Weil sich der NDR von KLAR-Moderatorin Ruhs getrennt hat, fordern Politiker der Union Konsequenzen für den Sender. Der DJV kritisiert das als Einmischung. Mittlerweile steht Ex-Bild-Chefin Koch als neue Moderatorin fest.
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hat Unionspolitikern vorgeworfen, sich in die Entscheidungen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) einzumischen. Mehrere führende Politiker von CDU und CSU hatten den Sender nach der Trennung von Moderatorin Julia Ruhs kritisiert und die Meinungsvielfalt beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Gefahr gesehen.
"Die Einmischung in Personalfragen geht eindeutig zu weit", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster in einer Mitteilung. "Fakt ist, dass Julia Ruhs nicht aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk rausgeschmissen wird, sondern weiterhin das Format KLAR moderieren darf - im Wechsel mit anderen Kolleginnen und Kollegen." Nichts daran rechtfertige Aufgeregtheiten bis in höchste politische Kreise hinein.
Unionspolitiker sehen Meinungsvielfalt bedroht
Der NDR hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass Ruhs das Format KLAR nicht mehr beim NDR moderieren wird, sondern nur noch beim Bayerischen Rundfunk. In der von beiden öffentlich-rechtlichen Sendern produzierte Sendung werden kontroverse Themen aufgegriffen. Dabei sorgte bereits die Auftaktsendung zum Thema Migration für Aufmerksamkeit. Ruhs hatte dort unter anderem über Gewalt im Zusammenhang mit Einwanderung berichtet.
Ruhs erhielt nach dem Bekanntwerden der Entscheidung des NDR Rückendeckung von Politikern. Unionsfraktionschef Jens Spahn etwa kritisierte die Entscheidung des NDR als "sehr problematisch". Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) mahnte die Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Breite der gesellschaftlichen Stimmen abzubilden. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatten den NDR kritisiert.
DJV nennt Linnemann-Forderung "pure Erpressung"
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach im Interview auf Welt TV von einem "neuen Tiefpunkt in Sachen Debattenkultur in Deutschland". Er brachte das Einfrieren der Rundfunkgebühren ins Spiel, "damit endlich Druck entsteht, damit Reformen passieren".
Der DJV-Bundesvorsitzende Beuster kritisierte diese Äußerungen scharf. "Die Drohung, den Rundfunkbeitrag einzufrieren, ist pure Erpressung und wäre verfassungswidrig", sagte er. "Der CDU-Generalsekretär sollte wissen, dass dies die Rundfunkfreiheit verletzt." Auch ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz-Dethlefsen hatte Linnemanns Forderung nach finanziellen Konsequenzen für den NDR "als Versuch politischer Einflussnahme" als "vollkommen inakzeptabel" kritisiert.
Redaktionsausschuss sieht Aufklärungsbedarf
Der Redaktionsausschuss des NDR verlangt nach der anhaltenden Diskussion um die Moderation schnelle Aufklärung. Innerhalb des NDR soll es Proteste gegen die Journalistin gegeben haben, ihr wurden handwerkliche Fehler vorgeworfen. Der Redaktionsausschuss teilte dazu mit, "dass es zu keiner Zeit eine persönliche Kampagne gegen einzelne Personen des KLAR-Formats seitens der NDR-Mitarbeitenden gegeben hat". Man wünsche sich "so rasch wie möglich Aufklärung für alle Mitarbeitenden" über Hintergründe.
Die Entscheidung des NDR sei außerhalb des Senders offenbar teilweise sachlich falsch oder verzerrt verbreitet worden, so das Gremium. Bei den Beschäftigten des Hauses gebe es rund um die Weiterführung des Formats "einen großen Informationsbedarf". Der Ausschuss hob die verfassungsrechtlich garantierte Rundfunkfreiheit und die redaktionelle Unabhängigkeit des NDR hervor. Über die redaktionelle Ausgestaltung und die Frage der Moderation von Sendungen entschieden allein die Redaktionen nach bestem Wissen und journalistischen Grundsätzen, "unabhängig und frei von politischer Einflussnahme, egal ob von Bundes- oder Landespolitik".
Ehemalige Bild-Chefredakteurin übernimmt
Unterdessen kündigte der NDR an, dass die Journalistin Tanit Koch künftig die vom norddeutschen Sender produzierten KLAR-Folgen präsentieren werde. Außerdem werde die Zahl der Episoden erhöht. "Ich sehe es als Chance, mit meiner Perspektive von außen zur Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk beizutragen", wurde Koch zu ihrem Engagement zitiert.

Die Journalistin Tanit Koch folgt auf Julia Ruhs als Moderatorin der NDR-Ausgaben von KLAR.
Tanit Koch ist seit September 2024 Autorin bei Focus. Sie war zuvor unter anderem Chefredakteurin der Bild, Geschäftsführerin bei n-tv sowie Chefredakteurin der Zentralredaktion der Mediengruppe RTL Deutschland. Im Sommer 2021 leitete sie die Wahlkampfkommunikation für den damaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU).
Juliane von Schwerin, stellvertretende Programmdirektorin des NDR, sagte zur neuen Besetzung: "NDR und BR führen dieses Format jetzt nach der Pilotphase und Bewertung fort und schaffen feste Strukturen." Mit Koch werde eine "versierte Journalistin und meinungsstarke Moderatorin für KLAR gewonnen".
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