Zuletzt drangen immer wieder Drohnen in den Luftraum westlicher Staaten ein. Viele Experten vermuten Russland dahinter. Wie kann Deutschland in solchen Situationen reagieren? Die Rechtslage ist komplex.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will das Luftsicherheitsgesetz ändern. Das Ziel: zu ermöglichen, dass die Bundeswehr im Wege sogenannter Amtshilfe Drohnen abschießen darf, die im deutschen Luftraum unterwegs sind.

Die aktuelle Rechtslage in solchen Situationen ist komplex. So spielt etwa eine entscheidende Rolle, wo genau sich die jeweilige Drohne befindet.

Verschiedene Methoden, Drohnen außer Kraft zu setzen

Es gibt verschiedene Wege, Drohnen funktionsunfähig zu machen. Viele Drohnen sind funkgesteuert - sie navigieren mittels GPS-Signalen, die sie von Satelliten erhalten. Mit einem sogenannten "GPS-Jammer" können solche Signale blockiert und die Drohnen zum Absturz gebracht werden.

Es gibt auch "GPS-Spoofer". Mit ihnen werden die Signale nicht nur blockiert, sondern mit neuen, falschen Signalen überlagert. Auf diese Weise kann man Drohnen eine authentisch wirkende, aber eben falsche Positionsangabe vermitteln und sie quasi kapern.

Ein Soldat der Bundeswehr mit einem tragbaren Drohnenstörer vom Typ HP 47. Nach Angaben der Bundeswehr ermöglicht es der schultergestützte Störsender, Einfluss auf eine oder mehrere anfliegende Drohnen zu nehmen.

Schwieriger ist es bei Drohnen, die mittels eines sich beim Flug abrollenden Glasfaserkabels gesteuert werden. Dieses müsste zum Stören der Verbindung getrennt werden.

Eine andere Möglichkeit ist es, solche Drohnen mit Abfangdrohnen und Netzen vom Himmel zu holen. Oder als letztes Mittel, diese Drohnen gezielt zu beschießen. Etwa von einem Kampfflugzeug in der Luft aus oder von einem am Boden befindlichen Waffensystem. Diese Methode birgt natürlich die Gefahr, dass Drohnenteile unkontrolliert herabstürzen und je nach ihrer Größe Schäden verursachen können.

Zuständig ist in der Regel die Polizei

Grundsätzlich liegt die Zuständigkeit für Fälle der Abwehr von nicht genehmigten Drohnenüberflügen zunächst bei der Polizei. Denn deren Sache ist es, die innere Sicherheit zu gewährleisten und Gefahren abzuwehren.

Konkret bedeutet das: Die Polizei der Bundesländer ist in ihrem örtlichen Bereich zuständig. Und die Bundespolizei an den Orten, die ausdrücklich ihrem Zuständigkeitsbereich zugewiesen sind. Das sind etwa Flughäfen und Bahnhöfe und auch der Luftraum direkt darüber.

Die Entscheidung, wie konkret vorgegangen wird, müsste dann von den zuständigen Führungsstellen entschieden werden. Ein Problem an dieser Gemengelage: Die Polizei verfügt über keine Kampfjets oder Flugabwehr-Systeme. Solche hat nur die Bundeswehr. Einen Abschuss mit Luft-Luft-Raketen oder Boden-Luft-Raketen kann die Polizei also gar nicht allein durchführen.

Enge Grenzen für einen Einsatz der Bundeswehr

Die Bundeswehr hat aber laut Verfassung den Auftrag, das Land zu verteidigen. Sie könnte also nur gegen Drohnen vorgehen, die im Rahmen eines militärischen Angriffs auf die Bundesrepublik abgefeuert werden. So wie die Kamikaze-Drohnen, die Russland im Rahmen seines völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine benutzt. Polizeiarbeit soll die Bundeswehr dagegen ausdrücklich nicht leisten.

