Ein "Deal des ewigen Friedens" - so hat ihn US-Präsident Trump genannt. Doch von ewig kann keine Rede sein - es ist eher ein hastiger Deal mit vielen offenen Fragen. Der Krieg kann jederzeit wieder ausbrechen.

Die Champagnerkorken knallen auf dem sogenannten Platz der Geiseln in Tel Aviv. Die Angehörigen der Entführten können hoffen. Welch eine Achterbahnfahrt der Gefühle, man kann sich das kaum vorstellen. Und alle danken US-Präsident Trump. Und wirklich: Diesmal sieht alles so aus, als ob es passiert, dass alle Geiseln zurückkommen, dass der Krieg für die verzweifelten Menschen in Gaza wirklich endet. 

Manches spricht wirklich für ein Kriegsende. Die Terrororganisation Hamas hat zugestimmt, alle Geiseln auf einmal freizulassen. Das ist eine echte Neuerung. Im Gegenzug zieht sich Israel hinter eine vereinbarte Linie in Gaza zurück, lässt fast 2.000 Gefangene, darunter viele Mörder, frei. Der Deal scheint in trockenen Tüchern zu sein. 

Freudentaumel überdeckt Warnzeichen

Doch im Freudentaumel übersehen viele die Warnzeichen. Warnzeichen, die dafür sprechen, dass der Krieg auch mit Trumps Friedensdeal jederzeit wieder ausbrechen könnte. Die Hamas soll die Waffen niederlegen. Quasi aufgeben. Ein No-Go für eine Terrororganisation, der die Leben der eigenen Bevölkerung völlig egal sind. Wer genau hinhört, erkennt, dass nur über eine Teilentwaffnung geredet wird. Angeblich soll die Hamas nur schwere Waffen wie Raketen, deren Abschussrampen, Mörsergranaten und Panzerfäuste abgeben.

Damit wäre die Terrororganisation, die im Guerillakrieg geübt ist, immer noch eine Bedrohung sowohl für israelische Truppen und für die von Trump angekündigte internationale Schutztruppe, die in Gaza für Ordnung sorgen soll. Das sagen auch die Überlebenden des 7. Oktober, die am Gazastreifen in unmittelbarer Nähe zur Hamas wohnten. Sie glauben nicht an eine friedliche Koexistenz mit ihren Nachbarn in Gaza. Viele wollen nicht zurück, solange die Hamas nicht völlig besiegt ist. 

Deal lässt viele Fragen offen

Auch die Hamas sendet Warnsignale. Mit Blick auf die Nachkriegsordnung kündigt sie vorsorglich schwierige Verhandlungen an. Sie will weiter mitspielen in einer palästinensischen Übergangsregierung - eine rote Linie für Israel. Auch die politische Zukunft im Gazastreifen ist völlig ungeklärt. Und so lässt der Deal viele Fragen offen. 

Wer die Freudengesänge kurz ausblendet und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zuhört, versteht, dass es ihm nicht ausschließlich um ein Ende des Krieges geht. Sondern um die Befreiung der israelischen Geiseln in der ersten Phase des Friedensplans - nicht zuletzt, um die Proteste gegen ihn zu besänftigen. Immerhin stehen nächstes Jahr Wahlen an. Auch haben Netanjahus ultrarechte Regierungspartner Widerstand angekündigt.  

Was, wenn die Leichen der Geiseln fehlen?

Und noch eine Unwägbarkeit gibt es: Möglicherweise wird die Hamas nicht alle toten Geiseln finden können. Wie würde das aussehen, wenn alles für den Besuch Trumps am Wochenende vorbereitet wird - mit Ehrenempfang, Rede vor der Knesset - und die Leichen fehlen? Vielleicht kommt die Ehrung auch deshalb, bevor der Deal über die Bühne gegangen ist. Denn nach dem aktuellen Vorhaben sollen die lebenden Geiseln am Sonntag, die toten am Montag übergeben werden. Da wäre Trump wieder weg.  

Und der Krieg in Gaza? Jeder Funke kann den Konflikt wieder anheizen. Aber die Geschichtsbücher über diesen hastigen Deal wurden bereits vorher geschrieben.

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