Sie verursachen Schmerzen und Getroffene sind kurzzeitig wie gelähmt: Taser sind in der Polizeiarbeit umstritten. Bundesinnenminister Dobrindt will die Bundespolizei dennoch damit ausrüsten. Worum geht es?
Der Einsatz von Tasern ist umstritten. Nun sollen Bundespolizisten sie künftig flächendeckend nutzen dürfen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss das schwarz-rote Bundeskabinett. Der Bundestag muss noch darüber abstimmen.
In dem Entwurf heißt es: "Einsatzkräfte müssen über alle Einsatz- und Führungsmittel verfügen, um effektiv und gleichzeitig verhältnismäßig vorgehen zu können." Der Einsatz der Schusswaffe sei dabei stets das letzte Mittel. "Um ein möglichst abgestuftes Vorgehen bei der Anwendung des unmittelbaren Zwangs zu gewährleisten, können Distanz-Elektroimpulsgeräte, umgangssprachlich auch Elektroschockpistolen oder Taser genannt, eingesetzt werden."
Was ist ein Taser?
Ein Taser ist ein Gerät, mit dem Elektroschocks aus etwas Distanz abgegeben werden, die zu schmerzhaften Muskelkontraktionen führen. Dadurch wird ein Mensch in der Regel handlungsunfähig.
Die Taser verschießen Drähte mit pfeilförmigen Projektilen. Diese verhaken sich in der Haut und übertragen Stromstöße, die den Getroffenen außer Gefecht setzen. So soll der Einsatz von Schusswaffen vermieden werden.
Wie wird der Gesetzentwurf begründet?
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CS) hatte die Ausstattung der Bundespolizei mit Tasern im Juni angekündigt. Mit dem Gesetzentwurf soll dafür nun auch Rechtssicherheit geschaffen werden. "Wenn man eine Person beispielsweise mit einer Schlag- oder Stichwaffe auf Distanz halten muss, dann ist der Taser eine mögliche Wahl der Mittel", sagte Dobrindt. Der Gesetzentwurf unterstreicht die präventive Wirkung der Geräte.
Dobrindt zufolge sollen zunächst 10.000 Geräte angeschafft werden im Laufe der nächsten Jahre. 2025 seien dafür fünf Millionen Euro eingeplant, für die Folgejahre jeweils die gleiche Summe, die bei Bedarf aufgestockt werden könne.
Der Einsatz von Tasern sei "bei unserer Polizei zwingend notwendig" und ein "geeignetes Mittel, um auf die gestiegene Bedrohung der Polizei im öffentlichen Raum zu reagieren", so der CSU-Politiker. Die Taser dienten auch dazu, dass die Beamten sich besser schützen könnten, wenn sie etwa mit Stichwaffen wie Messern angegriffen würden.
Am Hamburger Hauptbahnhof hatte im Mai eine Frau wahllos um sich gestochen, 18 Menschen wurden bei dem Angriff verletzt. Die laufende Erprobung von Tasern an manchen Bahnhöfen durch die Bundespolizei zeige, dass oft schon die Androhung aufgebrachte Situationen beruhige.
Wie sieht die Polizei die Pläne?
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte Dobrindts Pläne. Der GdP-Chef für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagte im Juni: "Bei der gestiegenen Gefahrenlage, insbesondere an Bahnhöfen, wie wir zuletzt in Hamburg erlebt haben, stellen die Geräte ein wichtiges Einsatzmittel dar."
Zuletzt hatte nach den tödlichen Schüssen bei einem Polizeieinsatz in Oldenburg auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Niedersachsen ihre Forderung zum Einsatz von Tasern bekräftigt. Ein Polizist hatte in der Nacht zu Ostersonntag mindestens viermal auf einen 21-Jährigen geschossen - der Mann starb. Nach Angaben der Polizei hatte der junge Mann zuvor vor einer Diskothek Reizgas versprüht und mehrere Menschen leicht verletzt.
Welche Kritik gibt es am Einsatz von Tasern?
Die Waffen sind umstritten, weil Taser beim Einsatz gegen Menschen etwa mit Herzerkrankungen oder Herz-Kreislauf-Problemen zu gesundheitlichen Folgen führen können.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens äußerte im Juni Zweifel daran, "ob der Einsatz weiterer Geräte wie Taser wirklich sinnvoll ist". Die SPD-Politikerin sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Gerade in Hochstresssituationen könnte die Auswahl des geeigneten Einsatzmittels zu einer erheblichen Erhöhung der Komplexität im Einsatz führen."
In Niedersachsen habe man deshalb bisher nur die Spezialeinsatzkräfte mit Tasern ausgestattet. "Unsere Fachleute setzen sich mit diesem Thema aber kontinuierlich auseinander und informieren sich auch über die Erfahrungen, die andere Bundesländer mit dem Taser machen", sagte Behrens.
Ähnlich lautet die Einschätzung der Linken. "Es gibt zahlreiche dokumentierte Todesfälle nach Taser-Einsätzen, auch bei unbewaffneten oder verwirrten Personen. Die angebliche Erfolgsquote ist in der Praxis erschreckend niedrig", sagte Clara Bünger, die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, im Juni der Rheinischen Post. Die Pläne seien deshalb falsch und gefährlich. "Das ist keine Maßnahme zur Deeskalation, sondern ein weiterer Schritt in Richtung Aufrüstung der Polizei."
Taser wirkten nicht zuverlässig, "senken aber gleichzeitig die Hemmschwelle für Gewaltanwendung", sagte Bünger. "Wenn selbst Hersteller-Testpersonen Haftungsausschlüsse wegen möglicher Todesfolgen unterschreiben müssen, dann sollten wir uns fragen, ob so ein Gerät wirklich in die Hände von Polizeikräften gehört." Notwendig sei stattdessen eine Polizei, "die auf Deeskalation, Kommunikation und Menschenrechte setzt".
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