Die Klimaforschung in den USA ist unter Präsident Donald Trump unter Druck geraten: Gleich an seinem ersten Tag im Amt verkündete Trump den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen.
Seither ergriff die Regierung zahlreiche Massnahmen, die zu grossen Kürzungen im Klimaschutz und der Forschung führen: Tausende Mitarbeiter wurden entlassen, Messprogramme wurden eingestellt und wichtige Klimadaten drohen verloren zu gehen. ETH-Klimaforscher Reto Knutti erklärt im Interview, was dies für die Forschung weltweit bedeutet.
SRF News: Sind die Eingriffe der US-Regierung in die Klimaforschung bereits spürbar?
Reto Knutti: Es ist schwierig, ein sinnvolles Bild abzugeben, weil derzeit wahnsinnig viel Lärm und viel Unsicherheit und viel Unberechenbarkeit vorherrschen. Aber wir sehen natürlich erste Auswirkungen: Es werden Forschungsprojekte gekürzt, es werden Datenbanken nicht mehr aktualisiert, Leute werden von internationalen Prozessen ausgeschlossen. Aber die grösste Gefahr besteht vor allem bei den sehr langfristigen und teuren Infrastrukturprojekten, bei denen die USA eine grosse Rolle spielen.
Sie können nicht einfach so schnell, schnell eine neue Station am Südpol bauen.
Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Die USA haben über viele Jahre sehr langfristige Prozesse und Infrastruktur unterstützt: Messprogramme, Satelliten, Computermodelle, Stationen am Südpol, Ballonsonden für Wetterprognosen. Das sind alles sehr teure und aufwendige Projekte. Sie können nicht einfach so schnell, schnell eine neue Station am Südpol bauen, weil Expertise und Logistik dafür gar nicht vorhanden sind. In diesen Bereichen wird es für andere Länder schwierig sein, einzuspringen. Und die Gefahr, dass dort Daten langfristig nicht mehr verfügbar sind, ist real.
Länder wie Norwegen oder Frankreich wollen in die Bresche springen. Wird das funktionieren?
Die anderen Länder können sicher helfen, indem sie Forschungsprogramme finanziell unterstützen oder vielleicht Positionen schaffen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die keine Arbeit mehr haben. Aber man kann nicht einfach in zwei Wochen einen Satelliten bauen oder so etwas ersetzen. Bei verschiedenen Projekten wird es fünf bis zehn Jahre dauern, bis sie weitergeführt werden können. Und es wird Lücken geben, die sich nicht schliessen lassen.
Man kann sich nicht mehr auf die USA als langfristigen Partner verlassen.
Was heisst das für Ihre Arbeit an der ETH? Spüren Sie schon den Umbruch in den USA?
Neben der grossen Verunsicherung und Betroffenheit für die Leute, die ihre Arbeit verlieren, spüren wir momentan noch nicht viel: Die Daten sind aktuell noch da. Aber wir wissen nicht, ob ein Klimamodell, das wir benutzen, in einem halben Jahr immer noch unterstützt wird oder ob ein Datensatz immer noch aktualisiert wird. Langfristig bereitet uns auch der «Braindrain» Sorgen – also dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufhören und nicht mehr verfügbar sind.
Was bedeutet es für die weltweite Klimawissenschaft, wenn die USA langsam aussteigen?
Die guten Ideen gehen nicht aus und die Forschung wird weitergehen. Aber heute muss Forschung sehr langfristig geplant werden. Dort wird es eine Lücke geben, die man nicht so schnell wieder schliessen kann. Einerseits technischer Art und andererseits bei der internationalen Zusammenarbeit: Man kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass die USA ein verlässlicher Partner sind in einem langfristigen Unternehmen.
Das Gespräch führte Klaus Ammann.
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