Bisher kam aus den Reihen der Union vor allem Schweigen gegenüber der Linkspartei. Doch mit der geplatzten Richterwahl steigt der Druck, vielleicht doch den Dialog zu suchen. Nun gibt sich aber die Linke betont kurz angebunden.

Miteinander reden - wiederholt hatte die Linkspartei die Union dazu aufgefordert. Und zwar schon vor der am Freitag geplatzten Richterwahl im Bundestag. Denn immerhin: Für die Zustimmung zu einem der drei Kandidaten ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Und damit ist die Regierungskoalition auf Stimmen der Linken angewiesen, wenn sie bei der Abstimmung, die nun nach der Sommerpause nachgeholt werden soll, nicht auf Unterstützung aus den Reihen der AfD angewiesen sein soll.

Doch von der Union kam lange nur eines: Funkstille. Erst nach dem Eklat um die nun verschobene Abstimmung über die Richterposten zeigte sich Bundesinnenminister Alexander Dobrindt plötzlich offen für Gespräche mit der Linkspartei. Die reagiert auf diese Annäherungsversuche aber mit breiter Skepsis. "Wenn Dobrindt nach dem Wahlchaos plötzlich mit der Linken reden will, ist das so, als würde einem Bäcker nach dem Backen auffallen, dass er die Hefe vergessen hat", kommentierte Ines Schwerdtner, Parteichefin der Linken, die aufkommende Dialogbereitschaft des CSU-Politikers.

Und die Vorsitzende der ,Bundestagsfraktion der Linkspartei, Heidi Reichinnek, bezeichnete Dobrindts Offerte kurz und knapp mit "interessant". Doch für sie sei das nichts anderes als ein versuchtes Ablenkungsmanöver - von dem, was da am Freitag im Bundestag passiert sei.

Schwarz-Rot braucht Oppositionsstimmen für Zweidrittelmehrheit

Zum Verschieben der Richterwahl hatten Zweifel geführt, welche die Union an der Kandidatin der SPD, Frauke Brosius-Gersdorf, angeführt hatte. CDU und CSU begründeten diese mit möglichen Unstimmigkeiten in der Doktorarbeit der Juristin. Es gebe mutmaßliche Textidentitäten in ihrer und der Habilitation von Brosius-Gersdorf' Ehemann. Trotz schleunigst einberufener Sondersitzungen der Fraktionen ließ sich kein Kompromiss finden. Schlussendlich wurde die komplette Abstimmung über alle drei Kandidaten an diesem Tag vollständig abgesagt.

Doch auch wenn die Wahl voraussichtlich im September nachgeholt wird, bleibt dabei das Grundprinzip, dass mindestens zwei Drittel aller Abgeordneten im Bundestag für einen Kandidaten oder eine Kandidatin stimmen müssen, damit er oder sie den Richterposten am Bundesverfassungsgericht erhält.

Für Schwarz-Rot besteht damit weiterhin das Problem, dass die Koalition neben der Unterstützung der Grünen weitere Stimmen aus der Opposition braucht. Bleiben also die Linke und die AfD. Und eine Zusammenarbeit mit Letzterer hat die Union klar ausgeschlossen. Allerdings gilt bei der CDU nach wie vor ebenfalls ein Unvereinbarkeitsbeschluss für eine mögliche Kooperation mit der Linken.

Dobrindt für Gespräche - "wenn es notwendig wäre"

Und och betonte Dobrindt im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, er hätte "nicht das Problem, zum Telefon zu greifen und jemanden bei der Linkspartei anzurufen". Er würde solche Gespräche führen, "wenn es notwendig wäre". Wie es schon bei der Wahl von Friedrich Merz als Bundeskanzler der Fall gewesen sei, bei dem es im Bundestag einen zweiten Wahlgang brauchte, nachdem der CDU-Politiker im ersten nicht die nötige Mehrheit erhalten hatte. Die Linkspartei hatte mit ihrer Zustimmung den zweiten Wahlgang noch am selben Tag ermöglicht. Damals sei er der einzige gewesen, der eine Handy-Nummer von der Linken parat gehabt habe, sagte Dobrindt. Inzwischen könne er sagen: "Ich habe sogar noch eine zweite Telefonnummer da, die ich da anwählen könnte."

Linke fordert von Union klare Abgrenzung von AfD

Sollte Dobrindt tatsächlich zum Telefon greifen, würde er bei der Linksfraktion aber auf Bedingungen stoßen. Denn die macht der Union nach dem Eklat rund um die Richterwahl schwere Vorwürfe. Sie habe sich "an einer rechten Hetzkampagne" gegen Brosius-Gersdorf beteiligt, kritisierte Fraktionschefin Reichinnek. Zudem habe die Union "auch für ihren eigenen Kandidaten keine demokratischen Mehrheiten gesucht, sondern war bereit, ihn mit den Stimmen der gesichert rechtsextremen AfD wählen zu lassen".

Die Union hatte Günter Spinner als Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht aufgestellt. Die Linkspartei bestand auf gemeinsame Gespräche, wenn sie für Spinner stimmen soll - und prallte mit dieser Forderung wieder an der Brandmauer nach links innerhalb der Union ab. Daraus schloss man bei der Linken, dass die Union offenbar durchaus bereit sei, Stimmen aus den Reihen der AfD in Kauf zu nehmen.

Darum forderte Schwerdtner nun nochmals deutlich, die Union müsse sich "erstmal selbst ehrlich machen". Und sie warf die Frage auf: "Will sie mit Spahn & Co ernsthaft auf Stimmen von der AfD setzen - oder gibt es in der Union noch einen Funken Anstand?" Die Linkspartei sei bereit, "Klarheit zu schaffen - nur mit demokratischen Mehrheiten".

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