Der Bundestag kann am Donnerstag wie geplant über drei neue Verfassungsrichter abstimmen. Der zuständige Ausschuss nominierte am Abend die Juristin Emmenegger als Kandidatin.

Der Richterwahlausschuss des Bundestages schlägt die von der SPD nominierte Sigrid Emmenegger als neue Richterin für das Bundesverfassungsgericht vor. Wie mehrere Nachrichtenagenturen nach Informationen aus Teilnehmerkreisen berichten, erhielt die derzeit als Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig tätige Juristin die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Unterstützung aus der Opposition war nötig

Dem Gremium, das nicht öffentlich tagt, gehören insgesamt zwölf Abgeordnete aus den verschiedenen Fraktionen an. Sie sollten darüber entscheiden, ob der Bundestag über die Benennung Emmeneggers für das höchste Gericht abstimmt. Dazu war die Zustimmung von mindestens acht Ausschussmitgliedern notwendig.

Die Regierungsfraktionen Union und SPD verfügen zusammen nur über sieben Sitze - benötigten für die Personalie also Unterstützung aus anderen Fraktionen, beispielsweise Grüne oder Linke.

Abstimmung am Donnerstag

Die Empfehlung des Ausschusses ist allerdings nur ein Schritt auf dem Weg zum höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe. Union und SPD planen die Abstimmung über die Personalien für Donnerstag. Für die nötige Zweidrittelmehrheit braucht die Koalition dann Stimmen von Grünen und Linken, wenn sie nicht auf die AfD angewiesen sein will. 

Zur Wahl stehen dann auch der von der Union und dem Verfassungsgericht vorgeschlagene Arbeitsrichter Günter Spinner sowie die von der SPD nominierte Juraprofessorin Ann-Katrin Kaufhold. Beide waren vom Ausschuss bereits im Juli vorgeschlagen worden. Damals war die Neubesetzung der drei Richterposten gescheitert. Die Union hatte SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf teilweise die Unterstützung entzogen.

Diesmal geht die Unionsführung davon aus, dass die Fraktion weitgehend geschlossen hinter Emmenegger steht. Die Rückmeldungen der Abgeordneten seien "sehr positiv", sagte Fraktionsgeschäftsführer Steffen Bilger. Die Richterin am Bundesverwaltungsgericht werde allgemein als "konstruktiver Vorschlag wahrgenommen", erklärte der CDU-Politiker. Vorbehalte gibt es in der Unionsfraktion eher noch gegen die andere SPD-Kandidatin Kaufhold. Aber auch die werden als überschaubar erachtet.

Spahn glaubt, dass es klappt

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann zeigte sich mit Blick auf die Abstimmung im Plenum ebenfalls optimistisch. "Mit der Nominierung von Frau Emmenegger ist das Kandidatenpaket von CDU/CSU und SPD für das höchste deutsche Gericht komplett. Wir werben jetzt um breite Zustimmung aus der Mitte des Parlaments heraus und ich bin zuversichtlich, dass dieses Kandidatenpaket am Donnerstag die notwendige Zweidrittelmehrheit erreichen wird", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Damit senden wir das klare Signal: Der Bundestag hat die Kraft, das Bundesverfassungsgericht zu schützen und personell zu stärken."

Unionsfraktionschef Jens Spahn gab sich bereits am Sonntag zuversichtlich. "Ja, das wird klappen am Donnerstag", sagte der CDU-Politiker in der ARD-Sendung "Caren Miosga". Emmenegger sei eine "sehr gute" Kandidatin. Er habe zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion ein Gespräch mit Emmenegger geführt, berichtete Spahn. Sie sei "sehr überzeugend" und "fachlich versiert". "Und deswegen wird es am Donnerstag gut gelingen", versicherte Spahn.

Nach der gescheiterten Richterwahl im Juli stand vor allem Spahn als Fraktionsvorsitzender stark in der Kritik. "Das hätte nicht passieren dürfen", räumte er nun ein. Als wichtigste Lehre aus der gescheiterten Abstimmung bezeichnete Spahn die Bedeutung rechtzeitiger Abstimmungen: "Meine größte Erkenntnis - das ist banal, aber rechtzeitiges Reden und Kommunizieren ist wichtig auf allen Ebenen."

Linke kritisiert Union

Von der Linksfraktion im Bundestag war über Emmenegger kein schlechtes Wort zu hören - kritisiert wurde von Politikerinnen und Politikern der Linkspartei jedoch, dass die Union mit ihnen nicht das Gespräch über die Kandidatur von Spinner gesucht habe. 

Die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek übte scharfe Kritik an CDU und CSU. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Union parteipolitisch taktiere "und das Gericht zum Spielball ihrer Eitelkeiten" mache. "Wir haben deswegen miteinander vereinbart, dass es sich bei dieser Wahl um eine Gewissensentscheidung handelt und unsere Abgeordneten jeweils für sich entscheiden, wie sie sich bei der Wahl verhalten."

AfD lehnt SPD-Kandidatin Kaufhold ab

Auch von den Grünen gab es bisher noch keine offizielle Zusage für eine Unterstützung. Parteichef Felix Banaszak lobte Emmenegger aber als "eine gute, respektable Kandidatin". Es sei nun Sache der Regierungskoalitionen dafür zu sorgen, "dass demokratische Mehrheiten für alle drei der Kandidatinnen und Kandidaten entstehen".

Die AfD machte klar, dass sie die SPD-Kandidatin Kaufhold ablehnt und warnte die Unionsfraktion eindringlich vor der Wahl der Juristin. Diese sei eine "Aktivistin" mit radikalen Positionen etwa in der Klimapolitik, sagte AfD-Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann. Sollten die Abgeordneten von CDU und CSU bei der für Donnerstag geplanten Wahl im Bundestag Kaufhold tatsächlich zur Mehrheit verhelfen, wäre dies ein "Skandal".

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