärisch: der „Marine“ und der „G.I.“, die keinen Antrieb mehr haben, etwas mit ihrer „Queen“ und ihrem „Cutie-Pie“ zu treiben. Dass es dabei um Sex geht, erschließt sich aus vielen Andeutungen und der Textpassage: „According to the Kinsey report / Every average man you know/ Much prefers his lovey-dovey to court/ When the temperature is low.“ 1948 hatte auch der Sexualforscher Alfred Kinsey Amerika mit seinem tabubrechenden Buch „Sexual Behavior in the Human Male“ erschüttert.
Wie viele Alte, Vorerkrankte, Sportler, Arbeiter und sonst wie institutionell Bevormundungsbedürftige beim Sex gestorben sind, wird uns vorenthalten von RKI & Co. Doch Cole Porters Song weist darauf hin, dass es eine Dunkelziffer geben könnte. Auf ein Sexverbot ab 30 Grad oder entsprechende Forderungen einschlägiger Verbotsparteien werden wir aber warten müssen, bis sich in fünf Milliarden Jahren die Sonne abkühlt. In einer Gesellschaft, in der sich Menschen genauso fanatisch über Sex definieren, wie sie sich vor 500 Jahren über Religion definiert haben, würde so etwas mit Sicherheit zum Aufstand führen. Der dann „Sexuelle Revolution“ genannt würde.
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