Er hat eine Veränderung zum Besseren versprochen - nun geht Kanzler Merz mit einer Reihe ungelöster Konflikte und Probleme in die parlamentarische Sommerpause. Vorher stellt er sich aber noch dem ARD-Sommerinterview.

Das Gefühl vor der Sommerpause - das wollte Friedrich Merz zum Gradmesser für seinen Start als Kanzler machen: "Ich möchte, dass Sie schon im Sommer spüren: Hier verändert sich etwas zum Besseren", sagte er im Mai, an die Bürger gerichtet, im Bundestag.

Nun beginnt die parlamentarische Sommerpause. Merz hat noch ein paar Termine, aber als Gefühl bleibt aus dieser Woche vor allem: Polarisierung, Instabilität, ja teils sogar Chaos. Und auch die Frage: Wie sehr folgt die Union eigentlich Merz noch?

Erholen bei der jungen Parteibasis

Einen milden Blick auf den Kanzler hat die junge Parteibasis: "Die Leute schauen wieder ein bisschen positiv nach vorn", sagt Gregory Grosciniak, CDU-Mitglied und Sprecher der Jungen Union (JU) in Brandenburg. "Diese Stimmung haben wir geändert mit Friedrich Merz." Er sitzt an einer langen Tafel bei einem Italiener in Michendorf, südlich von Potsdam. JU-Stammtisch, heute sind zehn Mitstreiter gekommen.

Zwischen Pizza Salami und Spaghetti Carbonara ist die Devise: "Man kann Merz jetzt auch erst Mal machen lassen." Trotzdem haben sie Sorgen, etwa mit Blick auf die Reform der Sozialsysteme. Immer mehr Ältere, immer weniger Jüngere: Welche Lasten kommen auf ihre Generation zu? Merz hat vor ein paar Tagen versprochen, nach dem Sommer etwas vorzulegen: Aber wird das mehr als ein Schrauben an Details?

"Man schlittert da auf eine extrem problematische Lage zu", sagt Laura Strohschneider, Vorsitzende der JU Brandenburg. "Früher kamen sechs Beitragszahler auf einen Rentner, heute sind es zwei." Die Jungen in der Union fordern seit langem Einschnitte bei der Rentenpolitik - und sehen, dass Schwarz-Rot nun vor allem Mehrausgaben beschlossen hat, etwa beim Rentenniveau und der Mütterrente. Das wirkt, als könnte sich die CDU nicht gegen die Koalitionspartner SPD und CSU durchsetzen.

Regieren in einem instabilen Bündnis

"Das zentrale Problem der Union ist jetzt: Man regiert auf schwankendem Boden", sagt Mariam Lau, Journalistin und Merz-Biografin. Das gelte nicht nur angesichts der internationalen Krisen. "Die SPD ist in einer dramatischen Lage, in Umfragen bei 13 Prozent." Das mache die Koalition, zusätzlich zu allen unterschiedlichen Positionen, instabil.

Merz' persönliche Beliebtheitswerte haben dagegen zugenommen in den vergangenen Wochen. 42 Prozent der Befragten sind nun zufrieden mit seiner Arbeit, ein Plus von drei Prozent, so steht es im aktuellen ARD-DeutschlandTrend.

Erfolg mit neuem Kommunikationsstil

Seine Biografin führt das auch auf seinen Kommunikationsstil zurück: "Wir hatten jetzt lange einen Kanzler mit verschlossenen Lippen", sagt Lau mit Blick auf die Scholz-Jahre. "Dass jetzt jemand Leidenschaften erkennen lässt, wird schon geschätzt." Gleichzeitig stoße Merz auch einige vor den Kopf mit seinen teils undiplomatischen Aussagen. "Diesen Schritt zum Kanzler aller Deutschen, auch derjenigen, die ihn nicht gewählt haben - den muss er noch gehen."

Die nächste, nicht nur kommunikative, Herausforderung ist auf jeden Fall gesetzt: Die gescheiterte Wahl der Bundesverfassungsrichter war der große Knall vor der parlamentarischen Pause. Sie verdunkelt nun den Blick auf seine ersten Wochen.

Konflikte überschatten Erfolgsbilanz

Das alles hatte sich der Kanzler sicher anders gewünscht. Den "Investitionsbooster" auf den Weg gebracht, die Migrationspolitik verschärft, bei Trump im Oval Office eine gute Figur gemacht  - das wären wohl seine bevorzugten Punkte für die Zwischenbilanz nach fast 70 Tagen.

Stattdessen muss er sich jetzt schon fragen lassen, wie tief die Vertrauenskrise in seiner Koalition ist - und wie er künftig vermeiden will, dass Schwarz-Rot in lauter aufgeheizten Debatten nur noch von Showdown zu Showdown regiert. Im August, so heißt es, will Merz Urlaub machen - nicht mehr viel Zeit, um die Sommerlaune zu heben.

Heute Abend ab 18 Uhr läuft das Sommerinterview mit Friedrich Merz im Ersten. Ab 17.30 Uhr gibt es bei tagesschau24, Twitch, einigen Social-Media-Kanälen der tagesschau und in der ARD-Mediathek eine Watchparty zum Interview. Bei Twitch können sich Nutzerinnen und Nutzer mit Fragen und Kommentaren aktiv einbringen

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