Das schwarz-rote Wachstumspaket soll heute im Bundestag verabschiedet werden. Was sieht das Förderprogramm vor? Und wie sollen die Steuerausfälle kompensiert werden? Ein Überblick.

Worum geht es beim Investitionsprogramm?

Das Förderprogramm für die Wirtschaft, von der Bundesregierung "Wachstumsbooster" oder "Investitionsbooster" genannt, soll Unternehmen steuerlich entlasten. Das Investitionsprogramm sieht dreierlei Steuerentlastungen für Unternehmen vor: Geplant sind etwa Sonderabschreibungen für Elektro-Fahrzeuge, Abschreibungen auf Maschinen und Anlagen sowie eine ab 2028 stufenweise sinkende Körperschaftsteuer.

Warum gab es Streit?

Das Förderprogramm hat die Kehrseite, dass damit Bund, Ländern und Kommunen Steuereinnahmen fehlen werden. Das Bundesfinanzministerium hat diese auf knapp 46 Milliarden für die Jahre 2025 bis 2029 berechnet.

Längere Zeit wurde zwischen Bund, Ländern und Kommunen gerungen, wer welche Steuerausfälle schultert. Die Länder und Kommunen verwiesen auf den im Koalitionsvertrag bestellten Leitsatz "Wer bestellt, bezahlt". Damit ist das im deutschen Staatsrecht verankerte Konnexitätsprinzip gemeint. Es besagt, dass die für eine Aufgabe zuständige staatliche Ebene auch für die damit verbundenen Ausgaben verantwortlich ist.

Warum gibt es Widerstand aus den Ländern?

Rein rechnerisch werden laut Bundesfinanzministerium zwei Drittel der Steuerausfälle, die das schwarz-rote Entlastungsprogramm bei Unternehmenssteuern verursacht, bei Ländern und Kommunen liegen. Deswegen sorgte die Maßnahme auf Landesebene für Unmut, aber vor allem auch bei den Kommunen.

Denn auch wenn die Abschreibungen für Unternehmen langfristig die Wirtschaft womöglich in Schwung bringen könnte, bedeutet das für Kommunen und Länder vor allem: Steuerausfälle. Davon entfallen allein 13,5 Milliarden auf der kommunalen Ebene.

In Zeiten knapper Landeshaushalte formierte sich schnell Widerstand gegen die Maßnahme, obwohl die Bundesländer im Rahmen der Koalitionsverhandlungen das Wirtschaftsförderprogramm im Grundsatz gutgeheißen hatten.

Gerungen wurde um die Frage, wer am Ende die zu erwartenden Steuerausfälle zahlt. Arbeitsgruppen werden mit dem Finanzministerium gebildet, die den Konflikt lösen sollen. Man wollte auch seitens der Bundesregierung nicht, dass es im Bundesrat eskaliert, heißt es.

Was sind die Gegenargumente?

Ziel der Entlastungen ist, insgesamt die Wirtschaft anzukurbeln - und damit neue Steuereinnahmen zu generieren. Diese würden wiederum Bund, Ländern und Kommunen zugute kommen. Beziffern lassen sie sich im Voraus nicht.

Wichtig sei der psychologische Effekt, lautet der Tenor von Volkswirten. Mit den Maßnahmen werde das Umfeld verbessert. Unternehmer und Firmen sollen optimistisch gestimmt werden.

Was fordern die Kommunen?

Besonders die Kommunen forderten eine vollständige Kompensation der Steuermindereinnahmen, was von den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Bundesländer voll unterstützt wurde. Ihre Begründung: Die Kommunen sind nach eigener Aussage in der schwierigsten Finanzlage seit der Nachkriegszeit. Sie saßen 2024 auf einem Rekorddefizit von 25 Milliarden Euro.

"In Zeiten der härtesten kommunalen Finanzkrise seit Bestehen der Bundesrepublik können wir keine weiteren Belastungen stemmen", sagt Städtetagspräsident Burkhard Jung, der auch Oberbürgermeister der Stadt Leipzig ist.

Der Weg, die Steuermindereinnahmen über einen höheren Umsatzsteueranteil der Städte und Gemeinden vollständig zu kompensieren, sei sinnvoll. "Denn dadurch werden die Steuerausfälle zielgerichtet dort kompensiert, wo sie auch anfallen", so Jung. Es beweise "Realitätssinn, dass Bund und Länder unsere massiven Warnungen vor einer finanziellen Überlastung ernst nehmen und die Krise nicht weiter verschärfen".

Worauf haben sich Bund und Länder nun geeinigt?

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) ist der Forderung der Kommunen in den Verhandlungen nun nachgekommen. Die Mindereinnahmen der Kommunen werden vollständig über eine entsprechende Anpassung der Festbeträge bei der Umsatzsteuer übernommen. Darüber hinaus hat der Bund den Ländern unter anderem auch zusätzliches Geld für eine Altschuldenregelung überlasteter Kommunen versprochen.

Warum musste es mit der Einigung so schnell gehen?

Die schwarz-rote Koalition hatte sich selbst unter Zeitdruck gesetzt, weil sie ein schnelles Signal der Entlastung an die Wirtschaft senden wollte. Eine langwierige Befassung und Verzögerung des Gesetzes etwa durch Anrufung des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat sollte vermieden werden.

