Bei Bürstner überlebt kein Modell aus der aktuellen Produktpalette den Wechsel zum Modelljahr 2026. Der Wohnmobil- und Caravan-Hersteller vollzieht einen radikalen Schnitt zum Neustart der Marke - vor allem mit Dumping-Preisen.
Da bleibt kein Stein auf dem anderen. "Bürstner reloaded" nennt der zur Erwin-Hymer-Gruppe gehörende Hersteller die Neuausrichtung der Marke zum Düsseldorfer Caravan-Salon (29. August bis 7. September). Ein radikaler Neustart, wie es ihn in der Caravaning-Branche so bisher noch nie gegeben hat. Kein einziges Modell der aktuellen Produktpalette, die zudem so breit aufgestellt ist wie bei kaum einem anderen Wettbewerber, wird zum Modelljahr 2026 noch angeboten. Allein bei den Wohnmobilen bedeutet das für 15 Baureihen mit insgesamt 48 verschiedenen Grundrissen das sofortige Aus - Restbestände bei den Händlern ausgenommen.
Die Bürstner-Zukunft wirkt dagegen auf den ersten Blick sehr überschaubar. Lediglich die drei völlig neuen Baureihen Papillon, Habiton und Signature wird das Markenportfolio noch umfassen. Keine Alkoven, keine Integrierten mehr. Und aus dem Segment der Urban Camper oder Campingbusse, das während Corona erst massiv ausgebaut wurde, ziehen sich die Badener wieder komplett zurück. Wieso diese Radikalkur?
Radikalkur mit neuem Geschäftsführer
Offensichtlich war man in Kehl mit der Produktstrategie der alten Geschäftsführung nicht mehr einverstanden und installierte mit November vergangenen Jahres mit Caravaning-Urgestein Hubert Brandl einen Branchenkenner als neuen Geschäftsführer. Zusätzlich zu seinem Chefposten beim Luxus-Hersteller Niesmann, den er seit 2005 zu einer erfolgreichen Liner-Marke ausgebaut hat.
Und Hubert Brandl benennt die Fehler bei Bürstner: "Eine viel zu große Produktpalette. Größtenteils beliebige Modelle ohne Alleinstellungsmerkmal." Weiter bemängelt er die allzu starke Konzentration auf kompakte Urban Camper sowie ein eher hausbackenes Design samt des etwas angestaubten Werbeslogans vom "Wohnfühlen". Um die Marke aufzufrischen, helfe nur ein großer, mutiger Einschnitt samt neuem Logo, neuem Claim - natürlich in Englisch - "Discover the better".
Bürstner Papillon
Das Ergebnis sind die drei Baureihen, mit denen auf dem Caravan-Salon Ende August der Startschuss in die neue Ära fallen wird. Den Einstieg markiert der Bürstner Papillon, ein Camper-Van auf Basis des Fiat Ducatos mit 120-PS-Diesel, der nach dem Motto "Back to the roots" sehr einfach ausgestattet ist. Ein Querbett hinten, das so hochgeklappt werden kann, dass zwei Fahrräder dahinter quer transportiert werden können.
Es gibt in der Küche nur ein Induktionskochfeld, aber keinen Kühlschrank. Optional lässt sich eine Kühlbox einbauen oder auf zwei zusätzliche Gaskartuschen zurückgreifen. In der Nasszelle kann ebenfalls ganz individuell zwischen Cassetten-Porta-Potti, Trenn- oder Trockentoilette gewählt werden. In der einfachsten Ausführung wird der Papillon PC600 fahrfertig schon ab 40.000 Euro angeboten.
Bürstner Habiton
Der Bürstner Habiton, ebenfalls ein Kastenwagen, basiert auf dem Mercedes Sprinter und avanciert zum einzigen Sechs-Meter-Camper-Van mit Stern, der über Längs-Einzelbetten verfügt. Möglich wurde das mit einer neuartigen flexiblen Lösung, die Bürstner patentieren ließ: ein verschiebbarer Waschraum. In der Tageskonfiguration befindet sich die Nasszelle auf der Fahrerseite hinter der großzügigen Vierer-Sitzgruppe vorn und ragt weit ins linke Bett hinein. Für die Schlafstellung werden Zweier-Sitzbank und Tisch zusammengeschoben, die Kabine nach vorn gerückt und ein Zusatzteil am Bett heruntergeklappt. Das zumindest ist ein Alleinstellungsmerkmal, wie es sich Hubert Brandl wünscht.
