Haushalt, Wehrdienstgesetz, Bürgergeld - es gibt Konflikte in der Koalition. Die Kommunikation sei "ausbaufähig", sagt Unionsfraktionschef Spahn. Auch andere Vertreter der Regierung sehen hier Verbesserungsbedarf, betonen aber zugleich Erfolge.

Eine ruhige Sommerpause hat die Koalition nicht erlebt. Zuletzt standen viele Konflikte innerhalb der Regierung im Fokus. Unionsfraktionschef Jens Spahn bemüht sich nun um Beruhigung. "Wir machen es uns gegenseitig nicht einfach, weil es um was geht", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschlandfunk. Es solle fairer zugehen, so Spahn. Als Beispiele nannte er das Bürgergeld, Sicherheit in Deutschland und eine mögliche Führungsrolle in Europa.

Die Kommunikation innerhalb der schwarz-roten Koalition sei allerdings ausbaufähig. "Es liegt ja tatsächlich an uns in der Union und SPD, wie wir jetzt aus der parlamentarischen Sommerpause in den September starten", sagte der CDU-Politiker. Er riet der Koalition, weniger Debatten zu führen und mehr zu entscheiden.

Spahn setzt auf Teambuilding

Die Mitglieder der Koalition müssten sich auch zwischenmenschlich vertraut machen, "sodass man weiß, was man sich zumuten kann", so Spahn weiter. Er warb dafür, konstruktiv miteinander zu diskutieren. "Wir haben echte Probleme, und da muss man miteinander ringen, und da dürfen wir es uns auch gegenseitig nicht zu einfach machen." SPD und Union - das sei keine Liebesheirat.

Ähnlich wie CDU-Politiker Spahn äußerte sich SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil. Diese Regierung habe noch viel zu erledigen, für die Wirtschaft, sichere Arbeitsplätze und den Abbau von Bürokratie. Da werde es aber immer mal wieder auf diesem Weg ruckeln, sagte Klingbeil in den tagesthemen.

Dobrindt: Harmonie statt Hyperventilieren

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt rät zu mehr Ruhe und Gelassenheit. "Ich würde anregen, dass nicht alle Spitzenpolitiker ständig die Social-Media-Beiträge der anderen lesen. Das trüge sehr zur Harmonie in der Bundesregierung bei", sagte der CSU-Politiker dem Magazin Stern. "Harmonie statt Hyperventilieren könnte doch ein Motto für den Herbst sein."

Trotz Erfolgen in den ersten Monaten sieht aber auch Dobrindt Verbesserungsbedarf in der Zusammenarbeit. Abstimmungsrunden sollten intensiver gestaltet werden, und die Herausforderungen des Koalitionspartners müssten stärker anerkannt werden. "Eine Lehre aus der Vergangenheit heißt: Probleme frühzeitig miteinander besprechen und nicht den Schaden abwarten."

SPD betont Vertrauen in Koalitionspartner

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, sagte im ARD-Morgenmagazin, er habe in die Union Vertrauen. Die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU seien "genauso gewillt, dass wir Ergebnisse liefern, für das Land, für die Bürgerinnen und Bürger". Wiese ergänzte: "Wir haben den Willen, dass diese Koalition funktioniert."

Auch der SPD-Politiker betonte, dass die Koalition bereits Vieles auf den Weg gebracht habe. Die Streitigkeiten zuletzt hätte man sich allerdings schenken könne. Nun gehe es darum, wieder in den Arbeitsmodus zu kommen.

Zur Forderung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach harten Sozialreformen sagte Wiese, die SPD verschließe sich Reformen nicht. Der Sozialstaat sei an vielen Stellen dysfunktional und viel zu bürokratisch. "Aber ein Kahlschlag des Sozialstaates, das wird mit uns als SPD nicht zu machen sein."

