Sonderermittlerin Sudhof hat das Krisenmanagement des ehemaligen Gesundheitsministers Spahn während der Corona-Pandemie untersucht. Im Haushaltsausschuss des Bundestages befragen sie nun die Abgeordneten dazu.

Der ehemalige Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) hatte die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof damit beauftragt, die Masken-Beschaffungen und das Krisenmanagement von Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn (CDU) während der Corona-Pandemie zu untersuchen. Im Haushaltsausschuss des Bundestages wird Sudhof heute von den Abgeordneten befragt. Worum geht es, und was wollen die Abgeordneten von ihr wissen?

Was steht im Sudhof-Bericht?

Der etwa 170 Seiten lange Bericht wurde zunächst unter Verschluss gehalten. Nachdem das Gesundheitsministerium unter der aktuellen Ressortchefin Nina Warken (CDU) Teile des Berichts zunächst geschwärzt hatte, wurde zuletzt die ungeschwärzte Fassung publik. 

Der Bericht gibt einen detaillierten Einblick in die Entscheidungen zur Maskenbeschaffung während der Corona-Pandemie.

Unter anderem soll sich Spahn persönlich massiv in Maskenkäufe eingeschaltet haben und dabei ihm nahestehende Personen bevorzugt und Bedarfsprüfungen außer Acht gelassen haben. 

Ein Beispiel: Das Gesundheitsministerium unter Spahn hatte trotz großer Bedenken das Logistikunternehmen Fiege aus Münster, einem Nachbar-Wahlkreis Spahns, zum zentralen Beschaffer und Verteiler von Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln auserkoren. Nach Ansicht der Sonderermittlerin "kollabierte" die Logistik der Maskenbeschaffung am Ende.

Für den Staat seien Milliardenrisiken entstanden, obwohl zur der Beschaffung der Masken erfahrene Behörden bereitgestanden hätten.

Was wollen die Abgeordneten von Sudhof wissen?

Im Kern geht es um die Details von Spahns damaligem Handeln. Denn der heutige Vorsitzende der Unionsfraktion soll im Frühjahr 2020 Millionen Masken an allen üblichen Regeln vorbei beschafft haben - ohne genauere Ermittlung des Bedarfs, ohne Preisverhandlungen und folglich überteuert.

Warnungen seiner eigenen Beamten soll Spahn ignoriert haben. Letztlich wurden zwar weniger Mittel benötigt als zunächst angenommen, doch noch sind Rechtsstreitigkeiten mit Lieferanten offen, die den Bund teuer zu stehen kommen könnten. Aktuell sind laut Bundesrechnungshof noch rund 100 Klagen mit einem Gesamtstreitwert von 2,3 Milliarden Euro anhängig.

Wie hoch sind die Folgekosten der Maskenbeschaffung?

Der Bundesrechnungshof rügt Spahns Arbeit während der Corona-Pandemie. Allein die Folgekosten für die Verwaltung der "Überbeschaffung" - so heißt es in einem Bericht des Rechnungshofs - hätten sich 2024 um weitere 57 Millionen Euro auf nunmehr 517 Millionen Euro erhöht. "Für die noch nutzbaren Restbestände von 800 Millionen Schutzmasken im Jahr 2024 fehlt es an einem Verteilungskonzept", heißt es in dem Bericht weiter.

Für 2025 seien Folgekosten von 45 Millionen Euro vorgesehen. Für 2026 und 2027 werde allein für absehbare Verpflichtungen wie Lager, Logistik, Vernichtung, externe Beratung und Rechtsberatung mit Ausgaben von 67,3 Millionen Euro gerechnet.

Welche Geschäfte ging der Bund ein?

Konkret dürften in der nicht-öffentlichen Ausschusssitzung mit Sudhof etwa die Geschäfte, die der Bund mit einzelnen Firmen eingegangen ist, breiten Raum einnehmen. Als problematisch stellt der Sudhof-Bericht etwa die Beauftragung des Schweizer Unternehmens Emix dar, weil der Bund sich offenbar auf überhöhte Preisen eingelassen hat.

Was sagt Spahn zu den Vorwürfen?

Spahn selbst verwies mehrfach auf die teils chaotischen Umstände. "Wir haben eine Jahrhundertkrise bewältigt, besser als die meisten anderen Länder der Welt", sagte er dem Magazin Stern. Reguläre Bürokratie sei gerade in den ersten Wochen der Pandemie weder sinnvoll noch möglich gewesen. 

Zugleich versicherte der Unionsfraktionschef noch einmal, dass er damals kein Geld für Maskengeschäfte bekommen habe. Auf eine entsprechende Frage des Stern antwortete er: "Diese Unterstellungen einzelner Grünen sind verleumderisch." Ein solches "Geraune" kenne er bisher nur von der AfD.

Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hatte zuletzt gesagt, der ungeschwärzte Sudhof-Bericht zeige, dass Gesundheitsministerin Warken an mehreren Stellen gezielt Schwärzungen vorgenommen habe. Dies soll zum Ziel gehabt haben, die Verantwortung von Spahn und weiteren Mitgliedern der Union zu verschleiern, "die in der Pandemie Staat und Steuerzahler zur Beute gemacht haben".

Kann die Masken-Affäre gefährlich für Spahn werden?

Noch genießt der Unionsfraktionschef Rückendeckung aus den eigenen Reihen. Spahn habe "die volle Unterstützung" der Parteigremien, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag nach Sitzungen von Vorstand und Präsidium. Daran nahm auch Parteichef und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) teil, der zu dem Thema nach Angaben Linnemanns auch das Wort ergriff.

Linnemann sagte, er sehe in dem Bericht "nichts Neues". Das einzig Neue seien "subjektive, persönliche Äußerungen zu Herrn Spahn von Frau Sudhof".

Merz hatte bereits zuvor den Sudhof-Bericht mit Blick auf Vorwürfe gegen Spahn öffentlich kritisiert. Auch bemängelte er, dass Spahn selbst nicht angehört worden sei. 

Gibt es weitere Untersuchungen zur Corona-Pandemie?

Am Donnerstag entscheidet der Bundestag über die Einsetzung einer sogenannten Enquete-Kommission zur "Aufarbeitung der Corona-Pandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse". Diese soll ein Gesamtbild der Pandemie, ihrer Ursachen, Verläufe und Folgen einerseits, sowie der staatlichen Maßnahmen andererseits ausarbeiten. Ziel sei, so der Antrag von Union und SPD, auf kommende Pandemien besser vorbereitet zu sein.

Dabei wird neben dem Sudhof-Bericht sicher auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in die Grundrechte, etwa Ausgangsbeschränkungen oder Maskenpflicht, Thema werden.

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