Der Chef der PISA-Studie sieht erhebliche Mängel im deutschen Bildungssystem. Das gelte vor allem beim Umgang mit Kindern mit Migrationshintergrund. Bei der Sprachförderung müsse schon vor der Einschulung angesetzt werden, so der Experte.

Der Chef der PISA-Studie und Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, bescheinigt dem deutschen Bildungssystem gravierende Mängel beim Umgang mit Kindern mit Migrationshintergrund.

"Es ist ein riesiges Problem, wenn ein Bildungssystem sich nicht ausreichend und nicht erfolgreich um Kinder mit Migrationshintergrund kümmert", betont Schleicher gegenüber der "Stuttgarter Zeitung". "Und wenn dadurch ganze Schulen aus dem Gleichgewicht geraten. Das ist in Deutschland leider viel zu oft der Fall."

Verbindliche Sprachtests und frühe Diagnostik

Die Ursachen sieht Schleicher bei Mängeln in der frühkindlichen Bildung sowie der falsche Verteilung von Ressourcen im Bildungssystem. Gut ausgestattete Kitas mit klarem Bildungsauftrag seien der beste Weg, um sicherzustellen, dass alle Mädchen und Jungen die Sprache ausreichend beherrschten, sagte der Bildungsexperte. Dazu gehörten verbindliche Sprachtests und frühe Diagnostik. "Hier wird in Deutschland zu wenig getan", kritisiert Schleicher.

Wenn die sprachliche Grundlage bei zu vielen Kindern in einer Klasse fehle, werde es für die Lehrerinnen und Lehrer schwer, so Schleicher. Ihnen mache er keinen Vorwurf. "Sie brauchen mehr Unterstützung." Schleicher äußerte Verständnis für Eltern, die für ihre Kinder die bestmögliche Schule auswählen. "Natürlich kann ich Eltern verstehen, wenn sie ihre Kinder lieber auf eine Schule schicken wollen, an der es die entsprechenden Probleme nicht gibt. Wer wünscht sich nicht die beste Bildung für seine Kinder?", fragt der Experte.

Problemschulen brauchen mehr Förderung

Hinzu komme, dass Deutschland das Geld im Bildungssystem nicht klug verteile, so der Bildungsexperte. Konkreter betont er: "Die Schulen mit den größten Herausforderungen brauchen die meisten Ressourcen. Für diese Schulen müssen wir auch die besten Lehrerinnen und Lehrer gewinnen, mit einer attraktiven Arbeitsumgebung, interessanten Karriereperspektiven und guter Ausstattung."

Dabei liege das Problem in der Kombination. Es werde schwer, wenn Migrationshintergrund, Sprachprobleme und wirtschaftlich schwache Verhältnisse zusammenkommen.

Prien hatte Migrationsquote vorgeschlagen

Bundesbildungsministerin Karin Prien hatte sich Anfang des Monats in einem Interview offen für eine Migrationsquote an Schulen gezeigt. Der Vorstoß der CDU-Politikerin war aber auf Ablehnung und Skepsis beim Integrationsbeauftragten und dem Lehrerverband gestoßen.

Der PISA-Chef steht der Idee hingegen offen gegenüber: "Man braucht hier flexible Lösungen, vielleicht auch Quoten. Eine einzige Lösung wird aber nicht überall funktionieren", so der Experte. In diesem Zusammenhang verweist Schleicher auf andere Länder, wie Belgien, wo ein Datensystem "eine gute Sozialmischung für alle Schulen" sicherstelle.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke