Morgen kommt die AfD-Bundestagsfraktion zu einer Klausurtagung zusammen. Es soll um die strategische Ausrichtung gehen. Aber es droht eine Diskussion über die massiven Zulagen, die sich die Spitze genehmigt hat.

Welche Strategie verfolgt die AfD? Oft genug keine, geben Mitglieder der AfD-Bundestagsfraktion hinter vorgehaltener Hand zu. An diesem Wochenende nun kommt die Fraktion zu einer Klausurtagung zusammen, um über eine Strategie zu beraten. Wohl aber erstmal nicht darüber, welche Strategie man verfolgen will, sondern ob man eigentlich eine Strategie braucht. Denn viele in der AfD haben den Eindruck, dass das gar nicht nötig sei.

"Läuft doch", so könnte man die Haltung angesichts der großen Wahlerfolge der Partei zusammenfassen. Nach Meinung vieler AfDler reicht es, gegen die anderen Parteien zu schießen, die wirtschaftliche Lage zu beklagen und Migranten, Geflüchtete und Zugewanderte für Probleme im Land verantwortlich zu machen.

Disziplinierter auftreten, um Union Angebot zu machen

Wie zu hören ist, will sich die Fraktion auch mit der Frage beschäftigen, wie lautstark, wie pöbelnd, wie provozierend man im Bundestagsplenum auftreten möchte. Eigentlich möchte sich die AfD professionalisieren. Soll heißen: Disziplinierter auftreten, um so der Union gewissermaßen ein Angebot zu machen, das sie nicht ablehnen kann. Denn die AfD will regieren, das ginge nur gemeinsam mit der Union.

In der Selbstwahrnehmung mancher AfD-Abgeordneter setzt die Fraktion das in der bisher laufenden Legislaturperiode schon um. Sitzungsleiterinnen und -leiter im Plenum dürften das allerdings entschieden anders sehen. Gerade in der vergangenen Woche hatte zum Beispiel Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz immer wieder Schwierigkeiten, die AfD-Fraktion zu kontrollieren. Nachdem die CSU-Politikerin einen Ordnungsruf erteilte und dabei den falschen Abgeordneten benannte, musste sie den feixenden AfDlern gleich einen weiteren Ordnungsruf androhen.

Hohe Zulagen für die Fraktionsspitze

Es ist noch die Frage, ob bei der Klausur eine interne Debatte Fahrt aufnimmt. Denn die Fraktionsspitze hat sich im Bundestag eine satte Gehaltserhöhung genehmigt: Alice Weidel und Tino Chrupalla bekommen jeweils rund 12.000 Euro zusätzlich pro Monat für ihre Position als Fraktionsvorsitzende. Auch die stellvertretenden Fraktionschefs und die Parlamentarischen Geschäftsführer werden deutlich mehr bekommen. Zuerst hatte t-online darüber berichtet.

Ja, es habe eine "Anpassung" gegeben, sagt ein Pressesprecher der AfD-Fraktion dazu. Wegen der "signifikant höheren Arbeitsbelastung" zum Beispiel.

Nachfrage bei Stephan Brandner, parlamentarischer Geschäftsführer: Er hatte die Praxis der Diätenerhöhung im Bundestag häufig angeprangert. Nun zeigt er sich auffällig schmallippig. Zu der neuen Zulage will er nichts sagen. Brandner berichtet lediglich, er sei in seinem Wahlkreis in Thüringen an Infoständen "auf kein Thema häufiger angesprochen worden" als auf die Zulagen. Kommt da ein Glaubwürdigkeitsproblem auf Weidel und Chrupalla zu?

Neues Positionspapier, alte Positionen

Bei der Klausur soll auch ein Positionspapier mit dem Titel "Sicherheit für Deutschland" verabschiedet werden. Darin werden bekannte Positionen der AfD zusammengefasst, es liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor.

Die AfD will sich offenbar stärker als "Kümmerer-Partei" darstellen, indem sie das Thema Sicherheit in allen ihren Themen auch sprachlich in den Vordergrund stellt: eine "sichere Zukunft für Deutschland als Wirtschaftsstandort", Energiesicherheit oder die Leitlinien in der Außen- und Sicherheitspolitik, die die AfD als "Deutschland zuerst" beschreibt. Wie eine Aufforderung an die Mitglieder der Fraktion liest sich der Satz, die AfD sei angetreten, "um die Probleme ohne Beschönigung beim Namen zu nennen und konkrete Lösungsvorschläge zu machen".

Eine Provokation wird scheinbar beiläufig im letzten Unterpunkt des Positionspapiers gesetzt. Da heißt es: "Wohnraum für Einheimische durch Remigration schaffen." Die Partei verwendet den rechtsextremen Kampfbegriff inzwischen ganz selbstverständlich und weist aber immer darauf hin, man meine damit legale Möglichkeiten der Abschiebung.

Streit über den Begriff "Remigration"

Weidel hat den Delegierten bereits beim Parteitag im Januar den Begriff "Remigration" entgegengeschleudert. Über Jahre wurde er aus dem rechtsextremen Umfeld der Partei immer wieder in Debatten eingebracht. Denn es geht darum, Sprachkorridore zu erweitern. Ganz gezielt ist so der Begriff "Remigration" etabliert worden.

Öffentlichkeitswirksam diskutierten im Juni der sächsische Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah und der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek darüber. Krah findet, man müsse sehr genau sagen, was man meine. Das lasse die AfD offen. "Wenn Sie die Gleichheit der Staatsbürger angreifen, greifen Sie den Staat in seinem Fundament an. Und wenn Sie den Staat in seinem Fundament angreifen, wird der Staat Zähne zeigen." Dahinter dürfte die Befürchtung stecken, dass das Vorgehen gegen die AfD verschärft werden könnte.

Das Konzept wurde von Martin Sellner verbreitet, dem ehemaligen Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung. Sellner will auch deutsche Staatsangehörige, die er für nicht-assimiliert, also nicht angepasst, hält, aus dem Land verdrängen. Auch das ist für Sellner "Remigration".

Hier argumentieren Gerichte und Verfassungsschutz, dass das nicht mit Menschenwürde und Demokratieprinzip vereinbar sei, denn es behandele Deutsche mit Migrationshintergrund als Staatsbürger zweiter Klasse.

Wird Helferich aus der AfD ausgeschlossen?

Eine weitere Frage dreht sich um den Abgeordneten Matthias Helferich aus Dortmund. Er soll aus der AfD geworfen werden, am Wochenende tagt das Landesschiedsgericht NRW. Helferich hatte sich selbst als "freundliches Gesicht des NS" bezeichnet - ironisch, wie er meinte - und wurde trotzdem von der AfD auf die Liste zur Bundestagswahl gesetzt und dann auch in die Fraktion aufgenommen.

Helferich hat zuletzt viel Schmutz über Parteifreunde ausgekippt. Aus der Partei ist zu hören, Helferich müsse raus. Es wird erwartet, dass das Niveau unterirdisch bleibt - auch vor dem Landesschiedsgericht. In der Bundestagsfraktion in Berlin dürften einige hoffen, dass der Problemfall Helferich ihnen abgenommen wird. Dann müsste man sich auch nicht strategisch damit auseinandersetzen, wie man künftig mit ihm umgehen will.

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