Wie geht es nach der gescheiterten Richterwahl weiter? Die SPD und auch die Kandidatin gehen in die Offensive. Und die Unionschefs? Merz und Söder wollen "in Ruhe" Lösungen suchen.
Bundeskanzler Friedrich Merz ist zu Besuch auf der Zugspitze. Man sieht oft wenig, Nebel umhüllt Deutschlands höchsten, immer schneebedeckten Gipfel. Merz ist sich trotzdem sicher: "Da ist keine Kuh auf dem Eis." Thema: die schiefgegangene Richterwahl im Bundestag und die Frage, wie es denn nun weitergeht.
"Wir sprechen in der Koalition in Ruhe darüber, wie wir das lösen. Mein Wunsch wäre, dass wir im Deutschen Bundestag zur Lösung kommen und dass wir nicht den Ersatzwahlmechanismus auslösen müssen, dass der Bundesrat die Wahl vornimmt, die eigentlich der Bundestag vornehmen müsste."
Merz bleibt also bei dem, was er am Sonntag im ARD-Sommerinterview gesagt hatte - kein Zeitdruck bei der Wahl der Richter, "schau ma moi, dann seng mas scho", um eine landestypische Redensart zu zitieren.
Friedrich Merz und die gescheiterte Richterwahl
Claudia Kornmeier, ARD Berlin, tagesthemen, 13.07.2025 21:50 UhrEine verfahrene Situation
"Wir reden darüber in Ruhe in den nächsten Wochen der Koalition. Und unsere Einschätzung ist die gleiche", sagt Markus Söder dazu, der Merz nach Bayern eingeladen hatte. Und dass der CSU-Chef wirklich Merz Einschätzung teilt, war zumindest bis zu diesem Moment nicht wirklich klar.
Da liegt kein Segen drauf, die SPD sollte besser eine andere Kandidatin präsentieren, das hatte er gestern noch gesagt. Und damit gezeigt, wie verfahren die Situation derzeit ist. Viele in der Union sehen die Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf irgendwo zwischen kritisch und unwählbar.
Die SPD ist hingegen in Jetzt-erst-recht-Stimmung. "Deswegen ist für uns natürlich auch selbstverständlich klar, wir halten an unserer Kandidatin fest", sagt die rechtspolitische Sprecherin der SPD, Carmen Wegge. "Wir konnten in den letzten Tagen eine beispiellose Hetzkampagne gegen unsere Kandidatin vor allem aus der rechten Ecke beobachten und ein weiterer Grund mehr für uns als SPD-Fraktion zu sagen, selbstverständlich stehen wir hier hinter unserer Kandidatin und hinter dem Bundesverfassungsgericht.
Alexander Thiele, Rechtswissenschaftler, zur Kritik am Umgang mit Brosius-Gersdorf
tagesthemen, 15.07.2025 22:15 UhrBrosius-Gersdorf wehrt sich
Die Kandidatin selbst, so viel scheint inzwischen festzustehen, wird nicht zurückziehen. Über eine Anwaltskanzlei lässt sie eine schriftliche Stellungnahme verbreiten. Darin starke Worte. Die Bezeichnung ihrer Person als "ultralinks" oder "linksradikal" sei "diffamierend" und "realitätsfern". Und: "Ordnet man meine wissenschaftlichen Positionen in ihrer Breite politisch zu, zeigt sich ein Bild der demokratischen Mitte."
Sie geht vor allem auf das Thema Abtreibungen ein. Der Vorwurf, sie trete für einen Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt ein, entbehre jeder Grundlage, schreibt Brosius-Gersdorf.
"Lernt Frau Brosius-Gersdorf kennen!"
Die SPD-Rechtspolitikerin Wegge findet es gut, dass die Kandidatin das noch einmal klargestellt und sieht nun die Union am Zug. Man solle sich jetzt die Ruhe nehmen, sich mit der Kandidatin frei "von diesen ganzen falsch erhobenen Vorwürfen" zu beschäftigen, sagt Wegge. "Und deswegen drängen wir da nicht. Wir sagen, lasst uns jetzt hinsetzen, lernt Frau Brosius-Gersdorf kennen und dann sehen wir weiter." Wenigstens das Motto "Jetzt erstmal Zeit nehmen" sieht die Unions-Spitze ähnlich.
Ganz im Gegensatz zur Opposition: So verlangen die Grünen per Brief an die schwarz-roten Fraktionsspitzen, dass der Bundestag noch in dieser Woche über die insgesamt ja drei Kandidaten abstimmen soll. Das dürfte bei der derzeitigen Stimmungslage zwischen Union und SPD aber ausgeschlossen sein.
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