Die EU berät seit drei Jahren über ein Gesetz, mit dem die Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern bekämpft werden soll. Viele Änderungen wurden vorgeschlagen, viele verworfen. Nun könnte es Bewegung geben.

Es ist ganz sicher einer der am längsten durch Brüssel tourende Gesetzesvorschlag. Er soll vor allem Kinder schützen, so hat es die damalige EU-Innenkommissarin Ylva Johansson vor mehr als drei Jahren formuliert: "Er ist dazu da, Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen. Es ist dazu da, die Opfer dieser schrecklichen Verbrechen davor zu schützen, sie immer wieder im Internet durchleben zu müssen."

Dazu, so der Ursprungsvorschlag, sollten Internetdienste wie Google, Meta und Co verpflichtet werden können, sämtliche Inhalte auf ihren Plattformen nach Missbrauchsmaterial technisch zu durchleuchten und im Verdachtsfall an Behörden weiterzuleiten - auch aus verschlüsselter Kommunikation.

Angst vor "Massenüberwachung"

Seither ist bei vielen Kritikern von "Massenüberwachung" die Rede. Die will auch das EU-Parlament ausschließen. Es hat sich schon vor knapp zwei Jahren mit breiter Mehrheit auf eine Position geeinigt, betont die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont. Danach soll ein Scannen der Nachricht nur als letztes Mittel bei konkretem Verdacht möglich sein.

"Für uns als Parlament ist wichtig: Anders als im Kommissionsvorschlag vorgesehen, dürfen die Durchsuchungen nach richterlicher Anordnung nur sehr spezifiziert, sehr fokussiert auf einen bestimmten Tatbestand ausgerichtet sein", erklärt Düpont. "Und sie müssen vor allen Dingen zeitlich begrenzt sein."

Viele Änderungen vorgeschlagen

Seither fehlt, um im EU-Gesetzgebungsprozess voranzukommen, die Position des Rates - also der Runde der 27 Mitgliedstaaten. Viele Änderungen wurden hier schon vorgeschlagen und wieder verworfen. Nun wittert das Vorsitzland Dänemark eine neue Chance, mit einem veränderten Gesetzestext eine Mehrheit zu finden - womöglich schon beim Treffen der EU-Innenminister in der kommenden Woche.

In einigen Punkten, scheint es, hat man sich dem EU-Parlament angenähert: Text und Audio-Nachrichten bleiben demnach außen vor. Aus den Chats der Nutzer würden mit KI-Basierten Programmen demnach "nur" gescannt: Bilder, Videos (ohne Ton), und URLs - also Verlinkungen auf Websiten. Diese würden dann zum Beispiel mit sogenannten Hashwerten, quasi einem digitalen Fingerabdruck, mit bereits bekanntem Missbrauchsmaterial abgeglichen.

Signal droht mit Rückzug

Es bliebe aber - zumindest in Teilen - beim Aufbrechen der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Das wiederum ist ein Kernversprechen etwa von Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal oder Threema und heißt: Nur Sender und Empfänger können die Inhalte der Nachricht sehen.

Meredith Whittaker, die Präsidentin der US-Stiftung, die Signal entwickelt hat, warnte bereits: "Sollte die EU ernst machen, gehen wir." Signal sei da, um Datenschutz zu gewährleisten. "Wir haben die Daten der Nutzer nicht und niemand sonst hat sie, wir ermöglichen eine Online-Kommunikation, die wirklich privat ist, wie wir Menschen sie seit Hunderttausenden von Jahren genießen. Und das soll so bleiben."

Bundesregierung noch in der Abstimmung

Einige Staaten, darunter Italien, Spanien und nun wohl auch Frankreich wollen den aktuellen Gesetzesvorschlag ins Ziel tragen. Auf der Gegner-Seite scheint aktuell unklar, ob neben Polen, Österreich und den Niederlanden auch Deutschland bei seiner bisherigen Ablehnung bleibt. Man sei innerhalb der Bundesregierung noch in der Abstimmung, heißt es aus dem Innenministerium. 

Das Votum aus Berlin dürfte den Ausschlag geben, ob sich in Brüssel etwas bewegt: "Wir warten darauf, dass der Rat mit seiner Positionierung vorankommt, so dass wir in die Trilog-Verhandlungen starten können", sagt die CDU-Europaabgeordnete Düpont. Denn entscheidend sei ja auch, dass die EU mit schlagkräftigen Instrumenten im Kampf gegen den stetig wachsenden Berg von Missbrauchsbildern von Kindern im Netz vorankommt.

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