"Ein Abschuss im Inland mit militärischen Mitteln, also Boden-Luft- oder Luft-Luft-Raketen, wäre rechtlich nicht ohne Weiteres möglich - nicht einmal für die Bundeswehr", sagt Verena Jackson, Juristin an der Universität der Bundeswehr in München. Sie ist Expertin für Drohnenabwehr. "Das wäre nur in Szenarien denkbar, die praktisch schon einem Krieg gleichkommen, denn hier zieht das Grundgesetz sehr enge Grenzen."

Dort heißt es: "Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit es dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt."

"Katastrophenhilfe" und "innerer Notstand"

Das eröffnet aktuell nur eng begrenzte Ausnahmefälle: die sogenannte "Katastrophenhilfe" oder den "inneren Notstand". Beides liegt aber nicht vor, wenn man lediglich den Überflug einer unbewaffneten Drohne unterbinden will. Zwar erfasst die Katastrophenhilfe auch die Abwehr eines "besonders schweren Unglücksfalls" - den könnte man dann annehmen, wenn etwa ein terroristischer Anschlag mit einer Drohne verübt werden würde.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Hürden für solche Fälle allerdings ziemlich hoch gelegt. Es müsse sich um eine "ungewöhnliche Ausnahmesituation katastrophischen Ausmaßes" handeln.

Ein "einfacher" Drohnenüberflug dürfte dafür nicht ausreichen. Und: Wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für die "Katastrophenhilfe" vorliegen, müsste erst die gesamte Bundesregierung einen entsprechenden Bundeswehreinsatz beschließen. Eine einzelne Entscheidung des Verteidigungsministers würde nicht ausreichen.

Zusammenfassend ergibt sich also eine Situation, die die Juristin Verena Jackson so beschreibt: "Die Polizei dürfte eine Drohne im Ernstfall auch abschießen, hat dafür aber schlicht nicht die adäquaten Mittel - die Bundeswehr hätte diese Mittel, darf sie im Rahmen der Amtshilfe im Inland aber nicht einsetzen."

Luftsicherheitsgesetz erlaubt keinen Abschuss

Das Luftsicherheitsgesetz sieht aktuell zwar durchaus vor, dass die Streitkräfte der Bundeswehr die Polizei unterstützen können, soweit es erforderlich ist und ein besonders schwerer Unglücksfall bevorsteht. Allerdings dürfen sie nach Paragraf 14 dieses Gesetzes nur "im Luftraum Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben".

Gezielte Schüsse auf Drohnen sind der Bundeswehr nach dem Wortlaut des Gesetzes also nicht möglich. An diesem Punkt soll nach dem Willen des Innenministers das Gesetz geändert werden, so dass auch Schüsse im Wege der Amtshilfe möglich sein sollen.

Auch Drohnenabwehrzentrum geplant

Expertin Jackson hält das für sinnvoll, mahnt aber, bei den genannten Änderungen nicht das Bundesverfassungsgericht aus den Augen zu verlieren. "Angesichts der aktuellen hybriden Bedrohungen wird man langfristig auch über Änderungen am Grundgesetz diskutieren müssen, um effektiven Schutz zu gewährleisten."

Ein Abschuss unbemannter Drohnen könne - anders als bei entführten Passagierflugzeugen, die als Waffe eingesetzt werden könnten - im Ergebnis erlaubt sein. "Aber nur mit klarer Rechtsgrundlage und als letztes Mittel."

Ebenfalls geplant ist ein Drohnenabwehrzentrum, bei dem die bisher zerstreuten Zuständigkeiten zusammengeführt werden. "Dort könnten Lagebilder gebündelt, Technik getestet und Einsatzverfahren trainiert werden", sagt Jackson.

"Damit ginge es um eine gemeinsame Plattform, die Landespolizeien, Bundespolizei, Bundeswehr und Sicherheitsbehörden handlungsfähiger macht. Denn nicht nur die Rechtslage und die Technik machen unsere Drohnenabwehr kompliziert, sondern auch die fehlende Kommunikation und Abstimmung zwischen Bund und Ländern."

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