Mehr als zehn Jahre lang war der Aktivist Alaa Abdel Fattah inhaftiert. Der prominenteste politische Gefangene Ägyptens ist nun begnadigt worden. Doch Tausende andere sitzen weiterhin im Gefängnis.
"Befreit Alaa", riefen die Demonstranten bei der Weltklimakonferenz in Ägypten vor drei Jahren. Statt Klimaschutz wurden kurzzeitig die Inhaftierung und der Hungerstreik des Aktivisten Alaa Abdel Fattah zum Hauptthema der COP27.
Doch trotz internationaler Bemühungen von zahlreichen Spitzenpolitikern blieb der prominenteste politische Häftling Ägyptens im Gefängnis - bis heute.
Ikone der Demokratiebewegung
Seit mehr als zehn Jahren saß Fattah quasi durchgehend in ägyptischen Gefängnissen - und dass obwohl er neben dem ägyptischen auch einen britischen Pass hat. "Alaa Abdel Fattah hat sich immer wieder kritisch gegenüber der ägyptischen Regierung geäußert", sagt Katja-Müller Fahlbusch von Amnesty International. "Dafür wurde er ins Gefängnis gesteckt. Nur weil er von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hat."
Abdel Fattah gilt als Ikone der ägyptischen Demokratiebewegung: Er war 2011 eine der zentralen Figuren des sogenannten Arabischen Frühlings in Ägypten und führte die Tahrir-Revolution mit an.
"Während des Volksaufstandes war Alaa sehr populär bei der revolutionären Jugend", erklärte der ägyptische Politikwissenschaftler Hossam el-Hamalawy schon vor Monaten. "Als Oppositioneller und einer der ersten ägyptischen Blogger genoss er ein hohes Ansehen bei den Tech-Aktivisten, die die alternativen Medien im Vorfeld der Revolution mit aufgebaut hatten."
Eine Familie Oppositioneller
Der heute 43-jährige Softwareentwickler ist seit Jahrzehnten aus der oppositionellen Szene Ägyptens nicht wegzudenken. Schon seine Mutter Laila Soueif galt als Grand Dame des Kampfes für Menschenrechte in Ägypten. Sein Vater war ein bekannter linker Menschenrechtsaktivist.
Als scharfer Kritiker der Armee und des Militärputsches gelangte Abdel Fattah schnell ins Visier des autokratischen Regimes und wurde 2014 verhaftet. Kaum lief eine Haftstrafe aus, wurde er sofort wieder verurteilt - wegen eines vermeintlich anderen Delikts, zum Beispiel der Verbreitung von Fake News.
"Für den ägyptischen Präsidenten Sisi ist der Fall eine persönliche Angelegenheit. Er hasst Alaa und seine Familie, die aus mehreren Generationen von Bürgerrechtlern besteht, weil sie in seinen Augen die Armee diffamieren, indem sie Missstände aufdecken", so el-Hamalawy.
Tausende politische Gefangene
Dass Abdel Fattah nun aus dem Gefängnis freikommen soll, begrüßen Menschenrechtsaktivisten weltweit. Auch der britische Premier Keir Starmer soll sich für die Begnadigung stark gemacht haben.
Ein Risiko für das ägyptische Regime stelle die Freilassung von Abdel Fattah erstmal nicht dar, betonen Beobachter. "Er stellt zumindest kurzfristig keine Bedrohung dar, weil er im Gefängnis zu sehr gelitten hat. Er will bei seiner Familie sein und muss medizinisch versorgt werden", erklärt el-Hamalawy.
Doch bei aller Freude über die Freilassung - Menschenrechtsaktivisten wie Amnesty International mahnen: Abdel Fattah sei im autokratisch regierten Ägypten zwar der berühmteste politische Häftling - doch dennoch nur ein einziger von Tausenden zu Unrecht Inhaftierten.
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