Die Union stimmt sich auf den "Herbst der Reformen" ein. Und doch gab es beim Wehrdienst direkt wieder eine Konfrontation mit dem Koalitionspartner SPD. Nun gibt es eine Einigung - doch was am Ende daraus wird, bleibt offen.

Eigentlich sollte alles reine Routine sein gestern beim Treffen der Unionsspitzen im Kanzleramt. Die Querelen des Sommers hinter sich lassen - inklusive den Streit über die verkorkste Bundesverfassungsrichterinnenwahl, die Strompreisbremse oder den teilweisen Stopp der Waffenlieferungen an Israel. Und so wurde von Unionsseite betont, dass der Blick nach vorne gehen müsse: "Herbst der Reformen" ist das Stichwort.

Aber schon hier zeigen sich erste Risse in Form altbekannter Konfliktlinien. Beim CDU-Landesparteitag am Wochenende in Osnabrück erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz: "Der Sozialstaat wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar." Ein Satz, der geeignet ist, in der Unionsfraktion den Wunsch nach CDU-pur zu wecken - und beim Koalitionspartner SPD Abwehrreflexe auszulösen, etwa in Form von der Forderung nach einer Erbschafts- oder einer Reichensteuer.

Hin und Her beim Wehrdienstgesetz

Es sind also dicke Bretter, die im Herbst der Reformen gebohrt werden müssen. Doch schon bei Vorhaben, die eher wie ein Pflichtübung erscheinen, ruckelt es. Das konnte man gestern beim Hin und Her zum neuen Wehrdienstgesetz beobachten.

Morgen soll das Gesetz von Verteidigungsminister Boris Pistorius, SPD, im Kabinett beschlossen werden. Gestern sah es kurzzeitig gar nicht danach aus: Außenminister Johann Wadephul, CDU, hatte sein Veto eingelegt. Der Verteidigungsminister habe keine konkreten Zahlen vorgelegt, wie viele Soldaten die Bundeswehr pro Jahr braucht.

Was folgte, war am Abend ein weiteres Treffen, diesmal mit den Staatssekretären, diesmal nicht alles Routine. Schließlich konnte man sich einigen. Der Entwurf des Wehrdienstgesetzes kommt morgen ins Kabinett.

Heute dann Rückendeckung von Bundeskanzler Merz für den Gesetzentwurf des Verteidigungsministers, der mit dem neuen Wehrdienst vor allem auf Freiwilligkeit setzt. Pistorius habe zurecht darauf hingewiesen so der Kanzler, dass für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht die Ausbildungskapazitäten derzeit noch gar nicht vorhanden seien. Die Koalition sei sich einig, dass diese nun zunächst geschaffen werden müssten.

Gesetz muss noch durch den Bundestag

Merz betonte aber auch: "Wenn wir sehen, dass wir die Zahlen nicht erreichen, die wir brauchen, dann wird der nächste Schritt folgen müssen." Die Diskussion über den neuen Wehrdienst hat also gerade erst begonnen - auch wenn morgen erst einmal alles nach Plan laufen sollte.

Das heißt aber nicht, dass Vertreter der Unionsfraktion in der Debatte über das Gesetz im Bundestag klein beigeben werden und nicht doch noch einmal Zahlen festschreiben lassen wollen oder mit einer Wenn-Dann-Formulierung hin zu einer Wiedereinführung der alten Wehrpflicht kommen wollen.

"Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es rein gekommen ist": Das hat schon mal ein Vorgänger von Pistorius gesagt, der SPD-Verteidigungsminister Peter Struck.

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