"Die Streitigkeiten hätten wir uns schenken können", Dirk Wiese, SPD, zum Zustand der Koalition

Morgenmagazin, 26.08.2025 05:30 Uhr

Unions-Geschäftsführer: Müssen nach vorne blicken

Bei einer Klausurtagung in Würzburg, die am Donnerstag beginnt, sollen Konflikte ausgeräumt werden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Steffen Bilger, forderte die Teilnehmenden dazu auf, nach vorne zu blicken. "Wir haben viel vor in diesem Herbst, und darauf müssen wir uns jetzt konzentrieren", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Als Beispiele nannte er unter anderem die Reform des Bürgergelds und das Rentenpaket, das beschlossen werden soll.

Bilger räumte ein, dass die Koalition nicht zufrieden sein könne mit dem Bild, das sie in den ersten 100 Tagen abgegeben habe. Auch die Union müsse selbstkritisch zurückschauen und künftig besser mit der SPD zusammenarbeiten, sagte er. Er finde es aber auch in Ordnung, wenn in öffentlichen Debatten unterschiedliche Standpunkte deutlich würden. Nicht jede Debatte zwischen Union und SPD sei immer gleich ein Koalitionsstreit. 

Streit über Wehrdienstgesetz

Zuletzt gab es öffentliche Diskussionen über das geplante Wehrdienstgesetz. Morgen soll der Entwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ins Kabinett eingebracht werden. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte zunächst seinen Vorbehalt eingelegt und zog ihn dann wieder zurück.

Unionsfraktionschef Spahn findet das nicht ungewöhnlich. Es handele sich um ein Gesetz, das gesellschaftlich breit diskutiert würde, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Da müsse gegebenenfalls auch noch einmal etwas verändert werden.

Merz sieht keinen grundsätzlichen Dissens

Ein Vorbehalt gegen einen Gesetzentwurf sei normales Regierungshandeln, sagt auch Kanzler Merz. Es habe aus der Unions-Bundestagsfraktion den Wunsch gegeben, den Schritt hin zu einer verbindlichen Wehrpflicht schneller zu gehen - "aber das stößt offensichtlich auch an objektive Grenzen der Machbarkeit", betonte der Kanzler.

"Wir sind uns in der Koalition einig, dass wir die Bundeswehr auch in der Zahl der Soldaten deutlich aufbauen müssen", sagte der CDU-Politiker. Es gebe keinen grundsätzlichen Dissens.

Jusos üben Kritik an Pistorius' Wehrdienst-Modell

Die Jusos kritisieren den Gesetzentwurf des SPD-Ministers Pistorius deutlich. "Die Pläne der Bundesregierung für einen neuen Wehrdienst gehen viel zu weit", sagt der Chef der SPD-Nachwuchsorganisation, Philipp Türmer, der Rheinischen Post. "Sie beinhalten eine Hintertür, um junge Männer einzuberufen, wenn die verteidigungspolitische Lage einen schnellen Aufwuchs der Streitkräfte zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist".

Das gehe "zu weit in Richtung Wehrpflicht und widerspricht dem Kompromiss, den wir mit Boris Pistorius gefunden hatten" kritisierte Türmer. Dieser habe beim SPD-Parteitag eindeutig zugestimmt, keine aktivierbare gesetzliche Möglichkeit zur zwangsweisen Heranziehung junger Männer zu schaffen, betonte der Juso-Chef. "Wir Jusos lehnen diese Möglichkeit im Entwurf daher klar ab und setzen auf Änderungen hin zu klarer Freiwilligkeit."

Zehntausende Rekruten fehlen

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass ab dem kommenden Jahr an alle jungen Männer und Frauen ein Fragebogen versandt wird. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Dabei soll das Interesse am Dienst in der Bundeswehr abgefragt werden. Geeignete Kandidaten werden dann zur Musterung eingeladen.

Diese soll ab 2028 aber für alle 18-jährigen Männer verpflichtend werden, auch wenn sie kein Interesse am Wehrdienst bekundet haben. Ziel ist den Angaben zufolge ein "Lagebild" über die gesundheitliche Eignung. Denn im Spannungs- oder Verteidigungsfall würde die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht nach aktueller Rechtslage automatisch wieder in Kraft treten. Pro Jahr sollen künftig Zehntausende neue Rekruten zur Bundeswehr gebracht werden.

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