Nur wenige Stimmen fehlten dem BSW für den Einzug ins Parlament. Eine Klage auf Neuauszählung der Bundestagswahl wies das Bundesverfassungsgericht zurück. Und auch im Bundestag fühlt sich niemand zuständig.

Wenn man mit Sahra Wagenknecht spricht, hört man ihrer Stimme an, wie empört sie ist. Ihr großes politisches Projekt, das Bündnis Sahra Wagenknecht, eine Partei, die komplett auf sie selbst zugeschnitten war und ist, ist bei der Bundestagswahl denkbar knapp gescheitert. Es fehlten nur 0,19 Prozent der abgegebenen Stimmen, damit das BSW die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hätte. Das ist für die erfolgsverwöhnte Wagenknecht schon dramatisch schlimm.  

Doch nun scheint ihre junge Partei auch dabei zu scheitern, diese Wahlniederlage überprüfen zu lassen. Seit Wochen fordert die Partei eine Neuauszählung aller Stimmen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu jetzt - und zur Reihenfolge auf den Stimmzetteln - geurteilt und dem BSW nicht Recht gegeben. Nachdem mehrere Eilanträge bereits im März abgewiesen wurden, nun also auch die endgültige Entscheidung.  

Niemand erklärt sich für Einspruch zuständig

Allerdings verweisen die Richterinnen und Richter in Karlsruhe darauf, dass das BSW sich ja an das "übliche Wahlprüfungsverfahren im Bundestag" wenden könne. Doch da gibt es ein Problem. Denn mehr als drei Monate nach der Wahl gibt es noch immer niemanden, der sich im Bundestag für diesen Einspruch zuständig erklärt. 

Das BSW hat sich an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung gewandt. Doch von dort kommt zurück: "Zu Ihrem Anliegen kann ich mich als Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung nicht äußern. Dieser Ausschuss führt zwar die Wahlprüfung im Titel, diese obliegt aber dem vom Plenum gesondert gewählten Wahlprüfungsausschuss."

Aufklärung kann auch die Pressestelle nicht geben

Es gibt also offenbar einen - wichtigen - Unterschied zwischen dem Ausschuss für Wahlprüfung und dem Wahlprüfungsausschuss.  

Aufklärung kann auch die Pressestelle des Bundestages nicht geben. Von dort wird mitgeteilt, dass sich alle Bundestags-Ausschüsse am 21. Mai konstituiert hatten, so auch der Ausschuss für Wahlprüfung. Den Vorsitz hat Macit Karaahmetoglu von der SPD.  

Der wiederum verweist auf den Wahlprüfungsausschuss (nicht Ausschuss für Wahlprüfung!), nur der sei für die Bewertung der Einsprüche zur Bundestagswahl 2025 zuständig und dieser Ausschuss müsse erst noch vom Plenum gewählt werden. Das Schreiben liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Der Ausschuss-Vorsitzende schreibt weiter: "Der Wahlprüfungsausschuss wird dann abschließend dem Plenum des Deutschen Bundestages zu jedem Einspruch eine Beschlussempfehlung vorlegen. Das Plenum wird anschließend über die Beschlussempfehlung entscheiden."

Stimmung in der Partei ist schlecht

Es ist das dritte Scheitern des BSW. Erst das knappe Wahlergebnis, dann die Urteile des Bundessverfassungsgerichtes und nun der Hinweis, man solle sich an einen Ausschuss wenden, den es (noch) gar nicht gibt. Man ahnt, wie schlecht die Stimmung in der Partei ist, deren großes Ziel es war, in den Bundestag einzuziehen. 

Die Co-Parteivorsitzende des BSW, Amira Mohamed-Ali, fordert den Bundestag dazu auf, endlich zu handeln: "Der Wahlprüfungsausschuss muss in angemessener Zeit über unseren Wahleinspruch entscheiden. Dass dieser Ausschuss nach wie vor nicht einmal konstituiert ist, ist untragbar." Aus Sicht des BSW habe man sogar die Möglichkeit, eine Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, wenn der Wahlprüfungsausschuss (den es noch nicht gibt) nicht in angemessener Frist entscheide. 

Welche Frist ist angemessen?

Allerdings ist nirgendwo hinterlegt, welche Frist "angemessen" ist. Laut Wahlprüfungsgesetz gibt es "keine Frist für die Beratungen und die Abgabe einer Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses an den Deutschen Bundestag". 

Außerdem ist fraglich, ob die Abgeordneten aller Parteien im Bundestag ein großes Interesse daran haben, dass es zu einer Neuauszählung der Bundestagswahl-Stimmen kommt. 

Somit ist eher wahrscheinlich, dass die Begutachtung im Bundestag so lange dauert, dass sich dann die jetzt neue Legislaturperiode schon wieder dem Ende zuneigt. Und sich dann das BSW zwischen dem Ausschuss für Wahlprüfung und dem Wahlprüfungsausschuss aufgerieben hat. Sahra Wagenknecht jedenfalls hat schon mehrmals betont, dass sie sich aus der unmittelbaren Organisation ihrer Partei in absehbarer Zeit zurückziehen wolle.  

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