Was bedeutet die Einigung für Länder und Kommunen?

Während die Kommunen Steuermindereinnahmen voll kompensiert bekommen, erhalten die Länder mit rund acht Milliarden Euro über die Jahre 2026 bis 2029 nur etwa die Hälfte der für sie berechneten Steuerausfälle. Das Geld wird über verschiedene Programme wie den Transformationsfonds für Krankenhäuser ausgezahlt, die bereits laufen, aber auch neu aufgelegt werden, etwa zur Förderung von Investitionen in die Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur und Kitas.

Wie zufrieden sind die Länder mit dem Kompromiss?

Im Vorfeld gab es seitens einzelner Länder die Forderung nach voller Kompensation, die SPD-regierten Länder wie auch CSU-Ministerpräsident Markus Söder gaben sich flexibler. Einzelne hatten damit gerechnet, dass der Bund gar nichts kompensieren werde - insofern gibt man sich länderseits jetzt mit dem Kompromiss zufrieden.

Dazu beigetragen hat offenbar die Einigung mit dem Bund, die gleich mitverhandelt wurde: Bei dem bereits beschlossenen Sondervermögen zur Infrastruktur von 500 Milliarden sollen die darin für die Länder vorgesehenen 100 Milliarden ohne das Kriterium der "Zusätzlichkeit" ausgegeben werden dürfen. Damit sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten freier bei der Verteilung der Gelder - die Verwendungsmöglichkeiten wurden auf Bereiche wie Sport, Kultur, Innere Sicherheit, Wasserwirtschaft und Wohnungsbau erweitert.

Die im Sondervermögen-Gesetz vorgesehene "Zusätzlichkeit" heißt: Der Bund darf die 500 Milliarden Sonderschulden nur zusätzlich zu einer bereits vorhandenen bestimmten Bundes-Investitionsquote von zehn Prozent aufnehmen, die Länder müssen aber keine Investitionsquote erfüllen.

Wie sieht das die Opposition?

Bei der Opposition im Bundestag stößt das auf Kritik: "Erst reißen Merz und Klingbeil mit Milliarden-Steuersenkungen riesige Löcher in die Haushalte von Ländern und Kommunen, dann stopfen sie diese Löcher mit Schulden aus dem Sondervermögen", sagt Andreas Audretsch, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag. Zusätzliche Investitionen in soziale Infrastruktur und Klimaschutz seien in den Verhandlungen mit den Ländern komplett gestrichen worden.

Welche Punkte müssen noch geklärt werden?

Im Bund-Länder-Beschluss heißt es, der Bund sei bereit, die Mindereinnahmen der Kommunen von 2025 bis 2029 vollständig zu übernehmen. Die Kompensation erfolge über eine entsprechende Anpassung der Festbeträge an der Umsatzsteuer der Gemeinden. Steuertechnisch sei das laut Städtetag noch für das laufende Jahr 2025 möglich - zum Start der Anpassung äußert sich der Beschluss jedoch nicht konkret.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gibt sich zwar mit der Bund-Länder-Einigung zufrieden, mahnt aber noch weitere Schritte bei der Bund-Länder-Einigung an: Nun muss der Bundesfinanzminister zeitnah auch konkret werden und einen Gesetzentwurf zur Umsetzung vorlegen.

Die Gesprächsergebnisse zum Sofortpaket seien ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zu einer dauerhaften und strukturellen Regelung zur Veranlassungskonnexität zwischen Bund wie Ländern und Kommunen: "Wer bestellt, bezahlt - dieses Prinzip muss, wie im Koalitionsvertrag dargelegt, dauerhaft verankert werden", fordert Wüst. Die SPD-regierten Ländern geben sich flexibler.

Damit wird sich der nächste Koalitionsauschuss beschäftigen - ebenso wie mit zusätzlichen Versprechungen seitens des Bundes zu den Altschulden der Kommunen, Unterstützung ostdeutscher Länder und Zuschüssen an die Geberländer im bundesstaatlichen Finanzausgleich.

Klappt das noch vor der Sommerpause?

Wenn es klappen soll, müssten alle offenen Fragen in der zweiten Juliwoche abgeräumt sein, damit der Bundesrat am 11. Juli zustimmen kann - danach ist erst mal Sommerpause. Nachdem sich der Bund mit den Ländern am Montagabend auf einen Kompromiss geeinigt hat, ist davon auszugehen, dass der Bundesrat am 11. Juli zustimmt. Im Beschlusspapier ist dies zumindest zwischen Bund und Ländern so vorgesehen.

Ein Selbstläufer sei das nicht - auch in den Regierungsfraktionen im Bund stößt nicht alles aus dem Kompromisspapier auf Gegenliebe. Aber auch nicht in jedem der Länderkabinette, die noch zustimmen müssen, heißt es aus den Ländern. Nachdem sich jedoch schon viele Länderchefs öffentlich positiv über die Einigung geäußert haben, wird in Berlin mit einer mehrheitlichen Zustimmung im Bundesrat fest gerechnet.

Mit Informationen von Nicole Kohnert, ARD-Hauptstadtstudio und Jan Plate, ARD-Finanzredaktion

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