Es seien fantastische Nachrichten für die Angehörigen der Geiseln und auch für die Menschen im Gazastreifen, erklärt Nahost-Expertin Bente Scheller bei tagesschau24. Viele Fragen seien aber noch offen.

"Ja, es ist ein Durchbruch", was aktuell bei den Friedensgesprächen in Ägypten erreicht wurde. "Wir sind allerdings erst bei Punkt 2 von 20 Punkten", sagt die Politikwissenschaftlerin Bente Scheller von der Heinrich-Böll-Stiftung im Interview mit tagesschau24.

Trotzdem seien es "fantastische Nachrichten" für die Familie der israelischen Geiseln, die bereits am Montag ihre Liebsten wieder in die Arme schließen könnten. Genauso wie für die Menschen im Gazastreifen, die damit rechnen könnten, dass sich die israelische Armee zurückzieht. "Und dann hoffen wir, dass der Rest auch noch kommt."

Trumps Druck habe gewirkt

"Die Gründe für die Dynamik liegen an dem Druck, den US-Präsident Donald Trump ausgeübt hat", so Scheller. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Trump Erfolge erzielen und etwas vorweisen wollte. "So war beiden Konfliktparteien klar, dass sie sich nun auf eine Einigung einlassen müssen."

Auch wenn sich Trump eventuell noch mehr gewünscht hätte: Die Menschen blickten vor allem auf die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln, und "dass ihre Leidensgeschichte endlich ein Ende hat".

Trump habe bei den Verhandlungen mit einem knapp formulierten Plan die Führung übernommen. Solche Taktiken habe er auch in der Vergangenheit angewendet: kurze prägnante Papiere aufzusetzen und im Anschluss Druck auszuüben. Auch der Hamas gegenüber habe Trump ein Ultimatum gesetzt, führt Politikwissenschaftlerin Scheller aus. Das Abkommen trage so "sehr stark Trumps Handschrift".

Entwaffnung der Hamas

Mit Blick auf die heiklen Fragen des Abkommens, wie die Entwaffnung der islamistischen Hamas, hält es Scheller für denkbar, dass die Hamas versuchen wird, Zeit zu gewinnen.

Die Terrormiliz suche eine "gesichtswahrende andere Formulierung" und taktiere möglicherweise dahingehend. Sie halte hier eine anschließende Vereinbarung für möglich.

Palästinensische Bevölkerung spielt kaum eine Rolle

Neben Israel habe bei dem aktuellen Plan vor allem auch die Hamas "Kröten geschluckt". Scheller weist aber auch darauf hin, dass sich die palästinensische Bevölkerung "am allerwenigsten darin wiederfindet".

"Es ist zwar positiv, auch für die Menschen in Gaza, wenn die Hamas entmachtet und entwaffnet wird." Doch was die Zukunft im Anschluss angeht, sieht Scheller aus Sicht der Palästinenser wenig Grund zur Hoffnung auf ein eigenes staatliches Gebilde.

"Über das Westjordanland steht dort drin, dass es eine Reform der Autorität dort bräuchte, was sicherlich stimmt", erklärt die Politikwissenschaftlerin. "Aber es sieht eben keine Zukunft vor für ein gemeinsames Gebiet, für eine selbstbestimmte Staatlichkeit der Palästinenser." Das sei ganz bitter, so Scheller.

Eine Reihe von Fallstricken

Für Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sei es ein innenpolitisch unglaublich wichtiger Punkt, diese Geiseln zurück zu ihren Familien zu bringen. Das verschaffe ihm politischen Rückenwind. Was den Rest des Plans angehe, stoße Netanjahu auf Minister in seiner Regierung, die das sehr kritisch sehen würden.

"Insbesondere Smotrich und Ben-Gvir, zwei Minister, die dem rechtsextremen Teil seiner Regierung angehören, wollen diesen Krieg weiterführen, weil sie sagen, nur militärisch kann die Hamas entsprechend geschlagen werden."

Nachhaltiger Frieden möglich?

Ob durch den Plan ein nachhaltiger Frieden denkbar sei? "Ein nachhaltiger Frieden im Nahen Osten wird nur dann einkehren, wenn alle sich hier in Sicherheit wähnen können und wenn die Rechte aller respektiert werden." Bis dahin reiche auch Trumps Plan nicht, so Scheller.

Für die Perspektive einer besseren Zukunft für beide Völker sei es "ganz wichtig, dass die palästinensischen Rechte nicht übergangen werden und damit dann auch die progressiven demokratischen Kräfte in der palästinensischen Gesellschaft und Politik gestärkt werden könnten."

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