Vier verschiedene Dekore für Klappen und Türen sowie diverse Polster-Farben und -Materialien lassen sich völlig frei kombinieren, so dass sich fast 100 Variationsmöglichkeiten ergeben. Auch so lässt sich Vielfalt herstellen. Ab 73.000 Euro für die Version mit Hinterradantrieb sowie ab 87.000 Euro für den Allradler sind im immer größer werdenden Wettbewerbsumfeld des Sprinters echte "Hammerpreise". Ein ausgebauter Allrad-Sprinter von Pössl zum Beispiel als bisher günstigstes Produkt liegt gut 10.000 Euro höher.
Bürstner Signature
Der Dritte im Bunde ist der Signature, der sich an die treue Teilintegrierten-Klientel bei Bürstner wendet und Vielfalt mit einem auf maximale Variabilität angelegten Konzept ermöglichen will. Das geschieht mit einer ebenfalls patentierten, um 90 Grad drehbaren Sitzbank, mit einem deckenhoch ausfahrbaren Sideboard als Raumteiler zwischen Küche und Schlafraum, einem großen 143-Liter-Schubladen-Kühlschrank mit Kompressor sowie einer variablen, mit zwei Auszügen erweiterbaren Küche.
Ein optionales Hubbett verschwindet fast unsichtbar bündig in der Decke. Heimelige Filzverkleidungen und die wie im Habiton wählbaren diversen Dekore, Polster und Farben garantieren eine größtmögliche Individualisierung, auch wenn es vom Grundriss her lediglich eine Einzelbetten- oder Queensbett-Konfiguration gibt.
Falls das dem einen oder anderen Interessenten nicht unbekannt vorkommt: Der Signature ist im Grunde - so nutzt man Synergien - ein Niesmann iSmove-Liner als Teilintegrierter. Er wird Anfang 2026 zunächst mit dem Fiat Ducato als Basisfahrzeug zu Preisen ab 77.000 Euro ins Rennen geschickt. Einige Monate später soll es noch eine 10.000 Euro teurere Sprinter-Variante geben.
Sondermodelle noch im Juli
Um bis dahin nicht im luftleeren Raum agieren zu müssen, führt Bürstner noch im Juli drei B66-Sondermodelle ein, die, noch basierend auf den Auslaufmodellen, mit üppiger Ausstattung und günstigen Preisen die Kundschaft anlocken sollen. So wird der vom Lyseo abgeleitete B66-Teilintegierte ab 79.000 Euro angeboten, wahlweise mit Einzelkojen oder für 1.000 Euro mehr mit Queensbett. Nach altem Muster zusammengestellt stünden sonst mindestens 97.450 Euro unterm Strich. Und der B66-Camper-Van, ein umfänglich bestückter Sechs-Meter-Kastenwagen auf Ducato-Basis mit Querbett im Heck, bietet ab 60.000 Euro einen Preisvorteil von rund 12.000 Euro.
Diese Fahrzeuge sollen so lange weitergebaut werden, wie Nachfrage besteht, während vom B66-Urban-Camper als Copa-Editionsmodell, preislich ab 70.000 Euro längst nicht so attraktiv, nur noch Restbestände abverkauft werden sollen.
Radikale Neuausrichtung auch bei den Wohnwagen
Nicht weniger radikal verläuft die Neuausrichtung bei den Wohnwagen. Hier wird die Produktpalette lediglich von einem B66-Sondermodell aus der Averso-Baureihe in acht Grundrissen ersetzt und der Einstiegspreis um 5000 Euro auf 25.000 Euro gesenkt. Wie es bei den Caravans weitergeht, hat Bürstner noch nicht verraten.
Da bis zum Caravan-Salon Ende August nur die ersten Prototypen fertig werden, beginnt die Auslieferung der neuen Bürstner-Flotte erst im neuen Jahr. Die Düsseldorfer Ausstellung, die ja eine Verkaufsmesse ist, nutzt das Unternehmen deshalb nur zum Kennenlernen und zur Beratung. Kein Verkauf. Es sind, wie bei allen anderen Volumenmarken, auch keine Händler vor Ort.
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