Die menschliche Sprachfähigkeit ist möglicherweise nicht so einzigartig wie bisher angenommen. Auch Schimpansen sind durch die Kombination verschiedener Rufe zu einer komplexen Kommunikation fähig, wie Forscher der Max-Planck-Institute für evolutionäre Anthropologie (MPI EVA) und für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig in Zusammenarbeit mit zwei Zentren für Neurowissenschaften in Lyon herausgefunden haben. Demnach könnten die Tiere einzelne Rufe zu 16 verschiedenen Kombinationen von Zweierrufen zusammensetzen und damit deren Bedeutung erweitern, ähnlich den Merkmalen der menschlichen Sprache.
Sprachkomplexität, die "im Tierreich beispiellos ist"
Die Forschenden haben für ihre Untersuchungen tausende von Lauten von drei Gruppen freilebender Schimpansen im Taï-Nationalpark in der Elfenbeinküste aufgezeichnet. Sie untersuchten, wie sich die Bedeutung von zwölf verschiedenen Schimpansenrufen verändert, wenn sie zu Zweierkombinationen zusammengesetzt werden.
Catherine Crockford, leitende Autorin der Studie und Sprachforscherin am MPI EVA, erklärt: "Die Erzeugung neuer oder zusammengesetzter Bedeutungen durch die Kombination von Wörtern ist ein charakteristisches Merkmal der menschlichen Sprache. Um die Ursprünge der menschlichen Sprache zu entschlüsseln, ist es daher wichtig zu untersuchen, ob unsere nächsten lebenden Verwandten, die Schimpansen und Bonobos, eine ähnliche Fähigkeit besitzen."
Und tatsächlich stellten die Forscher fest, dass die Tiere Einzellaute kombinierten und dadurch neue Bedeutungen entstanden. Die Zusammensetzung der Rufe für Ausruhen und Zugehörigkeit etwa schuf die Forderung nach einem Nestbau. Eine Entdeckung, die "im Tierreich beispiellos" sei und ähnliche Befunde bei Bonobos bestätige, sagt der Erstautor der neuen Studie, Cédric Girard-Buttoz. "Damit ändert sich die Sichtweise des letzten Jahrhunderts, die die Kommunikation der Menschenaffen als statisch und an emotionale Zustände gebunden betrachtete und deshalb davon ausging, dass sie uns nichts über die Evolution der Sprache sagen könne."
Vielmehr deute die Komplexität der Sprachsysteme der Schimpansen darauf hin, dass die Fähigkeit zur Sprache bei einem gemeinsamen Vorfahren entstand. Oder – wenn das jetzt beobachtete Verhalten doch nicht so einzigartig ist und auch bei nicht eng mit dem Menschen verwandten Lebewesen auftritt – dass die Wissenschaft die Komplexität der Kommunikation im Tierreich gnadenlos unterschätzt hat.
Link zur Studie
Die Untersuchung "Versatile use of chimpanzee call combinations promotes meaning expansion" ist im Journal "Science Advances" erschienen.
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